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Der Verwalter war ein majestätischer Grieche aus Korinth. Er hatte es geschafft, eine gute Ausbildung zu bekommen, und hatte sich dann selbst in die Sklaverei verkauft, in der Hoffnung, reich und irgendwann römischer Bürger zu werden.

»Strophantes, der Herr will sich von mir trennen«, sagte sie ohne Schamgefühle, denn sie empfand keine Scham. »Ich muß bis übermorgen früh ausziehen. Du wirst das Packen übernehmen.«

Der Verwalter zeigte nicht, wie erstaunt er war, sondern verneigte sich lediglich. Er hatte nicht erwartet, daß diese Ehe durch etwas anderes als den Tod geschieden würde, denn sie war eher von einer dumpfen Erstarrung gekennzeichnet gewesen als von jenem bitteren Kampf, der gewöhnlich zu Scheidungen führte.

»Welche Diener willst du mitnehmen, domina?« fragte er. Er war sicher, daß er im Hause bleiben würde, denn er gehörte Gaius Marius, nicht Grania.

»Den Koch auf jeden Fall. Und das gesamte Küchenpersonal, sonst wäre der Koch unglücklich. Dann meine Dienerinnen, meine Schneiderin, meine Friseuse, meine Badesklaven und meine beiden Leibsklaven.« Sonst fiel ihr niemand ein, den sie brauchte und den sie mochte.

»Gewiß, domina.« Strophantes ging. Er konnte es kaum erwarten, der übrigen Dienerschaft die Neuigkeit mitzuteilen. Ganz besonders freute er sich auf das Gesicht des Kochs, wenn er erfuhr, daß er ausziehen mußte. Diesem eingebildeten Meister der Töpfe würde es ganz bestimmt nicht gefallen, daß er Rom gegen Puteoli eintauschen sollte!

Grania betrat ihr geräumiges Zimmer und blickte sich in dem vertrauten Durcheinander um, sah ihre Farben und ihren Nähkasten und die mit Nägeln besetzte Truhe, in der sich die Babyausstattung befand, die sie so hoffnungsvoll zusammengetragen und dann nie benutzt hatte.

Da Römerinnen ihre Möbel weder selbst auswählten noch kauften, würde Marius ihr nichts mitgeben. Ihre Augen hellten sich ein wenig auf, die Tränen versiegten. Gleich morgen würde sie Möbel für ihre neue Villa kaufen gehen! Wie angenehm es war, daß endlich sie auswählen konnte, was ihr gefiel! Morgen würde also ein geschäftiger Tag werden, keine Zeit für Gedanken, keine leeren, traurigen Stunden.

»Berenice!« Als das Mädchen erschien, sagte Grania: »Ich werde jetzt essen. Sag bitte in der Küche Bescheid.«

In dem Durcheinander auf ihrem Arbeitstisch fand sie ein Stück Papier, nach dem Essen wollte sie darauf ihre Einkaufsliste zusammenstellen. Marius hatte doch noch etwas anderes erwähnt - ja, richtig: der kleine Schoßhund. Morgen würde sie einen kleinen Schoßhund kaufen; er würde ganz oben auf ihrer Liste stehen.

Granias Euphorie hielt an, bis sie ihre einsame Mahlzeit fast beendet hatte. Dann schlug der Schock in Trauer um. Sie fuhr sich mit den Händen in die Haare und zerrte und zog wie wild daran. Ihr Mund öffnete sich zu einem langen, schrillen Heulen, die Tränen brachen in Strömen hervor. Die Diener entfernten sich. Einsam heulte sie im Eßzimmer in den golden und purpurrot gewirkten Bezug ihres Sofas.

»Hör dir das an!« sagte der Koch in der Küche bitter. Er war dabei, seine verschiedenen Pfannen, Töpfe und Küchengerate einzupacken. »Warum heult sie denn? Eigentlich muß doch ich ins Exil - sie lebt doch schon seit Jahren im Exil, die blöde alte Kuh! «

Am Neujahrstag wurde die römische Provinz Africa durch ein Dokument der Statthalterschaft des Konsuls Spurius Postumius Albinus unterstellt. Kaum vierundzwanzig Stunden später ergriff Postumius erstmals öffentlich für den Prinzen Massiva von Numidien Partei.

