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»Mehr war da nicht dran«, echote Simon in seltsamem Tonfall. »Tja, und was hat dir dieser Typ dafür gezahlt?«

»Nichts!«, erwiderte Milly. »Ich habe ihm damit doch nur einen Gefallen getan!«

»Du hast geheiratet … um jemandem einen Gefallen zu tun?«, fragte er ungläubig. Milly starrte ihn beunruhigt an. Irgendwie lief alles völlig verkehrt.

»Es hat nichts bedeutet«, sagte sie, »und es ist zehn Jahre her! Ich war ein Kind. Ich weiß, ich hätte es dir früher erzählen sollen. Aber ich …« Sie verstummte und sah ihn verzweifelt an. »Simon, sag etwas!«

»Was soll ich denn sagen?«, versetzte Simon. »Herzlichen Glückwunsch?« Milly zuckte zusammen.

»Nein! Bloß … ich weiß nicht. Sag mir, was du denkst.«

»Ich weiß nicht, was ich denken soll. Ich weiß nicht mal, wo ich anfangen soll. Ich kann das nicht glauben. Du erzählst mir, du bist mit einem anderen verheiratet! Was soll ich darüber denken?« Sein Blick fiel auf ihre linke Hand, auf den Finger, der seinen Verlobungsring trug, und sie errötete.

»Es hat nichts bedeutet«, sagte sie. »Das musst du mir glauben.«

»Es ist doch gleich, ob es was bedeutet hat! Du bist immer noch verheiratet, oder?« Simon sprang unvermittelt auf und ging zum Fenster. »Herrgott, Milly!« Seine Stimme bebte leicht. »Warum hast du es mir denn nicht gesagt?«

»Ich weiß nicht. Ich wollte …« Sie schluckte. »Ich wollte nicht alles zerstören.«

»Du wolltest nicht alles zerstören«, wiederholte Simon. »Also hast du bis zwei Tage vor unserer Hochzeit gewartet, um mir zu erzählen, dass du verheiratet bist.«

»Ich dachte, es wäre egal! Ich dachte …«

»Du dachtest, wieso soll ich ihm das erzählen! Habe ich recht?«

»Ich habe nicht …«

»Du wolltest es vor mir geheim halten!« Seine Stimme schwoll an. »Vor deinem eigenen Mann!«

»Nein! Ich hatte vor, es dir zu sagen!«

»Wann? In unserer Hochzeitsnacht? Bei der Geburt unseres ersten Kindes? Zu unserer goldenen Hochzeit?«

Milly öffnete den Mund, um zu sprechen, schloss ihn dann aber wieder. Heiße Angst stieg in ihr hoch. Noch nie hatte sie Simon so wütend erlebt. Sie wusste nicht, wie sie ihn besänftigen konnte, wie sie sich weiter verhalten sollte.

»Na, was hältst du denn noch alles vor mir geheim? Irgendwelche Kinder? Geheime Liebhaber?«

»Nein.«

»Und wie soll ich dir das glauben?« Seine Stimme war wie ein Peitschenhieb, und Milly fuhr zusammen. »Wie soll ich dir überhaupt je wieder etwas glauben?«

»Ich weiß nicht«, erwiderte Milly verzagt. »Ich weiß nicht. Du musst mir einfach vertrauen.«

»Dir vertrauen!«

»Ich weiß doch, dass ich es dir hätte sagen sollen«, räumte sie verzweifelt ein. »Das weiß ich! Aber nur, weil ich es nicht getan habe, heißt das noch lange nicht, dass ich noch andere Dinge vor dir verberge. Simon …«

»Es geht nicht nur darum«, widersprach ihr Simon. »Es ist nicht nur das.« Millys Herz begann nervös zu pochen.

»Was denn noch?«

Simon ließ sich auf den Sessel fallen und rieb sich das Gesicht.

»Milly – du hast das Ehegelöbnis schon vor jemand anderem abgegeben. Du hast schon jemand anderem versprochen, ihn zu lieben. Ihn zu ehren. Weißt du, wie das für mich ist?«

»Aber ich habe kein Wort davon tatsächlich so gemeint! Kein einziges!«

»Eben.« Sein Tonfall ließ sie erschauern. »Ich dachte, du würdest dieses Gelöbnis so ernst nehmen wie ich.«

»Das habe ich«, erwiderte Milly entsetzt. »Das tue ich.«

»Wie kannst du? Du hast damit gespielt!«

»Simon, sieh mich nicht so an«, flüsterte Milly. »Ich bin doch kein Unmensch! Ich habe einen Fehler gemacht, okay, aber ich bin immer noch ich. Nichts hat sich verändert!«

