Выбрать главу

Besonders demütigend war natürlich, daß Jugurtha das römische Heer unter das Joch gezwungen hatte. Diese Schmach erregt unweigerlich die gesamte Stadt, vom gemeinsten bis zum vornehmsten Mann. Auch ich fühlte mich so betroffen, so erniedrigt, so am Boden zerstört wie der römischste Römer. Unglaubliche Szenen haben sich abgespielt: In Schwarz gekleidete Menschen weinten und rauften sich die Haare, viele Ritter haben die schmalen Streifen an ihrer Tunika abgelegt, die Senatoren trugen statt breiter nur noch schmale Streifen, der Platz vor dem Bellona-Tempel war mit Opfergaben überfüllt, die bewirken sollen, daß Jugurtha bestraft wird. Fortuna hat Metellus einen wunderbaren Feldzug für das nächste Jahr beschert, und Du und ich werden dabei kräftig mitreden, vorausgesetzt, wir können uns an Schweinebacke als Feldherr gewöhnen.

Der neue Volkstribun Gaius Mamilius will Aulus Albinus wegen Hochverrat hinrichten lassen und fordert, auch Bruder Spurius Albinus solle wegen Hochverrat angeklagt werden, weil er so dumm gewesen sei, Aulus für die Dauer seiner Abwesenheit zum Statthalter zu ernennen. Mamilius fordert die Einsetzung eines Sondergerichts. Er will alle Römer anklagen, die jemals mit Jugurtha zweifelhafte Geschäfte gemacht haben, und zwar rückwirkend von der Zeit des Lucius Opimius. In Anbetracht der Stimmung unserer patres conscripti wird er sich wahrscheinlich durchsetzen. Alle meinen, das Heer und sein Feldherr hätten lieber kämpfend sterben sollen, als eine solche Schmach wie das Joch über sich ergehen zu lassen. In diesem Punkt bin ich natürlich anderer Meinung, und Du vermutlich auch. Ein Heer kann noch so stark sein - es ist immer nur so gut wie sein Befehlshaber.

Der Senat verfaßte ein förmliches Schreiben an Jugurtha, in dem stand, Rom könne und wolle diesen Vertrag nicht anerkennen. Der Vertrag sei einem Mann aufgezwungen worden, dem der Senat und das Volk von Rom weder Handlungsbefugnis noch Befehlsgewalt verliehen hätten, ein Heer zuführen, eine Provinz zu regieren oder einen Vertrag zu schließen.

Schließlich erhielt Gaius Mamilius von der Versammlung der Plebs den Auftrag, ein Sondergericht einzuberufen. Vor diesem Gericht werden alle des Hochverrats angeklagt, die im Verdacht stehen, mit Jugurtha irgend etwas zu tun gehabt zu haben. Ausnahmsweise unterstützte der Senat den Beschluß der Plebs. Scaurus ist bereits eifrig damit beschäftigt, eine Liste der Männer zusammenzustellen, die angeklagt werden sollen, und Gaius Memmius hilft ihm mit dem größten Vergnügen. Die Gefahr, vor dem Sondergericht verurteilt zu werden, ist viel größer als bei den bisherigen Verfahren vor der Zenturienversammlung. Bisher stehen die Namen Lucius Opimius, Lucius Calpurnius Bestia, Gaius Porcius Cato, Gaius Sulpicius Galba, Spurius Postumius Albinus und sein Bruder zur Diskussion. Die Familienbande beginnen bereits zu wirken: Spurius Albinus hat eine ansehnliche Schar von Advokaten um sich versammelt. Sie sollen im Senat argumentieren, daß gegen seinen jüngeren Bruder Aulus keine rechtmäßige Anklage erhoben werden könne, denn was immer er getan habe, er habe doch nie Befehlsgewalt besessen. Wenn er damit, wie ich erwarte, durchkommt, kann der Hauptschuldige Aulus Albinus, der sich dem Joch gebeugt hat, seine Karriere unbeschadet fortsetzen!

Übrigens: Scaurus wird einer der drei Vorsitzenden der Kommission des Mamilius sein, wie das neue Gericht heißt.

Und damit geht das alte Jahr zu Ende. Ein ereignisreiches Jahr Nachdem ich die Hoffnung bereits aufgegeben hatte, tauche ich nun doch wieder auf der Bildfläche der römischen Politik auf, dank meiner Heirat mit Julia. Sogar Metellus Schweinebacke umwirbt mich, und Männer, die mich vorher nie bemerkt haben, sprechen mit mir als einem Gleichgestellten. Komm bald zurück, und paß auf der Heimreise gut auf Dich auf.

Das zweite Jahr 

(109 v. Chr.)

