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Würde! Du liebe Güte...

Plötzlich drehte er sich um und machte sich mit schnellen Schritten auf den Rückweg zum Lagerplatz.

»Komm«, sagte er leise, »laß uns aufhören. Wir können ohnehin nichts mehr daran ändern.«

Sie lief hinter ihm her, aufgewühlt wie selten zuvor. »Wir haben doch Pferde. Wir könnten vor den Söldnern im Dorf sein und -«

»Und uns umbringen lassen? Glaubst du wirklich, man würde uns auch nur ein Wort glauben? Die Dorfbewohner würden nur zu Ende bringen, was sie begonnen haben. Und die Söldner würden sie trotzdem töten.« Er schüttelte traurig den Kopf. »Was jetzt geschieht, liegt nicht mehr in unserer Hand.«

Kriemhild senkte schweigend den Kopf, bis sie ihre Feuerstelle und die Pferde erreichten. Wortlos wischte sie sich die Ascheflecken von der Haut, legte dann die beiden Decken auf die Rücken der Tiere und sattelte sie von neuem.

Jodokus sah ihr eine Weile lang zu, dann nickte er nachdenklich. »Ich schätze, ich kann auch nicht mehr schlafen. Wir können ebensogut weiterreiten.«

Das überraschte sie, nachdem er doch gehört haben mußte, was am Ziel ihrer Reise lag. »Willst du immer noch mitkommen?«

»Zu Salomes Zopf? Warum nicht?«

»Du hast keine Angst?«

»Ich habe dir doch gesagt, daß ich keine Angst vorm Tod -«

»Ja«, unterbrach sie ihn scharf, »das hast du.« Sie machte eine kurze Pause, während sie die Riemen der Pferde festzurrte. Dann drehte sie sich mit einem Ruck zu ihm um. »Wirst du mir verraten, womit du die Götter gegen dich aufgebracht hast?«

Er raffte ihre Sachen am Boden zusammen. »Laß uns erst aufbrechen«, sagte er, ohne sie anzusehen. Einen Moment lang hatte Kriemhild den Eindruck, der Buckel an seiner Schulter habe sich unmerklich nach rechts verschoben.

»Ich erzähle dir alles, wenn wir unterwegs sind«, flüsterte er tonlos.

Kapitel 3

Das schwarze Roß schnaubte voller Ungeduld, als sein Reiter die Zügel straffer zog. Der lange dunkle Mantel des Mannes schlug Wellen, während das Tier unter ihm protestierend mit den Hufen scharrte. Es war ebenso unduldsam wie sein Reiter, wenn auch aus eigenen, den Menschen unverständlichen Gründen; der Mann hatte kein Verlangen, sie zu durchschauen. Er zeigte Nachsicht mit jeder Art von Geheimnis. Oft hatte er das Gefühl, er selbst lebe nur für seine eigenen dunklen Mysterien.

Roß und Reiter standen im Dickicht nahe der Furt und blickten aus schwarzglänzenden Augen zum Dorf hinüber. Die riedgedeckten Dächer der Hütten standen in Flammen, finstere Qualmfahnen stiegen zum Himmel empor und verfinsterten Mond und Sterne. Im Osten dämmerte der Tag herauf, doch selbst das ferne Morgenrot verblaßte angesichts des glutgelben Infernos auf beiden Seiten der Dorfstraße. Ganz aus der Nähe ertönte das schrille Kreischen einer Frau, dann folgte ein stumpfer Laut, ein Hieb. Die Schreie verstummten. Zwei Männer taumelten lallend aus einer der letzten unbeschadeten Hütten und zerrten sich im Gehen die Hosen hoch. Einer stolperte über die Leiche eines Bauern und stürzte zu Boden, der andere lachte trunken und half seinem Gefährten auf die Beine.

Die meisten Söldner waren bereits weitergezogen, nur noch ein paar Nachzügler streiften durch die lodernden Ruinen, auf der Suche nach Überlebenden oder ein paar Münzen, die andere übersehen hatten. Sie fanden weder das eine noch das andere. Schätze hatte es hier nie gegeben, nur das, was die Dorfbewohner zum Leben benötigt hatten. Jetzt benötigten sie nichts mehr.

Der einsame Reiter gab seinem Pferd einen sanften Stoß mit der Ferse. Sogleich trug es ihn aus seinem Versteck ins Licht der prasselnden Feuer. Die Straße war übersät mit Toten, die meisten übel zugerichtet.