»Alles hat sich verändert«, versetzte Simon kategorisch. Es entstand lastende Stille. »Ehrlich gesagt kommt es mir vor, als ob ich dich überhaupt nicht mehr kenne.«

»Tja, und mir kommt es so vor, als ob ich dich nicht mehr kenne!«, entfuhr es Milly voller Schmerz. »Ich kenne dich nicht mehr! Simon, ich weiß, ich habe die Hochzeit kaputtgemacht. Ich weiß, ich hab alles total vermasselt. Aber du musst deshalb nicht so fromm tun. Du brauchst mich deshalb nicht anzuschauen, als sei ich unter aller Kritik. Ich bin doch keine Verbrecherin!« Sie schluckte. »Na ja, vielleicht bin ich es, technisch gesehen. Aber bloß, weil ich einen Fehler gemacht habe. Ich habe einen Fehler gemacht! Und wenn du mich liebst, dann verzeihst du mir!« Sie brach in heftiges Schluchzen aus. »Wenn du mich wirklich liebst, dann verzeihst du mir!«

»Und wenn du mich wirklich lieben würdest«, brüllte Simon, der plötzlich verzweifelt wirkte, »dann hättest du mir erzählt, dass du verheiratet bist! Sag, was du willst, Milly, aber wenn du mich wirklich liebst, dann hättest du es mir erzählt!«

Milly starrte ihn an, sich plötzlich ihrer selbst nicht mehr sicher.

»Nicht unbedingt.«

»Nun, wir müssen unterschiedliche Auffassungen von der Liebe haben. Vielleicht war das Ganze von Anfang an ein großes Missverständnis.« Er erhob sich und griff nach seinem Mantel. Milly starrte ihn an und spürte, wie ungläubiges Entsetzen von ihr Besitz ergriff.

»Willst du damit sagen« – sie kämpfte mit dem Verlangen zu würgen –, »willst du damit sagen, du möchtest mich nicht mehr heiraten?«

»Wenn ich mich recht entsinne«, erwiderte Simon steif, »dann hast du bereits einen Ehemann. Die Frage erübrigt sich also, oder?«

An der Tür blieb er stehen. »Ich hoffe, dass ihr beide sehr glücklich miteinander werdet.«

»Du Mistkerl!«, schrie Milly. Tränen verschleierten ihr den Blick, während sie fieberhaft an ihrem Verlobungsring zerrte. Als sie ihn endlich nach ihm werfen konnte, war die Tür schon wieder zu und Simon fort. 

11. Kapitel

Bei ihrer Rückkehr fand Isobel das Haus still vor. Die Diele war in trübes Licht getaucht, das Wohnzimmer leer. Sie öffnete die Küchentür und entdeckte Olivia, die im Halbdunkel am Küchentisch saß. Vor ihr eine Flasche Wein, fast leer, aus der Ecke ertönte leise Musik. Als Olivia sie hereinkommen hörte, sah sie auf, das Gesicht blass und verschwollen.

»Tja«, sagte sie matt. »Es ist alles aus.«

»Wie meinst du das?«, fragte Isobel argwöhnisch.

»Damit meine ich, dass die Verlobung von Milly und Simon gelöst ist.«

»Was?« Isobel blinzelte ihre Mutter entgeistert an. »Meinst du damit, für immer? Aber wieso?«

»Sie hatten irgendeinen Streit miteinander – und dann hat Simon die Verlobung gelöst.« Olivia trank einen Schluck Wein.

»Worum ging’s denn? Um ihre erste Ehe?«

»Das nehme ich an. Sie wollte es nicht sagen.«

»Und wo ist sie jetzt?«

»Sie ist über Nacht zu Esme gegangen. Hat gesagt, sie müsse von hier fort. Von uns allen.«

»Das kann ich ihr nicht verübeln.«

Ohne den Mantel auszuziehen, ließ sie sich auf einen Stuhl plumpsen. »Herrje, die arme Milly. Ich fass es nicht! Was genau hat Simon denn gesagt?«

»Das wollte mir Milly nicht verraten. In letzter Zeit erzählt sie mir überhaupt nichts mehr.« Olivia trank einen großen Schluck Wein. »Offensichtlich werde ich nicht länger für vertrauenswürdig gehalten.«

Isobel verdrehte die Augen.

»Mummy, lass es.«

»Zehn Jahre lang war sie mit diesem – diesem illegalen Einwanderer verheiratet! Zehn Jahre, ohne mir was zu sagen!«

»Sie konnte es dir nicht erzählen. Wie in aller Welt hätte sie es dir erzählen können?«

»Und jetzt, wo sie in der Patsche sitzt, geht sie zu Esme.« Mit blutunterlaufenen Augen sah Olivia Isobel an. »Zu Esme Ormerod!«