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»Da läuft gar nichts.«

»Und wovon hat sie dann gesprochen?« Unvermittelt hob sich Francescas Stimme leidenschaftlich. »Rupert, ich bin deine Frau! Wir sollten keine Geheimnisse voreinander haben!«

Rupert starrte seine Frau an. Ihre blassen Augen glänzten leicht, sie rang die Hände. Um ihr Handgelenk trug sie die teure Uhr, die er ihr zum Geburtstag gekauft hatte. Sie hatten sie zusammen bei Selfridges ausgesucht und sich dann Ein Inspektor kommt angeschaut. Es war ein rundum schöner Tag gewesen.

Unvermittelt sagte er: »Ich möchte dich nicht verlieren. Ich liebe dich. Und ich werde unsere Kinder lieben, wenn wir welche haben.« Francesca sah ihn beklommen an.

»Aber«, sagte sie. »Was ist das Aber?«

Rupert erwiderte wortlos ihren Blick. Er wusste nicht, wie er antworten, wo er anfangen sollte.

»Steckst du in Schwierigkeiten?«, fragte Francesca unvermittelt. »Verbirgst du etwas vor mir?« Ihre Stimme nahm einen alarmierten Ton an.

»Nein«, sagte Rupert. »In Schwierigkeiten stecke ich nicht. Ich bin bloß …«

»Was?«, fragte Francesca ungeduldig. »Was bist du?«

»Gute Frage.« Eine unerträgliche Spannung baute sich in ihm auf, und er runzelte die Stirn.

»Was?«, sagte Francesca. »Wie meinst du das?«

Rupert grub seine Nägel in seine Handflächen und holte tief Luft. Es gab nur einen Weg, und der führte vorwärts.

»Als ich in Oxford war«, sagte er und hielt dann inne, »war da ein Mann.«

»Ein Mann?«

Rupert sah auf und begegnete Francescas Blick. Er war ausdruckslos, ahnungslos. Sie wartete darauf, dass er fortfuhr. Sie hatte keine Ahnung, worauf er hinauswollte.

»Ich hatte eine Beziehung mit ihm«, sagte er, den Blick noch immer auf sie gerichtet. »Eine enge Beziehung.«

Er machte eine Pause und wartete, versuchte, sie durch Willenskraft dazu zu bringen, aus seinen Worten die richtige Schlussfolgerung zu ziehen. Scheinbar ewig blieben ihre Augen ausdruckslos.

Und dann geschah es plötzlich. Sie riss die Augen auf und schloss sie wieder wie eine Katze. Sie hatte verstanden. Sie hatte verstanden, was er meinte. Ängstlich sah Rupert sie an und versuchte, ihre Reaktion abzuschätzen.

»Ich verstehe nicht«, versetzte sie schließlich. »Rupert, du redest Unsinn! Das ist pure Zeitverschwendung!«

Sie erhob sich vom Sofa, wischte sich eingebildete Krümel vom Schoß und wich dabei seinem Blick aus.

»Schatz, es war nicht recht von mir, an dir zu zweifeln«, sagte sie. »Es tut mir leid. Ich hätte dir nicht misstrauen sollen. Natürlich hast du das Recht, zu treffen, wen du willst. Sollen wir die ganze Sache nicht einfach vergessen?«

Rupert starrte sie ungläubig an. War das ihr Ernst? War sie wirklich bereit, weiterzumachen wie bisher? Bereit, vorzugeben, er hätte nichts gesagt, die enormen Fragen zu ignorieren, die sicher an ihr nagten? Hatte sie wirklich so große Angst vor den Antworten, die sie hören müsste?

»Ich mache uns einen Tee, ja?«, fuhr Francesca mit gekünstelter Munterkeit fort. »Und ich taue ein paar Scones auf. Die sind köstlich!«

»Francesca«, sagte Rupert. »Hör auf damit. Du hast gehört, was ich gesagt habe. Möchtest du nicht mehr wissen?« Er stand auf und ergriff ihr Handgelenk. »Du hast gehört, was ich gesagt habe.«

»Rupert!« Francesca lachte kurz auf. »Lass mich los! – Ich weiß nicht, wovon du sprichst. Für mein Misstrauen dir gegenüber habe ich mich bereits entschuldigt. Was möchtest du noch?«

»Ich möchte …«, begann Rupert. Sein Griff um ihr Handgelenk wurde fester, eine plötzliche Gewissheit überkam ihn. »Ich möchte dir alles erzählen.«

»Du hast mir alles erzählt«, erwiderte Francesca rasch. »Ich verstehe völlig. Es war ein dummes Missverständnis.«

»Gar nichts habe ich dir erzählt.« Unvermittelt verspürte er das verzweifelte Verlangen zu sprechen, sich alles von der Seele zu reden. »Francesca …«

»Warum können wir es nicht einfach vergessen?«, fragte Francesca. In ihrer Stimme schwang Panik mit.

