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Seitdem war er gemästet worden wie eine Weihnachtsgans, seine Schuhe waren stets blank geputzt, seine Hausschuhe und seine Zahnbürste lagen ordentlich bereit, sein Rock war makellos gebürstet, er bekam die Abendzeitung gebracht und neben den Teller gelegt, sein Nacken wurde massiert, wenn er stundenlang am Schreibtisch gearbeitet hatte, und er sah sich unablässigen Fragen nach seinem körperlichen Wohlbefinden, seiner Stimmung und seinem allgemeinen Gesundheitszustand ausgesetzt. Nie zuvor hatte er einen derartigen Ansturm der Häuslichkeit erlebt.

Kurz, Fiona trieb ihn zum Wahnsinn. Sein gegenwärtiger Zustand unrasierter Lässigkeit war eher eine Reaktion auf ihre gnadenlosen Nachstellungen, als dass er dem Niedergang in die Schmuddeligkeit geschuldet war, der sich ganz natürlich einstellte, wenn sich ein Mann vorübergehend von den Ansprüchen des Berufslebens und der Gesellschaft befreit sah.

Der Gedanke, mit Fiona Graham im heiligen Bund der Ehe vereint zu sein, ließ ihm das Mark gefrieren. Mit ihren ständigen Aufdringlichkeiten würde sie ihn innerhalb eines Jahres ins Irrenhaus bringen. Davon jedoch ganz abgesehen, war da noch Brianna Randall, die jetzt nachdenklich auf den Teewagen blickte, als fragte sie sich, wo sie anfangen sollte.

Er konzentrierte sich schon den ganzen Nachmittag fest auf Claire Randall und ihr Projekt und vermied es, ihre Tochter anzusehen. Claire Randall war eine Schönheit, und sie hatte diese feinknochige Art und diese durchscheinende Haut, die ihr auch mit sechzig noch dasselbe Aussehen verleihen würde wie mit zwanzig. Doch wenn er Brianna Randall ansah, verging ihm schlicht der Atem.

Sie hielt sich wie eine Königin, während andere hochgewachsene Mädchen oft die Schultern hängen ließen. Die aufrechte, elegante Haltung ihrer Mutter verriet ihm, woher sie dieses spezielle Attribut hatte. Nicht jedoch die bemerkenswerte Körpergröße, die taillenlange rote Haarkaskade mit den Funken aus Kupfer und Gold, den Strähnen aus Bernstein und Zimt, die ihr lässig wie ein Umhang über Wangen und Schultern fiel. Die Augen, so dunkelblau, dass sie je nach Lichteinfall fast schwarz zu sein schienen. Und auch nicht diesen breiten, großzügigen Mund mit der vollen Unterlippe, die zu verspielten Küssen und leidenschaftlichen Bissen einlud. Diese Dinge mussten von ihrem Vater kommen.

Eigentlich war Roger ganz froh, dass ihr Vater nicht da war, denn er hätte sich die Gedanken, die Roger durch den Kopf gingen, mit Sicherheit väterlich entrüstet verbeten – Gedanken, die Roger, wie er fürchtete, ins Gesicht geschrieben standen.

»Tee, was?«, sagte er beherzt. »Bestens. Wunderbar. Das sieht ja köstlich aus, Fiona. Äh, danke, Fiona. Ich, äh, glaube nicht, dass wir noch etwas brauchen.«

Fiona, die seinen Wink mit dem Zaunpfahl ignorierte, nahm die Komplimente der Gäste huldvoll nickend entgegen, deckte mit geschickten, sparsamen Bewegungen den Tisch, schenkte Tee ein, reichte die erste Kuchenplatte herum und schien ganz darauf eingestellt zu sein, als Dame des Hauses zu fungieren.

»Etwas Sahne zum Scone, Rog, ich meine, Mr. Wakefield?«, schlug sie vor und löffelte ihm Rahm auf den Teller, ohne seine Antwort abzuwarten. »Sie sind viel zu dünn; Sie müssen doch etwas essen.« Sie warf Brianna Randall einen Verschwörerblick zu und sagte: »Sie wissen ja, wie Männer sind; wenn sich keine Frau um sie kümmert, essen sie nicht anständig.«

»Was für ein Glück, dass Sie sich um ihn kümmern«, antwortete Brianna höflich.

Roger holte tief Luft und ballte mehrfach die Hände zu Fäusten, bis das Bedürfnis, Fiona zu erwürgen, wieder vergangen war.

»Fiona«, sagte er. »Würden Sie, äh, könnten Sie mir vielleicht einen kleinen Gefallen tun?«

Sie begann zu leuchten wie eine kleine Kürbislaterne, und ihr Mund dehnte sich zu einem eifrigen Grinsen bei dem Gedanken, etwas für ihn zu tun. »Natürlich, Rog, Mr. Wakefield! Gerne doch!«

Roger schämte sich zwar ein wenig, doch schließlich, so sagte er sich, diente es ihr genauso wie ihm. Wenn sie nicht ging, würde er bald nicht mehr verantwortungsvoll handeln können und am Ende noch etwas tun, was sie beide bedauern würden.

