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Plötzlich rüttelte es an der Kirchentür, und sie fuhren alle zusammen.

Um seiner Nervosität Herr zu werden, holte Simon tief Luft. Aber sein Herz hämmerte wie wild, und seine Handflächen waren feucht.

»Meinst du, wir sollten aufstehen?«, flüsterte er seinem Vater zu.

»Keine Ahnung!«, zischte Harry zurück. Er wirkte nicht minder nervenschwach. »Woher, zum Teufel, soll ich das wissen?«

Olivia wandte sich um und spähte nach hinten.

»Ich kann sie sehen!«, flüsterte sie. »Sie ist da!«

Die Klänge der Orgel wurden langsamer und verhallten dann ganz. Nachdem sie einander zögernd angeschaut hatten, erhoben sich die drei. Eine gequälte Stille trat ein, jeder schien den Atem anzuhalten.

Dann erklang die vertraute Melodie von Wagners Hochzeitsmarsch. Simon spürte einen Kloß im Hals. Er wagte nicht, sich umzudrehen, und starrte heftig zwinkernd nach vorn, bis Harry ihn am Ärmel zog. Ganz langsam sah er nach hinten, bis er den Gang überblicken konnte, und das Herz blieb ihm stehen. Dort kam Milly am Arm ihres Vaters und sah schöner aus denn je. Ihre Lippen waren zu einem bebenden Lächeln geöffnet, die Augen hinter dem Schleier funkelten, der Cremeton ihres Kleides betonte ihren schimmernden Teint.

Als sie bei ihm ankam, blieb sie stehen. Sie zögerte und hob dann mit zitternden Händen den hauchfeinen Schleier von ihrem Gesicht. Dabei streifte sie mit den Fingern die Kette aus Süßwasserperlen um ihren Hals. Sie zögerte kurz und drückte eine der kleinen Perlen; für einen Augenblick trübten sich ihre Augen.

Dann ließ sie sie los, holte tief Luft und sah auf.

»Bereit?«, fragte Simon.

»Ja«, lächelte Milly. »Ich bin bereit.«

Als Rupert bei dem kleinen Cottage eintraf, das auf den Klippen thronte, war es schon fast Mittag. Während er den Weg zum Haus entlangging, warf er einen Blick auf seine Uhr und dachte daran, dass Milly inzwischen verheiratet sein müsste. Inzwischen würden sie und Simon wahrscheinlich überglücklich Champagner trinken.

Noch ehe er die Tür erreichte, öffnete sie sich, und sein Vater stand vor ihm.

»Hallo, mein Junge«, grüßte er freundlich. »Ich habe dich schon erwartet.«

»Hallo, Vater.« Rupert stellte seine Aktentasche ab, um ihn zu umarmen. Als der ältere Mann ihm milde in die Augen blickte, da war ihm, als müsse er gleich in haltloses Schluchzen ausbrechen. Doch das gaben seine Gefühle nicht mehr her. Er war über Tränen hinaus.

»Komm, trinken wir eine schöne Tasse Tee«, schlug sein Vater vor und ging voraus in das winzige Wohnzimmer, von dem aus man das Meer überblickte. Er hielt inne. »Deine Frau hat heute angerufen, weil sie sich gefragt hat, ob du hier bist. Ich soll dir ausrichten, dass es ihr leidtut. Sie lässt dich grüßen und schließt dich in ihre Gebete mit ein.«

Rupert schwieg. Er setzte sich ans Fenster und blickte auf die weite blaue See hinaus. Er stellte fest, dass er Francesca fast völlig vergessen hatte.

»Vor ein paar Tagen hat schon mal eine junge Frau für dich angerufen!«, rief ihm sein Vater aus der kleinen Küche zu. Man hörte Geschirrklappern. »Milly, so hieß sie, glaube ich. Hat sie es geschafft, dich ausfindig zu machen?«

Der Anflug eines Lächelns huschte über Ruperts Gesicht.

»Ja. Sie hat mich ausfindig gemacht.«

»Ihren Namen kannte ich noch gar nicht.« Sein Vater kam mit einer Teekanne herein. »Ist sie eine alte Freundin von dir?«

»Nein, nicht direkt«, meinte Rupert. »Nur …« Er hielt inne. »Nur die Frau eines Freundes.«

Und er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und starrte zum Fenster hinaus auf die Wellen, die sich unter ihm an den Felsen brachen.