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„Welch ein Preis für unsere Ehre!“ sagte Thordin niedergeschlagen. „Unsere Leute hungern — Nahrungsmittel von den Solariern würden sie retten. Sie tragen nur noch Lumpen am Leib — Sol würde Kleidung für sie schicken. Unsere Fabriken sind ausgebrannte Ruinen. Unsere jungen Männer wachsen auf, ohne die galaktische Zivilisation und ihre Technologie kennenzulernen. Sol würde uns Maschinen und Ingenieure senden, damit wir die Fabriken neu aufbauen könnten. Sol würde uns Lehrer schicken — und wir könnten groß und mächtig werden. Zu spät, zu spät.“ Seine Augen suchten den Blick des Freundes. „Warum hast du das getan? Warum nur?“

„Ich tat mein Bestes“, erwiderte Skorrogan steif. „Falls ich nicht taugte für die Mission, hättest du mich nicht schicken dürfen.“

„Aber das ist es ja gerade!“ sagte der Valtam. „Du bist unser bester Diplomat. Deine Geschmeidigkeit, deine Kenntnis der außerskontaranischen Psychologie, deine Persönlichkeit: alles war bisher von unschätzbarem Wert für unsere auswärtigen Missionen.

Und dann, bei dieser so klaren und so überaus wichtigen Mission… Nie mehr!“ Seine Stimme schrie es in den Wind. „Nie mehr will ich dir vertrauen. Ganz Skontar soll wissen, daß du versagt hast!“

„Sire…“ Skorrogans Stimme bebte. „Ich habe mir von Euch Dinge sagen lassen, die ich mir von niemand sonst hätte bieten lassen, ohne ihn zum Duell zu fordern. Wenn Ihr noch etwas zu sagen habt — sagt es jetzt. Sonst laßt mich lieber gehen!“

„Ich kann dich nicht deiner ererbten Titel und Lehen entkleiden“, murmelte der Valtam. „Doch deine Stellung in der Regierung ist dir entzogen. Am Hof brauchst du dich nie mehr blicken zu lassen. Und ich glaube nicht, daß dir viele Freunde geblieben sind.“

„Mag sein“, erwiderte Skorrogan. „Ich habe getan, was ich getan habe — und selbst wenn ich mein Tun erklären könnte, ich würde nach diesen beleidigenden Worten darauf verzichten. Doch wenn Ihr meinen Rat hören wollt, was die Zukunft von Skontar betrifft…“

„Ich will ihn nicht hören“, erwiderte der Valtam. „Du hast schon genug Unheil über den Staat gebracht!“

„…dann bedenket drei Dinge“, fuhr Skorrogan unbeirrt fort und deutete mit dem Speer auf die wolkenverhangenen Sterne. „Erstens die Sonnen im All. Zweitens bestimmte neue wissenschaftliche und technologische Entwicklungen bei uns — zum Beispiel Dyrins Arbeit über die Semantik. Und letztens: schaut Euch um. Seht die Häuser, die Eure Väter bauten. Betrachtet die Kleidung, die Ihr tragt. Besinnt Euch auf die Sprache, die Ihr sprecht. Und kommt dann nach fünfzig Jahren zu mir und bittet mich um Entschuldigung!“

Er raffte seinen Pelz um sich, grüßte kurz vor dem Valtam und ging mit langen Schritten zur Stadt. Sie blickten ihm nach — Bitterkeit und Verständnislosigkeit in den goldenen Augen.

Hunger herrschte in der Stadt. Er konnte ihn fast spüren, durch die Mauern hindurch — den Hunger eines verzweifelten Volkes in Lumpen, das sich über Herdfeuer beugte und nicht wußte, ob es den Winter überleben würde. Flüchtig überlegte Skorrogan, wie viele sterben würden — doch er wagte nicht, den Gedanken zu Ende zu denken.

Er hörte jemand singen und verhielt den Schritt. Ein wandernder Barde, der bettelnd von Stadt zu Stadt zog, kam die Gasse herunter, einen zerschlissenen Pelz über den Schultern. Er zupfte die Harfe mit klammen Fingern, und er sang eine trutzige Ballade in der altmodischen Sprache der Heldenlieder von Skontar. Einen Moment lang, in einer bitteren Laune galligen Humors, überlegte Skorrogan, wie die Ballade in der Sprache der Erdbewohner klingen würde:

Wild wogten die wehrhaften Vögel, dem Winter weichend, wissend, daß seine Macht nach Süden drängt. Sie suchen den Seeweg, Sehnsucht in den Schwingen, singen vom Sommer und säuselnden Winden. Lebewohl, wirtliches Gestade, lachend beugt sich der Starke der Liebe…

Es stimmte nicht so recht. Der harte Rhythmus und die schroffen Silben gingen verloren, und die Alliteration und der verschlungene Reim ließen sich nur unvollkommen übersetzen. In irdischer Sprache klang es platt und langweilig. Die Bilder waren matt. Die Psychologie der beiden Planetensysteme war eben zu unterschiedlich.

