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Lucius Decumius zuckte mit keiner Wimper. »Das ist nicht weiter schwer.«

»Nicht schwer?«

»Nein. Für Geld bekommst du in Rom alles, Freund.«

»Dann kannst du mir sagen, wohin ich mich wenden soll?«

»Du brauchst nicht weiter zu suchen, Freund.« Decumius schluckte das letzte Stück Zwiebel hinunter. »Ich würde dem halben Senat die Kehlen durchschneiden, wenn ich dafür statt Zwiebeln Austern zu essen bekäme. Wieviel bringt die Sache denn ungefähr?«

»Wie viele Denare sind in dieser Börse?« Bomilkar leerte sie auf dem Tisch aus.

»Nicht genug.«

»Wie wär’s mit der gleichen Zahl Münzen in Gold?«

Decumius schlug sich klatschend auf die Schenkel. »Jetzt kommen wir der Sache näher! Du hast deinen Partner gefunden, Freund.«

Bomilkars Gehirn raste, jedoch nicht wegen des Weins. Den hatte er in der letzten halben Stunde heimlich auf den Boden geschüttet. »Die Hälfte morgen, die andere Hälfte, wenn der Auftrag ausgeführt ist«, sagte er und wollte die Münzen in die Börse zurückschieben.

Doch eine fleckige Hand mit schmutzigen Nägeln hielt ihn mitten in der Bewegung fest. »Laß das Geld als Vertrauensbeweis hier, Freund. Und komm morgen wieder. Aber warte draußen beim Schrein auf mich. Wir reden dann in meiner Wohnung darüber.«

Bomilkar erhob sich. »Ich werde kommen, Lucius.« Auf dem Weg zur Tür blieb er stehen und starrte in das unrasierte Gesicht des Vereinsvorstehers. »Hast du schon einmal getötet?«

Decumius legte den rechten Zeigefinger an den rechten Nasenflügel. »Reden ist Silber, Schweigen ist Gold, Freund. In der Subura gibt es keine Aufschneider.«

Bomilkar lächelte Decumius zufrieden an und trat in das Menschengewühl der Subura Minor hinaus.

Marcus Livius Drusus feierte seinen Triumph in der Mitte der zweiten Januarwoche. Er war zwei Jahre zuvor Konsul gewesen und zum Statthalter der Provinz Makedonien ernannt worden. Glücklicherweise war seine Statthalterschaft verlängert worden, so daß er einen sehr erfolgreichen Krieg gegen die Skordisker führen konnte, einen geschickten und gut organisierten Keltenstamm, der ständig das römische Makedonien heimsuchte. Es gelang Drusus, einen wichtigen Stützpunkt der Skordisker zu erobern, und dort fand er in einem Versteck einen großen Teil des Skordiskerschatzes. Zwar konnten die meisten Statthalter von Makedonien am Ende ihrer Amtsperiode Triumphe feiern, aber man war sich einig, daß Marcus Livius Drusus diese Ehre mehr verdient hatte als die meisten anderen.

Prinz Massiva war bei den Feierlichkeiten Gast des Konsuls Spurius Postumius Albinus, deshalb wurde ihm im Circus Maximus ein besonders guter Platz zugewiesen, von dem aus er den langen Triumphzug auf seinem Weg durch den Circus verfolgen konnte. Was er sah, versetzte ihn in Erstaunen, obwohl er schon oft gehört hatte, daß die Römer die Kunst spektakulärer Inszenierungen besser als jedes andere Volk beherrschten. Sein Griechisch war natürlich hervorragend, und er hatte alles verstanden, was man ihm vor dem Triumphzug mitgeteilt hatte.

Vom Circus Maximus aus eilten Spurius Albinus und seine Gäste zum Dioskurentempel auf dem Forum Romanum. Die beiden Konsuln und ihre Gäste sollten auf einer Plattform am oberen Ende der Treppe dieses eindrucksvollen Gebäudes sitzen, um von hier den Triumphzug entlang der Via Sacra von der Vella bis hinauf zum Kapitol zu verfolgen. Um den Triumphator nicht zu beleidigen, mußten sie ihre Plätze einnehmen, bevor der Zug ankam.

»Die anderen Magistrate und Senatoren gehen an der Spitze des Zuges«, hatte Spurius Albinus Prinz Massiva erklärt. »Auch die Konsuln des jeweiligen Jahres werden formell eingeladen, am Zug teilzunehmen. Sie werden auch zu dem Fest eingeladen, das der Triumphator danach für den Senat im Tempel des Jupiter Optimus Maximus veranstaltet. Aber es gehört sich nicht, daß sie die Einladungen annehmen. Dies ist der große Tag des Triumphators, er soll die wichtigste Person der Feierlichkeiten mit den meisten Liktoren sein. Deshalb verfolgen die Konsuln die Feierlichkeiten von dieser Tribüne aus. Der Triumphator grüßt sie, wenn er vorbeizieht - doch sie stellen ihn nicht in den Schatten.«

Der Prinz hatte erkennen lassen, daß er verstanden hatte, obwohl er alles sehr verwirrend fand. Im Unterschied zu Jugurtha hatte er keine Erfahrung im Umgang mit Römern.