»Weil es nicht ehrlich wäre!«

»Nun, vielleicht will ich nicht ehrlich sein!« Ihr Gesicht war gerötet, ihre Blicke schnellten umher. Sie sah aus wie ein Kaninchen in der Falle.

Lass sie in Ruhe, sagte Rupert sich. Sag nichts mehr, lass sie einfach in Ruhe. Aber der Drang zu reden war unerträglich, jetzt, wo er angefangen hatte, gab es kein Zurück mehr.

»Du willst nicht ehrlich sein?«, sagte er und verachtete sich selbst dafür. »Du möchtest, dass ich falsches Zeugnis ablege? Ist es das, was du willst, Francesca?«

Er beobachtete die Veränderungen in ihrem Gesicht, während sie verzweifelt versuchte, die eigenen Ängste mit Gottes Geboten in Einklang zu bringen.

»Du hast recht«, sagte sie schließlich. »Es tut mir leid.« Sie blickte ihn ängstlich an, dann senkte sie gehorsam den Kopf. »Was möchtest du mir erzählen?«

Hör jetzt auf, sagte sich Rupert. Hör jetzt auf, ehe du sie restlos unglücklich machst.

»Ich hatte eine Affäre mit einem Mann«, sagte er.

Er verstummte und wartete auf eine Reaktion. Einen Schrei, ein Keuchen. Aber Francesca hielt den Kopf weiterhin gesenkt. Sie rührte sich nicht.

»Er hieß Allan.« Er schluckte. »Ich habe ihn geliebt.«

Er wagte kaum zu atmen. Unvermittelt sah sie auf. »Du denkst dir das aus.«

»Was?«

»Das sehe ich doch«, sagte Francesca rasch. »Du hast Schuldgefühle wegen dieser Milly, du hast diese alberne Geschichte erfunden, um mich auf eine falsche Fährte zu bringen.«

»Das stimmt nicht«, entgegnete Rupert. »Das ist keine Geschichte. Das ist die Wahrheit.«

»Nein.« Francesca schüttelte den Kopf. »Nein.«

»Doch.«

»Nein!«

»Doch, Francesca!«, rief Rupert. »Doch! Es ist wahr! Ich hatte eine Affäre mit einem Mann. Er hieß Allan. Allan Kepinski.«

Lange herrschte Stille, dann schaute Francesca ihn an. Sie sah krank aus.

»Du hast wirklich …«

»Ja.«

»Hast du tatsächlich …«

»Ja«, sagte Rupert. »Ja.« Während er das sagte, verspürte er eine Mischung aus Schmerz und Erleichterung – als würde eine schwere Last von ihm genommen, die allerdings eine Wunde hinterließ. »Ich habe mit ihm geschlafen.« Er schloss die Augen. »Wir haben uns geliebt.« Plötzlich fluteten die Erinnerungen zurück. Wieder war er mit Allan in der Dunkelheit, spürte seine Haut, sein Haar, seine Zunge.

»Ich will nichts mehr hören«, flüsterte Francesca. »Mir ist nicht gut.« Rupert öffnete die Augen und sah, wie sie aufstand, unsicher zur Tür ging. Sie war blass, und ihre Hände zitterten, als sie nach der Türklinke griff. Schwere Schuldgefühle ergriffen ihn.

»Es tut mir leid«, sagte er. »Francesca, es tut mir leid.«

»Bitte nicht mich um Verzeihung«, erwiderte Francesca stockend. »Nicht mich. Den Herrn musst du um Verzeihung bitten.«

»Francesca …«

»Du musst um Vergebung beten. Ich werde …« Sie brach ab und holte tief Luft. »Ich werde auch beten.«

»Können wir nicht darüber reden?«, fragte Rupert verzweifelt. »Können wir nicht zumindest darüber reden?« Er stand auf und ging auf sie zu. »Francesca?«

»Nicht!«, kreischte sie, als er nach ihrem Ärmel griff. »Fass mich nicht an!« Sie sah ihn mit funkelnden Augen an. Ihr Gesicht war weiß wie eine Wand.

»Ich wollte doch bloß …«

»Komm mir bloß nicht zu nahe!«

»Aber …«

»Du hast mit mir geschlafen!«, flüsterte sie. »Du hast mich berührt! Du …« Sie brach ab und würgte.

»Francesca …«

»Mir wird schlecht«, sagte sie zittrig und rannte aus dem Zimmer.

Rupert blieb an der Tür stehen, lauschte, wie sie die Treppe hinaufrannte und die Badezimmertür verriegelte. Er zitterte am ganzen Körper, seine Beine gaben nach. Nach der Abscheu, die er in Francescas Gesicht gesehen hatte, wäre er am liebsten weggeschlichen und hätte sich versteckt. Sie war vor ihm zurückgewichen, als wäre seine Sündhaftigkeit ansteckend. Als wäre er ein Unberührbarer.