Выбрать главу

»Das kann ich dir zwar nachfühlen, aber wir sollten uns lieber zurückhalten. Was wollte er?«

»Er will für das Konsulat kandidieren.«

»Wenn überhaupt Wahlen stattfinden! Wie kommen diese beiden Narren nur auf die Idee, sich noch einmal als Volkstribunen aufstellen zu lassen? Das ist schon den Gracchen schlecht bekommen.«

»Das dürfte die Wahlen der Zenturien und die Wahlen der Plebs eigentlich nicht beeinflussen«, meinte Rutilius Rufus.

»Aber es wird sie beeinflussen! Unsere beiden Wiederbewerber werden ihre Kollegen dazu bringen, gegen jede Wahl ein Veto einzulegen. Du weißt doch, wie die Volkstribunen sind - wenn sie einmal Blut gerochen haben, kann sie niemand mehr aufhalten.«

Rutilius mußte lachen. »Ich sollte ja eigentlich wissen, wie Volkstribunen sind! Ich war einer der schlimmsten. Und du warst nicht besser, Gaius Marius!«

»Na ja... «

»Die Wahlen werden stattfinden, mach dir keine Sorgen«, sagte Rutilius Rufus gelassen. »Ich vermute, daß die Volkstribunen vier Tage vor den Iden des Dezember gewählt werden. Alle anderen Wahlen werden gleich nach den Iden stattfinden.«

»Und Metellus Schweinebacke wird Konsul werden«, sagte Marius.

Rutilius Rufus beugte sich vor. »Er weiß etwas.«

»Ich glaube, du hast recht, alter Freund. Er weiß etwas, das wir nicht wissen. Aber was?«

»Jugurtha. Er plant einen Feldzug gegen Jugurtha.«

»Er hat mir angeboten, in seinem Heer erster Legat zu werden.«

»Das hat er mir auch angeboten.«

Die beiden Männer sahen sich an und grinsten.

»Wir müssen so schnell wie möglich herausfinden, was los ist.« Marius stand auf. »Wirst du sein Angebot annehmen?«

»Unter der Bedingung, daß du sein Angebot auch annimmst, Gaius Marius.«

»Abgemacht!«

Rutilius brachte Gaius Marius zur Haustür. »Wie geht es Julia? Ich werde sie in absehbarer Zeit nicht besuchen können.«

Marius strahlte. »Wunderbar - wunderschön - einfach herrlich!«

»Du alter Lustmolch«, lachte Rutilius und schob Marius durch die Tür. »Halte die Ohren auf, während ich weg bin, und schreibe mir, sobald du etwas erfährst.«

»Das werde ich. Gute Reise.«

Julia war schwanger und freute sich darüber. Nur Marius’ übertriebene Fürsorge störte sie.

»Wirklich, Gaius Marius, es geht mir doch ausgezeichnet«, sagte sie unzählige Male. Es war jetzt November, das Kind wurde im März erwartet.

»Bist du sicher?« fragte Marius ängstlich.

»Jetzt geh schon, bitte!« Sie lächelte.

Beruhigt ließ Marius sie mit den Sklaven in ihrem Zimmer allein und ging in sein Arbeitszimmer. Er mußte nachdenken.

Zum Beispiel über die Ereignisse in der Provinz Africa. Er setzte sich an seinen Schreibtisch, zog Papier hervor und verfaßte in seinem schlichten, schmucklosen Stil einen Brief an Publius Rutilius, der inzwischen in Tarsus angekommen war.

Ich nehme an jeder Versammlung des Senats und der Plebs teil, und es sieht so aus, als würden bald Wahlen stattfinden. Wird auch höchste Zeit. Wie Du vorausgesagt hast, vermutlich vier Tage vor den Iden des Dezember. Publius Licinius Lucullus und Lucius Annius beginnen zu wanken. Ich glaube nicht, daß sie es schaffen werden, sich für eine zweite Wahlperiode als Volkstribunen aufstellen zu lassen.

In Africa ist bisher alles ruhig geblieben. Allerdings berichten unsere Kundschafter, daß Jugurtha ein großes Heer aushebt und ausbildet - und zwar nach römischen Methoden! Aber als Spurius Albinus vor gut einem Monat nach Rom zurückkehrte, um die Wahlen abzuhalten, war es mit der Ruhe vorbei. Er erstattete dem Senat Bericht und erklärte, er habe sein eigenes Heer auf drei Legionen beschränkt. Eine Legion bestehe aus africanischen Hilfstruppen, eine aus römischen Truppen, die in der Provinz Africa stationiert seien, die dritte Legion habe er letztes Frühjahr aus Italien mitgebracht. Diese letzte Legion sei noch nicht kampferprobt. Spurius Albinus scheint nicht nach Schlachtenruhm zu gieren, ganz im Unterschied zu Metellus Schweinebacke.