»Oh, danke, Fiona. Es ist nichts Großes; ich habe nur etwas … etwas …« Hektisch versuchte er, sich an den Namen eines Ladenbesitzers im Ort zu erinnern. »Tabak. Ich habe Tabak bei Mr. Buchan an der High Street bestellt. Ob Sie ihn wohl für mich holen würden? Nach diesem herrlichen Tee könnte ich eine gute Pfeife vertragen.«

Fiona war schon dabei, sich die Schürze abzubinden – es war die gute mit den Rüschen und der Spitze, wie Roger grimmig feststellte. Erleichtert schloss er kurz die Augen, als sie die Zimmertür hinter sich zuzog, und vergaß vorübergehend die Tatsache, dass er gar nicht rauchte. Er seufzte auf und wandte sich seinen Gästen zu.

»Sie haben mich gefragt, ob ich gern möchte, dass Sie auch nach den restlichen Namen auf meiner Liste suchen«, sagte Claire beinahe augenblicklich. Roger hatte den merkwürdigen Eindruck, dass sie seine Erleichterung über Fionas Aufbruch zu teilen schien. »Ja, das hätte ich gern – wenn es Ihnen nicht zu viele Umstände bereitet?«

»Nein, nein! Gar nicht«, sagte Roger, und es war kaum gelogen. »Das tue ich gern.«

Rogers Hand schwebte unentschlossen über der Extravaganz auf dem Teewagen, dann senkte sie sich auf die Kristallkaraffe mit dem zwölf Jahre alten Muir Breame Whisky. Nach dem Scharmützel mit Fiona hatte er das Gefühl, ihn sich verdient zu haben.

»Möchten Sie einen Schluck?«, fragte er seine Gäste höflich. Angesichts von Briannas angewiderter Miene fügte er rasch hinzu: »Oder vielleicht Tee?«

»Tee«, sagte Brianna erleichtert.

»Du weißt ja nicht, was dir entgeht«, sagte Claire zu ihrer Tochter, während sie sich selig die Whiskydämpfe in die Nase steigen ließ.

»Oh doch«, erwiderte Brianna. »Darum lasse ich es mir ja auch entgehen.« Sie zuckte mit den Schultern und sah Roger mit hochgezogener Augenbraue an.

»Man darf in Massachusetts erst ab zwanzig Alkohol trinken«, erklärte Claire, an Roger gewandt. »Brianna hat erst in sieben Monaten Geburtstag; sie ist also wirklich keinen Whisky gewohnt.«

»Ihr tut ja beide so, als wäre es ein Verbrechen, wenn man keinen Whisky mag«, protestierte Brianna und lächelte Roger über ihre Teetasse hinweg an.

Er zog seinerseits die Augenbrauen hoch. »Meine Liebe«, sagte er ernst. »Das hier ist Schottland. Natürlich ist es ein Verbrechen, wenn man keinen Whisky mag!«

»Oh, aye?«, äffte Brianna seinen schottischen Akzent ebenso perfekt wie liebenswürdig nach. »Tja, hoffentlich ist es wenigstens kein Kapitalverbrechen wie Morrrd.«

Überrascht lachte er auf und verschluckte sich an seinem Whisky. Während er sich hustend auf die Brust hämmerte, fiel sein Blick auf Claire. Sie lächelte zwar gezwungen, war aber leichenblass geworden. Dann blinzelte sie, ihr Lächeln wurde natürlicher, und der Moment war vorüber.

Roger war erstaunt, wie ungezwungen sie sich unterhalten konnten – sowohl über Allgemeines als auch über Claires Projekt. Brianna hatte eindeutig großes Interesse an der Arbeit ihres Vaters gehabt und wusste einiges mehr über die Jakobiten als ihre Mutter.

»Erstaunlich, dass sie es überhaupt bis nach Culloden geschafft haben«, sagte sie. »Wussten Sie, dass die Highlander die Schlacht von Prestonpans mit nur zweitausend Mann gewonnen haben? Gegen eine englische Armee von achttausend? Unglaublich!«

»Und bei der Schlacht von Falkirk war es nicht viel anders«, meldete sich Roger zu Wort. »In der Unterzahl, viel schlechter bewaffnet, zu Fuß … Sie hätten niemals in der Lage sein dürfen zu tun, was sie getan haben … aber sie haben es getan!«

»Hm-mm«, sagte Claire und trank einen großen Schluck Whisky. »Das haben sie.«

»Ich habe mir gedacht«, sagte Roger betont beiläufig zu Brianna. »Vielleicht möchten Sie ja mitkommen – zu den Schlachtfeldern und anderen historischen Orten? Es ist interessant, und Sie wären mir bestimmt eine große Hilfe bei meinen Nachforschungen.«