Spurius Albinus hatte einen zehn Jahre jüngeren Bruder mit Namen Aulus Albinus, der seit kurzem dem Senat angehörte und begierig war, sich einen Namen zu machen. Während sich Spurius Albinus eifrig für seinen neuen Klienten Prinz Massiva einsetzte, wurde Aulus Albinus damit beauftragt, Prinz Massiva in der Stadt herumzuführen und allen bedeutenden Römern vorzustellen. Wie die meisten Mitglieder des numidischen Königshauses war auch Massiva ein wohlproportionierter, gutaussehender Semit, der sehr charmant sein konnte und großzügig mit Geschenken war.

Am Ende der ersten Woche des neuen Jahres trug Aulus Albinus dem Senat offiziell den Fall des Prinzen Massiva vor und forderte in dessen Namen den numidischen Thron für den legitimen Zweig der Familie. Es war Aulus Albinus’ Jungfernrede, und es war eine gelungene Rede. Marcus Aemilius Scaurus befürwortete Massivas Anliegen. Dies, sagte er, sei die Antwort auf die lästige Frage, was man mit Numidien anfangen solle. Das Land könne wieder auf den rechten Weg gebracht werden, wenn man dort einen rechtmäßigen König einsetze. Als Spurius Albinus die Sitzung beendete, schien der Senat entschlossen, den herrschenden König abzusetzen und an seiner Stelle Massiva anzuerkennen.

»Das Wasser steht uns bis zum Hals«, sagte Bomilkar zu Jugurtha. »Plötzlich werde ich nicht mehr zum Essen eingeladen, und unsere Agenten finden niemanden mehr, der ihnen auch nur zuhören will. «

»Wann findet die Abstimmung im Senat statt?« fragte der König. Seine Stimme klang ruhig und gelassen.

»Die nächste Sitzung soll am vierzehnten Tag vor den Kalenden des Februars stattfinden - morgen in sieben Tagen.«

Der König richtete sich auf. »Sie werden gegen mich stimmen, nicht wahr?«

»Ja, Herr«, sagte Bomilkar.

»In diesem Fall ist es zwecklos, daß ich weiter versuche, mein Anliegen auf die römische Art durchzusetzen.« Jugurtha schien auf einmal zu wachsen, und eine furchteinflößende Majestät ging von ,hin aus. »Von jetzt ab handle ich auf meine Weise - auf numidische Weise.«

Der Regen hatte aufgehört, eine kalte Sonne schien. Jugurthas Körper verlangte nach den wärmeren Winden Numidiens, nach der freundlichen und uneigennützigen Geborgenheit seines Harems, doch sein Verstand verlangte nach der rücksichtslosen Logik numidischen Handelns.

Ruhelos schritt er den Säulengang auf und ab, der den riesigen Garten umgab. Dann winkte er Bomilkar zu sich und trat mit ihm zu dem laut plätschernden Brunnen in der Mitte des Gartens.

»Hier kann uns nicht einmal ein Vogel hören«, sagte er.

Bomilkar erstarrte und wappnete sich innerlich.

»Massiva muß verschwinden«, sagte der König.

»Hier? Mitten in Rom?«

»Ja, und zwar innerhalb von sieben Tagen. Wenn Massiva tot ist, kann es keine Abstimmung geben. Wir würden Zeit gewinnen.«

»Ich selbst werde ihn töten«, sagte Bomilkar.

Jugurtha schüttelte heftig den Kopf. »Nein, nein! Der Attentäter muß ein Römer sein. Deine Aufgabe ist es, einen Römer zu finden, der die Sache für uns erledigt.«

Bomilkar starrte den König entsetzt an. »Mein Herr und König, wir sind in einem fremden Land! Wir wissen nicht, wo und wie so etwas zu tun ist, und schon gar nicht, wer es tun könnte! «

»Frage einen unserer Agenten. Einem können wir doch wohl vertrauen.«

Bomilkar dachte nach. »Agelastus«, sagte er schließlich. »Marcus Servilius Agelastus, der Mann, der nie lächelt. Sein Vater ist Römer. Marcus ist hier geboren und aufgewachsen, aber mit dem Herzen hängt er an seiner numidischen Mutter, da bin ich ganz sicher.«

»Ich überlasse alles dir. Handle!« Der König entfernte sich über den Gartenpfad.

Agelastus war entsetzt. »Hier? In Rom?«

»Nicht nur hier, sondern auch innerhalb der nächsten sieben Tage«, sagte Bomilkar. »Wenn der Senat zugunsten von Massiva abstimmt - und das wird er sicherlich -, bricht in Numidien der Bürgerkrieg aus.«

»Aber ich habe nicht die geringste Ahnung, wo ich einen Attentäter finden kann!«