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Aber sie tun euch nichts. Ich wiederhole, sie tun euch nichts. Also keine Aufregung und Ruhe bewahren. Da sitzt eben einer auf meiner Schulter — er hat mir etwas zu sagen versucht, aber ich weiß nicht was, weil ich selber geredet habe. Aber ich werde ihm das Mikrophon hinhalten und ihn bitten, euch zu beruhigen. Hier bei uns waren sie ziemlich unverschämt — aber wenn er begreift, daß er zu einer Millionenhörerschaft spricht, wird er wohl — Hier, mein Lieber, möchtest du nicht unserer großen Hörerschaft ein beruhigendes Wort sagen?" Eine andere Stimme sprach, eine Stimme, die etwas schriller klang als die des Ansagers: „Danke, Mack. Ich wollte dir nur sagen, daß du mich — na, du weißt schon — und jetzt kann ich dasselbe all den lieben Hörern —"

Die Station schaltete ab.

Bill und Dorothy hatten sich gegenseitig losgelassen. Sie schauten sich ungläubig an. Dann sagte sie kaum hörbar: „Versuch es noch einmal mit einem anderen Sender. Das k a n n doch nicht —"

Bill Gruder streckte den Arm aus, gelangte aber mit der Hand nicht bis an den Suchknopf.

Hinter ihnen im Zimmer sagte eine Stimme: „He, Mack. He, Puppe."

Sie fuhren herum. Ich brauche wohl nicht erst zu sagen, was sie sahen; der Leser weiß es bereits. Er hockte mit übereinandergeschlagenen Beinen auf dem Fensterbrett, über das sie sich vor einigen Minuten hinausgelehnt hatten.

Keiner von ihnen sagte etwas, und so verstrich eine volle Minute. Es geschah weiter nichts, als daß Bill Dorothys Hand fand und sie drückte.

Der Martier grinste sie an. „Hat es euch die Sprache verschlagen?"

Bill räusperte sich. „Sind wir hier im McCoy-Hotel und bist du — bist du wirklich ein Martier?"

„Mein Gott, bist du dumm! Diese Frage zu stellen, nach allem, was du gerade gehört hast!"

„Du elender kleiner —"

Als er ihre Hand losließ und sich auf das Männchen stürzen wollte, packte Dorothy ihren Mann am Arm. „Bill; laß dich nicht hinreißen. Denk daran, was das Radio gesagt hat."

Bill Gruder sank in sich zusammen, funkelte aber noch immer wild mit den Augen. „Schön", sagte er zu dem Martier. „Was willst du eigentlich?"

„Nichts, Mack. Was könntest d u mir schon bieten?"

„Dann mach, daß du fortkommst. Wir brauchen hier niemand."

„Oh, jungvermählt, wie?"

Dorothy sagte: „Wir haben diesen Nachmittag geheiratet." Sagte es sehr stolz.

„Ausgezeichnet", sagte der Martier. „Dann könnt ihr mir tatsächlich etwas bieten. Ich habe von euren ekelhaften Paarungsangewohnheiten gehört. Nun kann ich endlich einmal dabei zuschauen."

Bill Gruder riß sich von seiner jungen Frau los und durchquerte das Zimmer. Er streckte die Hand nach dem Martier auf dem Fensterbrett aus und griff glatt durch ihn hindurch. Er fiel so vehement vornüber, daß er fast zum Fenster hinausgestürzt wäre.

„Nicht so jähzornig", sagte der Martier. „Ruhe, Ruhe."

Bill kehrte zu seiner Dorothy zurück, legte den Arm beschützend um sie und rollte mit den Augen.

„Ich will verdammt sein", sagte er. „Er ist einfach nicht mehr d a."

„Das bildest du dir ein, du Narr", sagte der Martier.

Dorothy sagte: „Es ist genau, wie es durch's Radio gekommen ist, Bill. Aber denk daran, daß er uns auch nichts Ernsthaftes anhaben kann."

„Sein Vorhandensein ist gerade schlimm genug."

„Ihr wißt doch, worauf ich warte", sagte der Martier. „Wenn Ihr mich los werden wollt, fangt an. Ihr entkleidet Euch doch zuerst, nicht wahr? Also los, zieht Euch aus."

Bill wollte sich erneut auf ihn stürzen. „Du kleiner grüner —"

Dorothy hielt ihn zurück. „Laß es mich einmal mit ihm versuchen." Sie trat hinter ihrem Mann hervor und schaute den Martier flehend an. „Du verstehst das nicht", sagte sie. „Wir lieben uns nur, wenn wir ungestört sind. Wir können und werden es nicht tun, bis du uns verläßt. Bitte geh."

