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»Wollen Sie damit andeuten, dass er die Edelsteine im Gepäck seiner Schwester versteckt hat?«

»Es sieht so aus, nicht wahr?… Mrs Sutcliffe und alle anderen Engländer wurden noch am selben Tag evakuiert. Sie wurde mit ihrer Tochter im Flugzeug nach Aden gebracht. Soviel ich weiß, kommt sie morgen in Tilbury an.«

Pikeaway nickte.

»Ich rate Ihnen, sie nicht aus den Augen zu lassen«, sagte Mr Robinson.

»Darauf können Sie sich verlassen. Wir haben bereits alles arrangiert«, erwiderte der Colonel.

»Wenn sie die Juwelen hat, ist sie in großer Gefahr.«

Mr Robinson schloss die Augen. »Ich hasse Gewalttaten.«

»Glauben Sie, dass es dazu kommen wird?«

»Gewisse Leute sind interessiert daran – gewisse unerwünschte Elemente – Sie verstehen?«

»Ich verstehe«, erwiderte Colonel Pikeaway finster.

»Das Ganze ist so verwirrend.« Wieder schüttelte Robinson traurig den Kopf.

»Sind Sie aus irgendeinem Grund persönlich interessiert?«, fragte Pikeaway zurückhaltend.

»Ich bin Vertreter einer bestimmten Gruppe, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Wahrheit herauszufinden«, erklärte Mr Robinson in leicht vorwurfsvollem Ton. »Seine Hoheit hat einen Teil der Steine von meinem Syndikat erworben, und ich darf wohl sagen, dass wir sie Prinz Ali zu einem sehr günstigen Preis verkauft haben. Die von mir vertretenen Personen sind an der Auffindung der Juwelen interessiert, und ich bin sicher, dass wir da im Sinne des Verstorbenen handeln. Mehr kann ich im Augenblick nicht sagen. Diese Angelegenheit ist äußerst delikat.«

»Jedenfalls dienen Sie der gerechten Sache«, meinte Colonel Pikeaway lächelnd.

»Der gerechten Sache – zweifellos!« Er machte eine Pause. »Wissen Sie zufällig, wer die Nachbarn von Mrs Sutcliffe im ›Ritz Savoy‹ in Ramat waren?«

»Einen Augenblick – ich glaube, ja. Im Zimmer links von Mrs Sutcliffe wohnte, soviel ich weiß, eine gewisse Angelica de Toredo, eine spanische Tänzerin, die in einem Kabarett auftrat. Vielleicht war sie keine echte Spanierin und auch keine sehr gute Tänzerin – jedenfalls war sie beliebt bei den ›Kunden‹. Auf der anderen Seite soll eine Lehrerin gewohnt haben.«

Mr Robinson nickte wohlwollend. »Es ist immer dasselbe. Ich komme her, um Ihnen etwas mitzuteilen, und dann stellt es sich heraus, dass Sie bereits Bescheid wissen.«

»Nein, nein. Nicht immer«, erwiderte Pikeaway liebenswürdig.

»Wir sind beide nicht schlecht informiert«, bemerkte Mr Robinson.

Ihre Blicke trafen sich. Mr Robinson stand auf und sagte: »Ich hoffe nur, dass wir gut genug informiert sind…«

4

»Ich weiß wirklich nicht, warum es immer regnet, wenn man nach England zurückkehrt«, sagte Mrs Sutcliffe ärgerlich, während sie zum Hotelfenster hinausblickte. »Schrecklich deprimierend!«

»Ich finde es herrlich, wieder zuhause zu sein«, erwiderte Jennifer. »Es ist so schön, die Leute auf der Straße Englisch sprechen zu hören, und ich freue mich schon auf einen wirklich guten Tee mit Butterbrot, Marmelade und richtigem Kuchen.«

»Ich wünschte, du wärst nicht so ein Gewohnheitstier«, seufzte Mrs Sutcliffe. »Welchen Sinn hat es, mit dir zum Persischen Golf zu fahren, wenn du am liebsten zuhause bleibst?«

»Das hab ich nicht gesagt. Ich verreise ganz gern für ein bis zwei Monate, aber in England gefällt es mir dann doch immer am besten.«

»So, und jetzt geh mir bitte mal aus dem Weg, Kind. Ich muss mich davon überzeugen, dass sie das ganze Gepäck nach oben gebracht haben. Heutzutage kann man sich auf niemanden verlassen. Vor dem Krieg war das alles ganz anders, damals gab’s noch ehrliche Menschen. Wenn ich am Hafen nicht so aufgepasst hätte, wäre dieser Mann bestimmt mit meiner grünen Tasche abgezogen. Ein anderer Kerl schien ebenfalls ein Auge auf unser Gepäck geworfen zu haben – ich sah ihn übrigens später noch einmal im Zug. Diese Gepäckdiebe kommen zum Landungssteg, weil sie damit rechnen, dass die Leute nervös sind, vielleicht seekrank waren und deshalb nicht auf ihre Koffer achten.«

»Das bildest du dir ein, Mum. Du hältst alle Leute für unehrlich.«

»Die meisten sind es leider auch«, behauptete Mrs Sutcliffe.