Und hier mochte auch der Grund für seine Erklärung liegen, die er den Würdenträgern schuldig geblieben war. Sie verstanden nicht.

Sie konnten gar nicht verstehen. Er war allein — und der Winter stand vor der Tür.

* * *

Valka Vahino saß in seinem Garten in der Sonne. Manchmal kam es Vahino vor, als habe er seit einer Ewigkeit keine Ruhe mehr gehabt. Zuerst der Krieg, anschließend die Reise zum solaren System — und seither seine Aufgabe als Verbindungsmann zu den Solariern, zu dem ihn das Hohe Haus ernannt hatte, weil er die menschliche Rasse besser kannte und verstand als jeder andere in der Liga.

Vielleicht traf das zu. Er verbrachte viel Zeit in ihrer Gesellschaft und schätzte sie als Rasse und auch als Individuen. Doch, bei allen Geistern, das Tempo, mit dem sie arbeiteten! Man hätte glauben können, sie seien von Dämonen besessen! Sie schonten sich nie!

Nun, es gab wohl keinen anderen Weg als den Wiederaufbau, zu Reformen und zu den neuen Errungenschaften, die nur darauf warteten, verwirklicht zu werden. Doch im Augenblick tat es wirklich wohl, im Garten zu liegen, umgeben von goldenen Blüten, deren Duft den Sinnen schmeichelte. Honigsauger umgaukelten ihn, während sich die Strophen eines neuen Gedichts in seinem Gedächtnis formten.

Die Solarier hatten es schwer zu begreifen, daß eine ganze Rasse nur aus Dichtern bestand. Der dümmste Cundaloaner brauchte sich nur in die Sonne zu legen, um meisterhafte Lyrik zu schmieden. Nun, jede Rasse hatte ihre Talente. Wer konnte die Menschen in ihrer technischen Begabung übertreffen?

Hymnische Gesänge formten sich in seinem Gehirn. Er fügte Silbe an Silbe. Dies würde etwas Gelungenes werden! Man würde sich daran erinnern, würde es noch in Jahrhunderten singen und preisen! Man würde Valka Vahino nicht vergessen.

„Entschuldigen Sie, Sir!“ Eine metallische Stimme schreckte ihn auf, zerriß das feine Gespinst der Verse und trieb sie hinaus in die Nacht des Vergessens und der Unwiederbringlichkeit. Einen Moment lang spürte er nur den Schmerz des Verlustes. Die Unterbrechung hatte etwas Einmaliges zerstört.

„Entschuldigung, Sir, aber Mr. Lombard möchte Sie sprechen!“

Es war die Stimme des Roboters. Lombard selbst hatte ihm das Gerät geschenkt. Natürlich hatte das schimmernde Metallgerät nicht zu den geschnitzten Möbeln und gestickten Gobelins seines Hauses gepaßt. Doch er hatte Lombard nicht beleidigen wollen.

Außerdem war das Ding zweifellos nützlich und praktisch.

Lombard, Leiter der Wiederaufbaukommission — der ranghöchste Mensch im Avaikianischen System —, kam zu ihm. Das schmeichelte Vahino natürlich. Schließlich hätte Lombard ihn ebenso zu sich bitten können. Nur — warum ausgerechnet in dieser Minute?

„Sag Mr. Lombard, ich werde gleich kommen.“

Vahino betrat das Haus durch einen Nebeneingang und zog sich an. Die Menschen hatten nicht diese unbefangene Einstellung zum nackten Körper wie die Cundaloaner. Dann trat er in die Vorhalle. Er hatte dort ein paar Sessel aufstellen lassen, um den Gewohnheiten der Irdischen entgegenzukommen, die sich nicht gern auf eine Matte auf dem Boden hockten. Lombard stand auf, als Vahino eintrat.

Der Mensch war untersetzt und klein. Eine Strähne grauer Haare hing ihm in die gefurchte Stirn. Er hatte einen zähen, beharrlichen Aufstieg hinter sich — vom einfachen Arbeiter zum Hohen Kommissar. Alles in seiner freien Zeit hart erkämpft — durch Selbststudium.