Als die Konsuln und ihre Gäste an der Stelle anlangten, wo die lange Treppe zum Vestatempel die Via Nova kreuzte, fanden sie ihren Weg durch eine große Menschenmenge versperrt. Hunderttausende von Römern wollten den Triumphzug des Drusus sehen, und die Liktoren hatten Schwierigkeiten, den Ehrengästen den Weg zu bahnen. Bis sie beim Tempel des Castor und Pollux ankamen, hatte sich die Gruppe buchstäblich aufgelöst. Prinz Massiva, der von seinen Leibwächtern begleitet wurde, war so weit zurückgefallen, daß er den Kontakt mit dem Rest der Gruppe völlig verloren hatte.

Massiva war daran gewöhnt, als Hoheit behandelt zu werden, und das grobe, respektlose Benehmen der Menschenmenge machte ihn wütend. Seine Leibwächter wurden beiseite gedrängt, so daß er sie für kurze Zeit aus den Augen verlor.

Auf diesen Augenblick hatte Lucius Decumius gewartet. Er handelte mit absoluter Präzision - schnell, gezielt und für Massiva völlig überraschend. Als die Menge Decumius gegen Prinz Massiva drückte, stieß er seinen scharfen Dolch in die linke Seite des königlichen Brustkorbs und drehte ihn mit einer brutalen Bewegung aufwärts. Er ließ den Griff sofort los, als er spürte, daß die Klinge bis zum Heft im Körper des Prinzen steckte. Noch bevor das Blut herausschießen oder der Prinz aufschreien konnte, hatte Decumius bereits ein Dutzend Menschen zwischen sich und sein Opfer gebracht. Doch Prinz Massiva schrie nicht auf, er fiel auf der Stelle um. Als seine Leibwächter zu ihm vorgedrungen waren, eilte Decumius schon über das untere Forum zum sicheren Hafen des Argiletum.

Volle zehn Minuten vergingen, bis jemand auf den Gedanken kam, Spurius Albinus und seinen Bruder Aulus zu benachrichtigen, die bereits auf dem Podium des Tempels ihre Plätze eingenommen hatten. Liktoren sperrten den Tatort ab, die Menge wurde zurückgedrängt. Spurius und Aulus Albinus blickten erschrocken auf den ermordeten Prinzen, dessen Tod ihre Pläne durchkreuzt hatte.

»Das muß jetzt warten«, sagte Spurius schließlich. »Es wäre beleidigend für Marcus Livius Drusus, wenn wir seinen Triumph störten.« Die Leibwache des Prinzen bestand aus angeheuerten römischen Gladiatoren. Spurius wandte sich an ihren Anführer und befahclass="underline" »Tragt Prinz Massiva in sein Haus und wartet dort auf mich.«

Aulus reagierte auf das Unglück nicht so phlegmatisch wie sein Bruder. »Jugurtha! « zischte er. »Jugurtha hat es getan! «

»Das wirst du niemals beweisen können«, seufzte Spurius.

Sie stiegen die Treppen zum Tempel des Castor und Pollux wieder hinauf und nahmen ihre Sitze in dem Moment ein, als die ersten Magistrate und Senatoren auftauchten. Langsam kam die Prozession hinter dem mächtigen Bau des Domus Publicus hervor, in dem die Vestalinnen und der Pontifex Maximus wohnten, um dann majestätisch hangabwärts zu jener Stelle zu ziehen, an der die Via Sacra neben dem Rund des Comitiums endete. Spurius und Aulus Albinus beobachteten den Triumphzug, als hätten sie an nichts anderes zu denken als an das prächtige Schauspiel zu Ehren des Marcus Livius Drusus.

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Bomilkar und Lucius Decumius trafen sich ganz offen und deshalb um so unauffälliger. Sie standen nebeneinander an der Theke einer belebten Imbißstube an der oberen Ecke des Großen Marktplatzes und bestellten mit Knoblauchwurst gefüllte Pasteten.

»Genau der richtige Tag für so etwas, Freund«, sagte Lucius Decumius.

Bomilkar atmete tief ein. Er trug einen Mantel mit Kapuze, der ihn fast völlig verbarg. »Ich hoffe, der Tag bleibt so schön«, sagte er.