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Marius räusperte sich. »Gaius Julius, es war wirklich ein reizender Abend. Aber nun bin ich doch recht gespannt zu erfahren, warum ich die ganze Zeit nüchtern bleiben mußte.«

»Ich werde zuerst die Diener hinausschicken«, sagte Caesar. »Der Wein steht hier in unserer Reichweite, und da jetzt die Stunde der Wahrheit gekommen ist, brauchen wir uns nicht mehr so zu mäßigen.«

Marius wunderte sich schon wieder. Er war es gewöhnt, daß die römischen Patrizier ihre Haussklaven mit völliger Nichtbeachtung behandelten. Nicht, daß sie sie schlecht behandelt hätten - sie behandelten sie in der Regel sogar gut, aber sie schienen zu glauben, daß Sklaven ausgestopfte Puppen waren, sobald private Dinge zur Sprache kamen. Marius hatte sich mit dieser Haltung nie anfreunden können. Sein Vater hatte auch immer darauf geachtet, daß die Sklaven hinausgeschickt wurden, wenn über private Dinge gesprochen wurde.

»Es wird furchtbar viel getratscht«, sagte Caesar, als sich die Tür hinter den Sklaven geschlossen hatte. »Und unsere Nachbarn sind auf beiden Seiten sehr neugierig. Marcia hat mir erzählt, daß einige ihrer Freundinnen ihre Sklaven für Gerüchte bezahlen und ihnen sogar ein Geschenk machen, wenn sich die Gerüchte als wahr erweisen! Außerdem sind auch Sklaven denkende und fühlende Menschen, es ist also besser, sie erfahren nichts.«

»Gaius Julius«, sagte Marius warm, »du hättest Konsul werden und dann als unser bedeutendster Konsular zum Zensor gewählt werden müssen.«

»Ich stimme dir bei, Gaius Marius, so hätte es kommen müssen! Aber ich hatte für das höchste Amt nicht das nötige Geld.«

»Ich habe Geld. Bin ich deshalb eingeladen worden? Mußte ich deshalb nüchtern bleiben?«

Caesar sah ihn schockiert an. »Mein lieber Gaius Marius, doch nicht deshalb! Ich gehe schon auf die Sechzig zu! Nein, ich mache mir Gedanken über meine Söhne und, wenn die Zeit gekommen ist, über die Söhne meiner Söhne.«

Marius griff nach dem Weinkrug, füllte seinen leeren Becher mit unverdünntem Wein und nahm einen Schluck. Dann sah er verwundert auf. »War es dieser Wein, den wir den ganzen Abend bis zur Geschmacklosigkeit verwässert haben?«

Caesar lächelte. »Aber nein! So reich bin ich wirklich nicht. Der verdünnte Wein war ein einfacher Landwein. Diesen hier bewahre ich für besondere Anlässe auf.«

»Ich fühle mich geschmeichelt.« Marius sah Caesar aufmerksam an. »Was willst du von mir, Gaius Julius?«

»Hilfe. Im Gegenzug werde ich dir helfen.« Caesar goß sich ebenfalls Wein ein.

»Und wie soll diese gegenseitige Hilfe aussehen?«

»Ganz einfach. Du wirst Mitglied meiner Familie.«

»Was?«

»Ich biete dir eine meiner Töchter an«, sagte Caesar geduldig. »Welche du willst.«

»Ich soll sie heiraten?«

»Ganz recht, heiraten!«

»Was für eine Idee! « Marius erkannte sofort, welche Möglichkeiten sich hier auftaten.

»Man wird dich beachten müssen, wenn du mit einer Julia verheiratet bist«, sagte Caesar. »Zum Glück hast du keine Söhne - und keine Töchter, was das betrifft. Eine Frau, die du in deiner jetzigen Situation heiratest, muß also jung und fruchtbar sein. Jeder wird verstehen, daß du dir eine neue Frau suchst. Aber wenn diese Frau eine Julia ist, wird man dich mit ganz anderen Augen ansehen müssen als bisher, denn sie kommt aus einem der ältesten Patriziergeschlechter, und auch in deinen Kindern wird dann julianisches Blut fließen. Eine Heirat mit einer Julia adelt dich, Gaius Marius. Dein Name wird durch die große dignitas, das öffentliche Ansehen und den Rang einer der erlauchtesten Familien Roms aufgewertet werden. Wir haben kein Geld, aber wir haben dignitas. Das julianische Geschlecht geht auf die Göttin Venus zurück, auf ihren Enkel Julus, der der Sohn ihres Sohnes Aeneas war. Auch du wirst am Glanz unseres Namens teilhaben.«