Der Reiter lenkte sein Pferd in langsamem Trab um ein paar aufgeschlitzte Hunde. Auf einer Weide lag zerstückeltes Vieh, sogar ein paar Hühner waren mit Pfeilschüssen niedergestreckt worden. Der Reiter im schwarzen, wallenden Mantel hatte viele Kriege und Raubzüge miterlebt, und der Anblick des Dorfes und seiner Bewohner vermochte ihn kaum zu berühren. Tod war sein ständiger Begleiter, hier wie anderswo.

Durch den Sehschlitz seines Helmes beobachtete er die betrunkenen Söldner, die ziellos zwischen den Leichen umherstreiften, die eine oder andere mit den Füßen herumrollten und Scherze darüber machten. Ein halbes Dutzend Plünderer hielt sich noch im Dorf auf, die übrigen waren schon weiter nach Westen gezogen, immer dem Weg der Plage nach. Vermutlich hatten die Zurückgebliebenen vor, ihre Kumpane in ein oder zwei Tagen einzuholen.

Die meisten von ihnen waren viel zu betrunken, um zu bemerken, daß ein schwarzer Schatten auf sie fiel.

Das Schwert des Reiters mähte sensengleich durch den Oberkörper des ersten. Der zweite Plünderer wirbelte herum und erkannte voller Entsetzen die finstere Silhouette, die sich ihm von hinten genähert hatte. Mit mehr Glück als Geschick tauchte er unter der Klinge des Angreifers hinweg und wollte sein eigenes Schwert aus der Scheide zerren. Da aber tänzelte das Streitroß des Angreifers schon herum, der Reiter zertrümmerte das Nasenbein des Söldners mit einem heftigen Stiefeltritt. Ein jammervoller Schrei entfuhr der Kehle des Mannes, der letzte Laut, der aus ihr drang - dann wurde sie vom scharfen Stahl des Reiters zerfetzt.

Der Schmerzensschrei hatte die vier übrigen Plünderer alarmiert. Der Vorteil der Überraschung war dahin. Der Gerüstete sprang aus dem Sattel und jagte das Roß mit einem Klaps davon. Breitbeinig, den Schwertgriff mit beiden Händen umfaßt, erwartete er die heranstürmenden Männer.

Der erste beging den Fehler, sich im Suff zu überschätzen. Mit geradewegs vorgestreckter Klinge und einem hohen Kampfschrei auf den Lippen raste er auf den Bezwinger seiner Gefährten zu, hoffte wohl, ihn allein durch seinen lärmenden Auftritt einzuschüchtern. Der Mann im schwarzen Mantel lachte nur voller Hohn, wich flink zur Seite und hieb dem Vorbeitaumelnden die angespitzte Eisenschale seines Ellbogenschutzes ins Kreuz. Kreischend polterte der Verletzte zu Boden, bis sein Gegner ihm den Gnadenstoß gab.

Die drei übrigen verharrten. Zumindest zwei von ihnen hatten sich noch nicht um den Verstand getrunken. Sie wechselten knappe Blicke und Handzeichen. Innerhalb eines Atemzuges kamen sie überein, den Feind von zwei Seiten zugleich anzugreifen. Der dritte Plünderer stand unentschlossen da, wartete ab. Er schwankte leicht, seine Schwertspitze zitterte.

Der Mann in Schwarz erwartete seine Widersacher mit einem Lächeln unter dem schweren Helm. Seine Augen blitzten erwartungsvoll. Sie kommen, dachte er, und sie sterben. Genau wie all die anderen.

Der linke der beiden Angreifer stellte sich einigermaßen geschickt an, und es gelang ihm, mit seinem zweiten Hieb den Arm des Kriegers zu streifen. Die Schwertschneide glitt am Kettenhemd ab, doch einen Augenblick lang brachte der Treffer den Mann aus dem Gleichgewicht. Sofort setzte der zweite Plünderer nach, während der dritte immer noch in einigem Abstand verharrte und sich volltrunken fragte, welchen der Kämpfenden er angreifen sollte.

Die Irritation des schwarzen Kriegers dauerte nur einen Herzschlag lang. Dann duckte er sich unter zwei parallel geführten Schwerthieben, rollte sich über den Rücken ab, sprang zwei Schritte entfernt auf die Beine und warf den flatternden Umhang zurück. Seine beiden Gegner wechselten einen erstaunten Blick, dann zuckte die Klinge ihres Feindes heran und hieb dem einen den Kopf von den Schultern. Der andere taumelte voller Entsetzen zurück, fing sich wieder und warf sich dem Angreifer entgegen. Der Krieger ließ dem Plünderer gerade genug Zeit, seine Niederlage zu begreifen, dann rammte er ihm das Schwert durch die Brust.