„Das könnte dir so passen, Puppe. Ich bleibe."

Und er blieb.

Für dreieinhalb Stunden saßen sie Seite an Seite auf dem Bettrand und versuchten ihn zu ignorieren und hofften, daß er die Geduld verlieren würde.

Hin und wieder redeten sie ein paar Worte miteinander, oder versuchten es, aber es kam keine sehr geistvolle Unterhaltung dabei heraus. Hin und wieder schaltete Bill das Radio ein, in der Hoffnung, daß inzwischen jemand Mittel und Wege entdeckt hätte, wie mit Martiern umzugehen sei.

Aber ein Sender war wie der andere — sie hörten sich alle wie schlecht organisierte Irrenanstalten an — bis auf jene, die längst endgültig abgeschaltet hatten. Und niemand hatte ein Mittel entdeckt, wie man den Martiern wirksam entgegentreten konnte. Von Zeit zu Zeit kam ein Bulletin heraus, eine Verlautbarung des Präsidenten der Vereinigten Staaten, des Vorsitzenden der Atom-Energie-Kommission oder einer gleichbedeutenden Persönlichkeit. Alle rieten, die Ruhe zu bewahren und sich, wenn möglich, mit den Martiern anzufreunden. Aber kein Sender brachte auch nur ein einziges Beispiel dafür, daß es einem Menschen gelungen wäre, mit einem Martier Freundschaft zu schließen.

Der Martier würdigte die Gruders anscheinend überhaupt keiner Beachtung. Er hatte ein kleines querpfeifenähnliches Instrument aus seiner Tasche gezogen und blies darauf und entlockte ihm Töne, die klangen, als wäre ein Erdnußwagen verrückt geworden.

Mitunter setzte er das Instrument ab, blickte sie an, sagte jedoch kein Wort, was viel aufreizender war, als hätte er etwas gesagt.

Gegen ein Uhr morgens war Bill Gruders Geduld erschöpft. Er sagte: „Zum Teufel damit! Er kann in der Dunkelheit doch nichts sehen, und wenn ich die Jalousien herunterlasse, ehe ich das Licht ausmache —"

Dorothys Stimme klang besorgt. „Wir wissen doch gar nicht, ob er nicht auch im Dunkeln sehen kann, Liebster. Katzen und Eulen können."

Bill zögerte, aber nur einen Augenblick. „Verdammt noch mal, Liebstes, selbst wenn er im Dunkeln sehen kann, kann er nicht unter die Decken schauen. Wir können uns sogar unter den Decken ausziehen."

Er trat an das Fenster, schloß es, ließ den Vorhang herunter und machte sich ein Vergnügen daraus, bei beiden Verrichtungen mitten durch den Martier hindurch zu greifen. Tastete sich zum Bett zurück.

Und obwohl sie etwas gehemmt waren und es sich nicht eingestehen wollten, wurde es doch noch eine Hochzeitsnacht.

Sie wären etwas weniger glücklich gewesen (und waren es auch am nächsten Tage), hätten sie gewußt, wie man alsbald herausfand, daß Martier nicht nur im Dunkeln sehen, sondern mit ihren Blicken auch Decken durchdringen konnten. Sogar Wände. Sie schienen irgendeinen Röntgenblick zu haben, der alles durchdrang. Und konnten sogar die kleinste Schrift auf zusammengefalteten Dokumenten in verschlossenen Schubfächern oder Geldschränken entziffern. Sie waren imstande, Briefe und selbst Bücher zu lesen, ohne sie zu öffnen.

Als das publik wurde, wußte man, daß keinerlei Privatleben mehr möglich war, solange die Martier blieben. Selbst wenn sich kein Martier im Zimmer befand, konnte immer einer im nächsten Zimmer oder draußen hocken und alles mit ansehen.

Aber wir greifen voraus, da nur wenige Leute es in dieser ersten Nacht erfuhren oder ahnten. (Luke Deve-reaux hätte es ahnen sollen, da sein Martier Rosalinds Briefe, die in einem verschlossenen Koffer steckten, gelesen hatte — aber damals wußte Luke noch nicht, ob der Martier den Koffer nicht vielleicht geöffnet hatte. Und als Luke Bescheid wußte, war er nicht mehr in der Verfassung, die beiden Tatsachen in Verbindung zu bringen.) Und schon in der ersten Nacht, noch ehe man sich der Tragweite bewußt war, müssen die Martier eine Menge zu Gesicht bekommen haben. Besonders die vielen Tausende, die in bereits verdunkelte Zimmer kwimmten und von den Vorgängen, die sich dort abspielten, so hingerissen waren, daß sie für eine Weile den Mund hielten.