Caesar stellte seinen Becher ab, lächelte und seufzte. »Ich versichere dir, Gaius Marius, daß es wahr ist! Ich bin zwar nicht der älteste lebende Julier, aber wir bewahren die Wachsbilder in unserem Haus auf, und man kann unsere Familie über tausend Jahre zurückverfolgen. Auch Rea Silvia, die Mutter von Romulus und Remus, war eine Julia! Als sie sich mit Mars vereinigte und die Zwillingssöhne empfing, gaben wir ihrem Sohn Romulus Menschengestalt und schufen damit Rom.« Sein Lächeln wurde breiter. »Wir waren Könige von Alba Longa, der größten Stadt Latiums, die unser Ahnherr Julus gegründet hat. Als die Stadt von den Römern zerstört wurde, führte das Schicksal uns nach Rom und erhöhte uns abermals, um dem römischen Führungsanspruch über die Latiner Gewicht zu geben. Der Priester auf dem Albanerberg ist bis zum heutigen Tag ein Julier.«

Marius atmete vor Ehrfurcht unwillkürlich tief ein, dann hörte er schweigend weiter zu.

Mit ernster Stimme fuhr Caesar fort: »In bescheidenerem Rahmen verfüge auch ich über einigen Einfluß, obwohl ich nie genügend Geld hatte, um mich für ein hohes Amt zu bewerben. Die Wahlmänner kennen meinen Namen. Emporkömmlinge schmeicheln mir - und du weißt ja, wie viele es von ihnen in den Zenturien gibt, die die Konsuln wählen -, und der Adel achtet mich hoch. Meine persönliche dignitas, wie die meines Vaters vor mir, steht außer Frage.«

Gaius Marius konnte seinen Blick nicht von Caesars edlen Gesichtszügen lösen. Dieses Geschlecht ging bis auf Venus zurück, ganz bestimmt! Bis ins letzte Glied hatte es nur schöne Männer und Frauen hervorgebracht, und Schönheit zählte - überall auf der Welt waren blonde Menschen im Vorteil. Wenn er Kinder von einer Julia bekam, waren sie vielleicht ebenfalls blond und hatten lange, römische Nasen.

»Du willst Konsul werden«, sagte Caesar, »das weiß in Rom jeder. Als Prätor in Spanien hast du viele Klienten gewonnen. Leider geht das Gerücht um, du seist selbst ein Klient und deine Klienten seien die Klienten deines Patrons.«

Verärgert zeigte Marius seine kräftigen, weißen Zähne. »Das ist eine Verleumdung! Ich bin niemandes Klient!«

»Ich glaube dir, aber die Leute sind anderer Meinung«, beharrte Caesar, »und das zählt mehr als die Wahrheit. Wer auch nur ein bißchen Verstand besitzt, weiß, wie unsinnig die Behauptung ist, du seist Klient der Familie Herennius. Schließlich ist dieses Geschlecht viel weniger latinisch als deine Familie in Arpinum. Aber es heißt auch, du seist Klient eines Caecilius Metellus, und das klingt weniger unsinnig. Die Familie deiner Mutter Fulcinia ist etruskisch, die Familie deines Vaters hat Besitz in Etrurien, und dort hatten die Meteller schon immer großen Einfluß.«

»Weder ein Marius noch ein Fulcinius hat jemals einen Caecilius Metellus zum Patron gehabt!« sagte Marius aufgebracht. »Die Meteller behaupten das nur, weil sie genau wissen, daß sie es nicht beweisen müssen! «

»Du hast vollkommen recht«, sagte Caesar. »Aber ihr Haß ist gegen dich persönlich gerichtet, und das macht ihre Behauptungen glaubhaft. Die Leute sagen, daß ein so persönlicher Haß nicht erst damals entstanden sein kann, als du sie als Volkstribun an der Nase herumgeführt hast.«

»Durchaus nicht.« Marius lachte bitter.

»Erzähle.«

»Ich habe einmal den kleinen Bruder von Delmaticus in einen Schweinekoben geworfen - den, der nächstes Jahr sicher Konsul wird. Das war in Numantia. Eigentlich waren wir zu dritt, und alle drei sind wir seither mit den Römern, die das Sagen haben, nicht zurechtgekommen.«

»Wer waren die anderen zwei?«

»Publius Rutilius Rufus und König Jugurtha von Numidien.«

»Das erklärt einiges.« Caesar preßte die Fingerspitzen aneinander. »Aber an deinem Namen haftet noch ein anderer Makel, der viel schlimmer ist als die Klientengeschichte, Gaius Marius.«