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Die Stadt macht gute Fortschritte. Beim Singen waren 120 Leute da, und meiner Rechnung nach waren fünfzehn davon alt, und der Rest ziemlich gleichmäßig aufgeteilt. Die jungen Leute sind alles Paare, und ich habe die Häuser schon so geplant, daß jedes Paar eine eigene Wohnung bekommt.

Kinder haben diese Leute ja nicht oft, aber ich werde schon etwas dagegen unternehmen — muß mir etwas einfallen lassen, daß die mit den meisten Kindern irgendwelche Vorteile haben — einen Anreiz sozusagen. Je schneller die Bevölkerung zunimmt, desto besser wird es sein.

Soweit ich gehört habe, gibt es etwa fünfhundert Meilen nördlich von hier einen wilden Stamm, der noch Maschinen und solche Dinge hat. Wenn hier alles funktioniert, werde ich eine Expedition dort hinaufschicken, um diesen Stamm zu besiegen und die Maschinen hierherzubringen.

Das wäre eine Idee — Kennon könnte die Expedition leiten. Das wäre eine verantwortliche Position für ihn und gleichzeitig eine Möglichkeit, daß er ins Gras beißt. Der Bursche macht mir sonst nur Schwierigkeiten — ich wollte, ich hätte ihm sein Mädchen nicht weggenommen.

Aber jetzt ist es schon zu spät, das rückgängig zu machen. Außerdem brauche ich einen Sohn, und zwar schnell. Wenn Corilanns Baby ein Mädchen sein wird, weiß ich nicht, was ich tun soll. Ich kann meine Dynastie nicht ohne Erben fortsetzen.

Und da ist noch ein Bursche, der mir Kopfzerbrechen macht — Jubilain heißt er. Er ist nicht so wie die anderen — er ist furchtbar empfindlich und schwächlich, und man scheint ihm immer eine Extrawurst zu braten. Er singt auch immer vor. Ich habe es nicht fertiggebracht, ihn zur Mitarbeit am Bau zu bewegen, und ich weiß nicht, ob mir das überhaupt gelingen wird.

Aber ansonsten läuft alles ganz glatt. Ich wundere mich nur, daß der alte Dandrin nichts gegen meine Tätigkeit einzuwenden hat. Die Zeit des Singens ist schon lange vorbei, und doch bleiben alle hier und arbeiten, als bekämen sie von mir dafür bezahlt.

Und das tue ich ja im gewissen Sinne. Ich bringe ihnen die Segnungen der großen verlorenen Zivilisation zurück, deren Vertreter ich bin. Chester Dugan, der Mann aus der Vergangenheit. Ich nehme eine Handvoll Nomaden und baue mit ihnen eine Stadt. Also hat jeder einen Vorteil — die Leute, weil ich es für sie tue, und ich auch. Besonders ich, weil ich der absolute Boss hier bin.

Ich mache mir nur Sorgen wegen Corilanns Baby. Wenn es ein Mädchen ist, bedeutet das eine Verzögerung von mindestens einem Jahr, bis ich einen Sohn haben kann, und wenigstens zehn Jahre, bis ich ihn gebrauchen kann.

Was wohl passieren würde, wenn ich mir eine zweite Frau nähme — Jarinne zum Beispiel? Ich habe sie mir gestern bei der Arbeit angesehen, und sie sah noch besser als Corilann aus. Diese Leute scheinen sowieso den Begriff der Ehe nicht zu kennen, also würde es ihnen vermutlich gar nichts ausmachen. Wenn dann Corilann ein Mädchen hätte, könnte ich sie Kennon zurückgeben.

Und jetzt fällt mir noch etwas ein! Hier gibt es keine Religion. Ich bin zwar selbst auch kein guter Christ, aber ich weiß, daß die Religion etwas Gutes ist, um die Leute bei der Stange zu halten. Ich werde also einen Priesterstand hier einführen müssen, sobald es etwas leichter geworden ist.

Ich hätte nie gedacht, daß es soviel Arbeit sein würde, eine Zivilisation zu organisieren. Aber sobald alles im Lot ist, kann ich es mir schöner machen. Es ist wirklich ein Vergnügen, mit diesen Leuten zu arbeiten. Ich kann gar nicht abwarten, bis alles von selber läuft. Ich bin hier in zwei Monaten weiter gekommen als in New York in vierzig Jahren.

Da sieht man es wieder: man braucht eine Führernatur, um eine Zivilisation am Leben zu erhalten. Und Chester Dugan ist genau der Mann, den diese Leute brauchen …

6. Kennon

Corilann hat mir erzählt, daß sie ein Kind von Dugan haben wird. Das hat mich betrübt, denn ebensogut hätte es mein Kind sein können. Aber ich habe Dugan hierhergebracht, also bin ich wohl auch dafür verantwortlich. Wäre ich nicht zum Singen gekommen, dann wäre er auf dem Feld gestorben. Aber jetzt ist es zu spät für solche Gedanken.

