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„O, Gott!" stöhnte Luke. Es gab im Sonnensystem nur einen Planeten mit zwei Monden.

„Komm zu dir, Mack. Ist dies die Erde oder nicht?"

Luke nickte stumm.

„Okay", sagte das Männchen. „Das hätten wir also klargestellt. Und jetzt sag mal, was ist eigentlich mit dir los?"

Luke stammelte etwas Unzusammenhängendes.

„Bist du blödsinnig? Und ist dies eure Art, Fremde zu empfangen? Willst du mich nicht auffordern, herein zu kommen?"

Luke sagte: „B-bitte schön" und trat zurück.

Drinnen blickte der Martier sich um und runzelte die Stirn. „Was für eine vorsintflutliche Höhle!" sagte er. „Wohnt ihr alle so oder bist du nur so heruntergekommen? Teufel, was für geschmacklose Möbel!"

„Ich hab sie nicht ausgewählt", verteidigte sich Luke. „Sie gehören einem meiner Freunde."

„Dann hast du einen verdammt schlechten Geschmack, was die Auswahl deiner Freunde angeht. Bist du allein hier?"

„Das", sagte Luke, „frage ich mich eben. Ich bin mir noch nicht klar, ob ich dich für wirklich oder für eine Halluzination halten soll."

Der Martier vollführte einen Sprung und landete auf einem Stuhl, wo er mit herunter baumelnden Beinen sitzen blieb. „Wenn du mich für eine Halluzination hältst, hast du Sägespäne im Gehirn, Freundchen."

Luke sperrte den Mund auf und klappte ihn wieder zu. Plötzlich entsann er sich seines halbvollen Glases und griff hinter sich, wobei er es mit dem Handrücken umstieß. Es ging zwar nicht entzwei, aber der Inhalt floß über den Tisch und auf den Fußboden, ehe er es verhindern konnte. Er fluchte, doch dann fiel ihm ein, daß der Whisky ziemlich verdünnt gewesen war. Und unter den obwaltenden Umständen gelüstete es ihn nach einem unverdünnten, kräftigen Schluck. Er trat an den Ausguß, wo die Flasche stand, und schenkte sich einen halben Becher voll ein.

Langsam ließ er die brennende Flüssigkeit durch seine Kehle rinnen und erstickte beinahe daran. Als er sicher war, daß er sie bei sich behalten werde, kam er zurück, nahm wieder Platz und starrte seinen Besucher an.

„Möchtest dir wohl gern einen ansaufen, wie?" sagte der Martier.

Luke würdigte ihn keiner Antwort. Und ob er sich einen ansaufen würde! Langsam aber sicher. Er sah jetzt, daß sein Besucher zwar von menschlicher Gestalt aber ganz und gar nicht menschlich war. Damit zerstreute sich der leichte Verdacht, daß einer seiner Freunde einen Zirkuszwerg gemietet haben könnte, um ihm einen Streich zu spielen.

Martier oder nicht, sein Besucher hatte nichts Menschliches. Er konnte kein Zwerg sein, weil sein Rumpf sehr kurz war und in genauem Verhältnis zu seinen spindeldürren Armen und Beinen stand; Zwerge haben einen langen Rumpf und kurze Beine. Sein Kopf war verhältnismäßig groß und fast kreisrund, der Schädel völlig kahl. Es war auch nicht das geringste Anzeichen für einen Bart vorhanden, und Luke wurde das Gefühl nicht los, daß das Geschöpf am ganzen Körper unbehaart sein müsse.

Das Gesicht — nun, es wies alle Merkmale eines Gesichts auf, aber auch hier war alles außer Proportion. Der Mund war im Verhältnis doppelt so groß wie ein menschlicher Mund, die Nase ebenfalls; die Augen waren klein und durchdringend und standen ziemlich dicht beisammen. Auch die Ohren waren sehr klein und hatten keine Läppchen. Im Mondlicht hatte die Haut olivengrün ausgesehen; hier bei künstlicher Beleuchtung schimmerte sie smaragdgrün.

Jede Hand hatte sechs Finger. Das bedeutete, daß er vermutlich auch zwölf Zehen hatte, aber da er Schuhe trug, ließ sich das nicht mit Bestimmtheit feststellen.

Die Schuhe waren dunkelgrün, die übrigen Kleidungsstücke ebenfalls — enganliegende Hosen und ein lose sitzendes Wams, aus dem gleichen Material hergestellt — etwas, das wie Charmeuse aussah oder wie weiches Ziegenleder. Kein Hut.

„Langsam fange ich an, an dich zu glauben", sagte Luke und nahm noch einen Schluck.