Unter den Konsuln

QUINTUS CAECILIUS METELLUS

und MARCUS JUNIUS SILANUS

Panaitios starb Mitte Februar in Tarsus, und Publius Rutilius Rufus blieb nur wenig Zelt bis zum Beginn des Feldzugs. Ursprünglich hatte er den Großteil seiner Reise zu Land zurücklegen wollen, aber nun zwang ihn die Eile, den Seeweg zu wählen.

»Ich habe unverschämtes Glück gehabt«, sagte er am Tag nach seiner Ankunft in Rom zu Gaius Marius. Er hatte es gerade noch vor den Iden des März geschafft. »Diesmal blies der Wind tatsächlich einmal in die richtige Richtung.«

Marius grinste. »Ich sage dir, Publius Rutilius, nicht einmal Vater Neptun würde es wagen, Schweinebackes Pläne zu durchkreuzen! Du hast übrigens noch in anderer Hinsicht Glück gehabt. Wärst du in Rom gewesen, wäre dir die unerquickliche Aufgabe zugefallen, Soldaten bei den italischen Bundesgenossen anzuwerben.«

»Das hast dann wohl du getan?«

»Ja, schon seit Anfang Januar, als das Los Metellus dazu bestimmte, den Krieg gegen Jugurtha zu führen. Es war allerdings nicht schwierig, Rekruten anzuwerben. Ganz Italien brennt auf Rache für die Beleidigung, die Jugurtha uns zugefügt hat, als er unsere Soldaten unter das Joch zwang. Aber Männer von der richtigen Sorte werden allmählich rar.«

»Dann wollen wir hoffen, daß die Zukunft keine militärischen Katastrophen für Rom mehr bereithält«, sagte Rutilius Rufus. »Wie hat sich unser Freund Schweinebacke dir gegenüber benommen?«

»Eigentlich ganz anständig«, sagte Marius. »Er hat mich am Tag nach seinem Amtsantritt aufgesucht und war immerhin so freundlich, mich offen über seine Motive aufzuklären. Ich fragte ihn, warum er mich wolle und warum dich, trotz der Geschichte damals in Numantia. Er sagte, Numantia sei ihm völlig egal. Er wolle den Krieg in Africa gewinnen, und wir beide seien am ehesten in der Lage, Jugurthas Strategie zu durchschauen.«

»Das ist ein schlauer Gedanke«, sagte Rutilius Rufus. »Als Heerführer wird er den Ruhm ernten. Was schert es ihn, wer den Krieg für ihn gewinnt, solange er im Triumphwagen fahren und den Beifall einheimsen kann? Der Senat wird dann weder dir noch mir den Ehrennamen Numidicus anbieten, sondern natürlich ihm!«

»Na ja, er hat ihn auch nötiger als wir. Metellus Schweinebacke ist ein Caecilius, Publius Rutilius! Und das heißt, sein Kopf herrscht über sein Herz, vor allem, wenn es um seine eigene Haut geht.«

»Sehr treffend formuliert«, sagte Rutilius Rufus anerkennend.

»Er versucht bereits jetzt, vom Senat eine Verlängerung seines Kommandos in Africa bis in das nächste Jahr hinein zu bekommen.«

»Weil er Jugurtha kennt und weiß, daß es nicht leicht sein wird, Numidien zu unterwerfen. Wie viele Legionen nimmt er mit?

»Vier. Zwei römische, zwei italische.«

»Und dazu die Truppen, die bereits in Africa stationiert sind sagen wir, noch einmal zwei Legionen. Damit sollten wir es schaffen, Gaius Marius.«

»Das denke ich auch.«

Marius stand von seinem Schreibtisch auf und schenkte Wein ein.

»Was sind das für Gerüchte über Gnaeus Cornelius Scipio?« fragte Rutilius Rufus. Er konnte Marius den Becher gerade noch rechtzeitig aus der Hand nehmen, denn Marius bekam einen Lachanfall und verschüttete seinen eigenen Wein.

»Ach Publius Rutilius, es war herrlich! Ich staune immer wieder über die Schrullen des alten Adels. Da war also Scipio als Prätor gewählt und mit dem Amt des Statthalters für Hispania Ulterior betraut worden, als das Los für die Provinzen der Prätoren geworfen wurde. Und was macht er? Er erhebt sich und schlägt feierlich die Ehre aus, Statthalter von Hispania Ulterior zu werden. ›Warum?‹ fragte Scaurus erstaunt. Scipio antwortete mit geradezu rührender Aufrichtigkeit: ›Weil ich die Provinz ausplündern würde bis zum Letzten.‹ Der ganze Senat tobte, es gab Hochrufe, brüllendes Gelächter, Beifall und Getrampel. Als sich der Lärm endlich gelegt hatte, sagte Scaurus nur: ›Ich muß dir zustimmen, Gnaeus Cornelius, das würdest du wirklich.‹ Jetzt schicken sie Quintus Servilius Caepio als Statthalter nach Hispania Ulterior.«