Aber eine Nachricht ärgerte unsere ehrbaren Senatskollegen wirklich: daß nämlich Spurius Albinus für die Dauer seiner Abwesenheit seinen kleinen Bruder Aulus Albinus zum Statthalter der Provinz Africa und zum Oberbefehlshaber der dortigen Truppen ernannt hat! Unsere römische Provinz Africa wird also während der Abwesenheit des Statthalters von einem dreißigjährigen Hitzkopf regiert, der weder über Erfahrung noch über sonderlich viel Intelligenz verfügt. Marcus Scaurus sprühte Funken vor Wut. Aber es ist nun einmal geschehen.

Der Brief war bereits unterwegs, als die Wahlen stattfanden. Marius hatte damit gerechnet, daß Rutilius Rufus zu Beginn des neuen Jahres wieder in Rom sein würde. Doch dann traf ein Brief von Rutilius ein, in dem dieser berichtete, Panaitios’ Zustand habe sich wider Erwarten leicht gebessert, er wolle aber trotzdem bis Frühjahr in Tarsus bleiben.

Marius schrieb deshalb gegen Ende des Jahres einen weiteren Brief an seinen Freund nach Tarsus.

Du hast nie daran gezweifelt, daß Schweinebacke zum Konsul gewählt werden würde, und Du hast recht behalten. Volk und Plebs haben vor den Zenturien gewählt, und beide Male gab es keine Überraschungen. Die Quästoren haben am fünften Tag des Dezember ihre Ämter angetreten, die neuen Volkstribunen am zehnten Tag. Der einzige interessante unter den neuen Volkstribunen ist Gaius Mamilius Limetanus. Ach ja, auch drei der neuen Quästoren sind recht vielversprechend - zwei davon sind unsere berühmten jungen Redner Lucius Licinius Crassus und sein bester Freund, Quintus Mucius Scaevola. Den dritten finde ich noch interessanter: ein sehr frecher, dreister Junge namens Gaius Servilius Glaucia. Man sagt, er sei der beste Ankläger, den Rom je hervorgebracht habe. Ich mag ihn nicht.

Schweinebacke hat die Wahl der Zenturien mit den meisten Stimmen gewonnen, deshalb wird er im nächsten Jahr Konsul sein, aber Marcus Junius Silanus lag nicht weit zurück. Übrigens war das eine konservative Wahl. Unter den sechs Prätoren ist nicht ein homo novus, statt dessen sind zwei Patrizier dabei und ein Patrizier, der von einer Plebejerfamilie adoptiert wurde - Quintus Lutatius Catulus Caesar. Soweit der Senat betroffen ist, war es also ein erstklassiges Wahlergebnis.

Und dann, mein lieber Publius Rutilius, schlug der Blitz ein. Anscheinend glaubte Aulus Albinus Gerüchten, daß ein riesiger Schatz in der numidischen Stadt Suthul versteckt sei. Er wartete gerade so lange, bis er sicher sein konnte, daß sich sein Bruder, der Konsul, unwiderruflich auf dem Rückweg nach Rom befand, dann fiel er in Numidien ein! An der Spitze dreier jämmerlicher, unerfahrener Legionen, stell Dir das vor! Die Belagerung von Suthul blieb natürlich erfolglos - die Einwohner schlossen einfach die Tore und lachten ihn von ihren Mauern herab aus. Und was tat Aulus Albinus? Statt einzusehen, daß er nicht einmal zu einer kleinen Belagerung fähig war, geschweige denn zu einem richtigen Feldzug, gab er die Belagerung auf und marschierte tiefer in das westliche Numidien hinein! An der Spitze seiner drei jämmerlichen, unerfahrenen Legionen. Jugurtha griff ihn irgendwo in der Nähe der Stadt Calama an. Er schlug Aulus Albinus so vernichtend, daß der kleine Bruder unseres Konsuls bedingungslos kapitulierte. Jugurtha zwang alle Römer und alle Legionäre der Hilfstruppen, unter dem Joch durchzugehen. Dann mußte Aulus Albinus einen Vertrag unterschreiben, in dem Jugurtha alles zugestanden wurde, was der Senat ihm zuvor verweigert hatte!

Die Nachrichten über diese Ereignisse erhielten wir nicht von Aulus Albinus, sondern von Jugurtha. Er sandte eine Abschrift des Vertrags an den Senat und fügte einen Brief bei, in dem er sich in scharfem Ton über das verräterische Verhalten der Römer beschwert. Sie hätten ein friedfertiges Land überfallen, das nicht einmal einen Finger gegen Rom erhoben habe. Den Brief sandte Jugurtha direkt an seinen ältesten Feind, an Marcus Aemilius Scaurus in seiner Eigenschaft als Senatsvorsitzender. Scaurus raste vor Wut! Er berief umgehend eine Senatssitzung ein und zwang Spurius Albinus, vieles zu enthüllen, was dieser so listig hatte verbergen wollen, zum Beispiel die Tatsache, daß er über die Pläne seines kleinen Bruders doch mehr gewußt hatte, als er hatte zugeben wollen. Die Senatoren waren entsetzt.