»Nicht in England«, berichtigte die patriotische Jennifer.

»Du hast keine Ahnung, Kind! Das ist es ja gerade – Ausländern traut man nicht über den Weg, aber in England fühlt man sich sicher, und das machen sich die Gauner zu Nutze. So, nun will ich mal nachzählen. Da steht der große grüne Handkoffer, der schwarze, die beiden kleinen braunen und die Reißverschlusstasche; hier sind die Golfschläger, die Stofftasche, das Lederköfferchen und die Tennisschläger… Aber wo ist die grüne Tasche? Ach, hier! Der große Metallkoffer, den wir in Ramat gekauft haben, steht in der Ecke. Ja, scheint alles da zu sein, alle vierzehn Gepäckstücke.«

»Gibt es bald Tee?«, erkundigte sich Jennifer.

»Tee? Es ist doch erst drei Uhr.«

»Ich bin entsetzlich hungrig.«

»Also gut, geh runter und bestell dir deinen Tee. Ich muss mich unbedingt erst ein bisschen ausruhen; dann werde ich nur die Sachen auspacken, die wir heute Abend brauchen. Zu dumm, dass dein Vater uns nicht abholen konnte. Warum musste er gerade heute zu einer Generalversammlung nach Newcastle? Schließlich hat er uns drei Monate nicht gesehen… Es ist dir doch nicht unangenehm, allein in die Hotelhalle zu gehen, Kind?«

»Unangenehm? Warum denn? Ich bin doch kein kleines Kind mehr. Kann ich etwas englisches Geld haben?«

Ihre Mutter gab ihr einen Zehnshillingschein, und Jennifer rauschte mit gekränkter Miene ab.

Das Telefon neben dem Bett läutete. Mrs Sutcliffe ging hinüber und nahm den Hörer ab.

»Hallo? Ja, hier spricht Mrs Sutcliffe…«

In diesem Moment wurde an die Tür geklopft. Mrs Sutcliffe entschuldigte sich, legte den Hörer auf den Nachttisch und ging zur Tür.

Draußen stand ein junger Mann im blauen Overall, der eine Werkzeugtasche bei sich hatte.

»Ich bin der Elektriker, hier soll etwas nicht in Ordnung sein«, erklärte er kurz und bündig.

»So? Dann kommen Sie bitte herein.«

Der Elektriker folgte ihr ins Zimmer.

»Wo ist das Bad?«, fragte er.

»Nebenan. Sie müssen durch das andere Schlafzimmer gehen.«

Sie ging wieder zum Nachttisch und nahm den Hörer in die Hand.

»Entschuldigen Sie bitte was sagten Sie?«

»Ich heiße Derek O’Connor. Darf ich vielleicht zu Ihnen hinaufkommen, Mrs Sutcliffe? Es handelt sich um Ihren Bruder.«

»Um Bob? Haben Sie etwas von ihm gehört?«

»Ja – leider ja.«

»Oh!… Oh, ich verstehe. Bitte kommen Sie herauf. Mein Zimmer ist im dritten Stock, Nummer 310.«

Sie sank auf ihr Bett. Sie wusste bereits, welche Nachricht sie erwartete.

Kurz darauf klopfte es, und ein junger Mann trat ein, der ihr mitfühlend die Hand schüttelte.

»Kommen Sie vom Auswärtigen Amt?«

»Ja, ich bin Derek O’Connor. Mein Chef hat mich gebeten, Ihnen mitzuteilen, dass…«

»… dass er tot ist?«

»Ja. Es tut mir sehr leid, dass ich Ihnen die traurige Nachricht überbringen muss, Mrs Sutcliffe. Ihr Bruder hat mit Prinz Ali Yusuf Ramat verlassen, und das Flugzeug ist in den Bergen abgestürzt.«

»Warum hat man mich nicht eher benachrichtigt? Warum ist mir kein Telegramm aufs Schiff geschickt worden?«

»Weil wir bis vor Kurzem selbst nichts Genaues wussten. Es war uns lediglich bekannt, dass das Flugzeug vermisst wurde, und wir hatten die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Erst jetzt sind die Trümmer gefunden worden. Vielleicht ist es Ihnen ein Trost zu wissen, dass Ihr Bruder innerhalb weniger Sekunden tot gewesen sein muss.«