Der Martier knurrte: „Sind alle Menschen so beschränkt wie du? Und so unhöflich? Trinkt man bei euch, ohne seinen Gästen etwas anzubieten?"

„Verzeihung", sagte Luke. Er erhob sich, um die Flasche und ein zweites Glas zu holen.

„Nicht, daß ich besonders scharf darauf wäre", erklärte der Martier. „Ich trinke nämlich nicht. Ekelhafte Angewohnheit. Aber du hättest mir wenigstens etwas anbieten können."

Luke setzte sich wieder und seufzte.

„Das hätte sich freilich gehört", sagte er. „Ich bitte nochmals um Entschuldigung. Fangen wir also von vorn an. Ich heiße Luke Devereaux."

„Verdammt alberner Name."

„Deiner wird mir vielleicht auch komisch vorkommen. Darf man sich danach erkundigen?"

„Man darf."

Luke seufzte erneut. „Also schön. Wie heißt du?"

„Wir Martier verwenden keine Namen. Lächerlicher Brauch."

„Sie sind aber ganz nützlich, wenn man jemand rufen will. Sag mal, hast du mich nicht mit Mack angeredet?"

„Klar. Wir nennen jeden Mack oder so ähnlich. Kommt darauf an, in welcher Sprache wir sprechen. Warum soll man sich erst die Mühe machen, einen neuen Namen für jeden zu lernen, mit dem man redet?"

Luke setzte das Glas noch einmal an. „Hmm", machte er, „daran ist etwas, aber lassen wir das jetzt und kommen wir zu etwas Wichtigerem. Wie soll ich wissen, ob du wirklich da bist?"

„Mack, ich hab dir doch gesagt, du hast Sägespäne im Gehirn."

„Das ist es ja gerade", sagte Luke. „Hab ich wirklich welche? Wenn du tatsächlich da bist, muß ich dir zugestehen, daß du nicht menschlich bist, und wenn ich das zugebe, dann besteht kein Grund, warum ich dir deine Herkunft nicht glauben sollte. Bist du aber nicht vorhanden, dann bin ich entweder betrunken oder jemand macht mir etwas vor. Nun bin ich aber nicht betrunken, das weiß ich ganz genau; vor deinem Auftauchen hatte ich erst zwei Gläser getrunken, schwache noch dazu, die ich kaum gespürt habe."

„Wozu dann überhaupt erst?"

„Das gehört nicht zu unserem Thema. Es bleiben also nur zwei Möglichkeiten — du bist entweder wirklich vorhanden oder ich bin verrückt."

Der Martier gab ein unanständiges Geräusch von sich. „Und wieso glaubst du, daß diese Möglichkeiten sich gegenseitig ausschließen? Ich bin tatsächlich vorhanden, darauf kannst du dich verlassen. Aber ich weiß nicht, ob du verrückt bist oder nicht, und es ist mir auch völlig egal."

Luke seufzte. Es bedurfte anscheinend so manchen Seufzers, um mit einem Martier auszukommen. Oder so manchen Glases. Sein Glas war leer. Er ging und füllte es. Wiederum mit purem Whisky, nur daß er diesmal ein paar Eiswürfel hinzufügte.

Ehe er sich wieder hinsetzte, kam ihm ein Gedanke. Er stellte sein Glas ab, sagte: „Einen Augenblick, bitte", und ging ins Freie. Wenn der Martier wirklich war und tatsächlich vom Mars stammte, dann mußte draußen irgendwo ein Weltraumschiff liegen.

Aber was wäre damit bewiesen, fragte er sich? Wenn es ihm einen Martier vorgaukelte, konnte es ihm dann nicht ebenso gut ein Weltraumschiff vortäuschen?

Es war jedoch weit und breit kein Weltraumschiff zu sehen, weder ein eingebildetes noch ein wirkliches. Der Mond schien hell, das Land war flach und eben, man konnte ziemlich weit sehen. Er ging um die Hütte herum und umschritt seinen dahinter parkenden Wagen, so daß er nach allen Richtungen Ausschau halten konnte. Kein Weltraumschiff.

Er ging wieder hinein, machte es sich bequem, nahm einen tüchtigen Schluck und deutete mit ausgestrecktem Finger plötzlich anklägerisch auf den Martier. „Kein Weltraumschiff", sagte er.

„Selbstverständlich nicht."

„Wie bist du dann hergekommen?"

„Das geht dich einen Dreck an, aber ich will es dir verraten. Ich bin gekwimmt."

„Was heißt das?"

„Paß mal auf", sagte der Martier. Und war plötzlich aus seinem Stuhl verschwunden. Die Worte „paß mal" waren aus dem Stuhl gekommen und das Wort „auf1 erklang hinter Lukes Rücken.