Dugan verbietet uns, nach Hause zu gehen, obwohl das Singen jetzt vorüber ist. Mein Vater wartet zu Hause auf mich, und ehe der Winter kommt, muß noch gejagt werden, aber Dugan hat uns verboten, nach Hause zu gehen.

Dandrin mußte mir erklären, was ‚verbieten’ ist, aber ich verstehe immer noch nicht, wieso ein Mensch einem anderen sagen kann, was er tun darf und was nicht.

Keiner von uns versteht Dugan ganz — nicht einmal Dandrin, glaube ich. Dandrin bemüht sich am meisten, ihn zu verstehen, aber Dugan ist uns so völlig fremd, daß wir ihn einfach nicht begreifen können.

Er hat uns etwas bauen lassen, was er eine Stadt nennt — viele Häuser, ganz dicht aneinander. Er sagt, der Vorteil dieser ,Stadt’ liege darin, daß wir uns gegenseitig beschützen können. Aber wovor schützen? Wir haben keine Feinde.

Ich habe das Gefühl, daß Dugan uns noch weniger versteht als wir ihn. Und ich möchte jetzt zur Jagd nach Hause, da der Sommer nun beinahe vorüber ist und auch das Singen vorbei ist. Ich hatte gehofft, ich könnte Corilann mitnehmen, aber das ist meine eigene Schuld, und ich darf darüber nicht verbittert sein.

Dugan war sehr kühl zu mir. Das wundert mich, da doch ich es war, der ihn zum Singen gebracht hat. Ich glaube, er hat Angst, daß ich ihm Corilann wegnehmen möchte …

7. Kennon

Diesmal ist Dugan entschieden zu weit gegangen. In der letzten Woche habe ich versucht, mit ihm ins Gespräch zu kommen, um zu erfahren, weshalb er das alles eigentlich tut.

Eigentlich wäre das Dandrins Aufgabe gewesen, aber Dandrin scheint alle Verantwortung in dieser Sache von sich zu schieben und den Dinger, ihren Lauf zu lassen. Dugan zwingt ihn nicht zum Arbeiten, weil er alt ist.

Ich verstehe Dugan überhaupt nicht mehr. Gestern sagte er zu mir:

„Wir werden die Welt beherrschen.“ Was meint er damit? Beherrschen?

Will er wirklich allen Menschen sagen, was sie tun und lassen sollen? Wenn alle Leute in Dugans Zeit so waren, ist es wirklich kein Wunder, daß sie alles zerstört haben. Und was ist, wenn zwei Leute ein und demselben Menschen zwei einander widersprechende Befehle geben? Es muß eine seltsame Welt gewesen sein.

Dugan hat mir Jarinne zur Frau angeboten. Jarinne sagt, sie sei bei Dugan gewesen und Corilann wüßte es. Dandrin sagt, ich sollte Jarinne nicht nehmen, weil das Dugan ärgern würde. Aber wenn es ihn ärgert, weshalb hat er sie mir dann angeboten? Und — jetzt komme ich erst darauf — mit welchem Recht kann er mir einen anderen Menschen anbieten?

Jarinne ist eine gute Frau. Ich könnte Corilann mit ihr vergessen.

Und dann sagte mir Dugan noch, daß es bald eine Expedition in den Norden geben würde — wir werden Waffen mitnehmen und die Wilden besiegen. Dugan hat von den Maschinen der Wilden gehört und sagt, er brauchte sie für die Stadt. Ich sagte ihm, ich müßte jetzt gehen, um meinem Vater bei der Jagd zu helfen.

Ich schloß also das Tor auf, das Dugan erst vor ein paar Tagen angebracht hatte, und da tauchte er plötzlich hinter mir auf. „Du willst wohl abhauen?“ fragte er mich mit seiner rauhen Stimme. „Hier geht keiner, verstanden?“ Er fuchtelte mir mit der Faust vor dem Gesicht herum. „Wir können keine Stadt bauen, wenn jeder einfach geht, sobald es ihm nicht mehr paßt.“

„Aber ich muß gehen“, sagte ich. „Du hast mich hier lange genug festgehalten.“ Ich wollte weitergehen, da schlug er plötzlich mit der Faust auf mich ein, und ich fiel zu Boden.

Ich spürte Blut an meiner Nase, wo er mich getroffen hatte. Die Leute ringsum sahen zu. Ich stand langsam auf.

Ich bin größer und viel stärker als Dugan, aber ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, daß ein Mensch einen anderen schlagen könnte. Aber das ist auch etwas von den Dingen, die mit ihm auf unsere Welt gekommen sind.