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Menicius aus Port Kar würde natürlich das Ubar-Rennen für die Gelben reiten. Sein Tier war das beste aus ihrem Stall und trug den Namen Pfeil, ein starkes Tier, sehr schnell, mit rötlichem Gefieder. Ich hielt den Tarn für einen respektablen Gegner, vor dem ich mich in acht nehmen mußte.

Aber mein Ubar des Himmels, dessen Name nun für die Stählernen angeschlagen wurde, war ihm bestimmt überlegen.

Die Rennen zwischen den Stählernen und den Gelben standen, gleich.

Das Ubar-Rennen würde die Tagessiege entscheiden, über den Sieg beim Liebesfest und mehr oder weniger auch über den Ausgang der Saison.

Ich blickte zur Loge des Ubar hinüber und zum Thron des Höchsten Wissenden der Stadt, Complicius Serenus. Beide hatten die Farben der Grünen über ihre Logen drapiert. Ich fragte mich, ob Cernus schon Nachricht von den Ereignissen im Stadion der Klingen hatte.

Ich trat zur Anzeigetafel, wo hinter dem Namen des Ubar des Himmels noch kein Reiter eingetragen war.

»Gladius aus Cos reitet diesen Vogel«, sagte ich.

Die Menge brüllte, als der Mann hastig meinen Namen anbrachte.

Nervöse Blicke von den Buchmachern, die schnell noch ihre Wetten änderten.

Menicius aus Port Kar stand auf der Plattform, auf der sein Tarn unter seiner Kappe wartete. Er war von einer Wache der Taurentianer umgeben.

Ich rief ihm zu; »Gladius aus Cos«, sagte ich, »möchte nach dem Rennen mit Menicius aus Port Kar sprechen!«

»Verschwinde!« rief der Mann.

»Menicius aus Port Kar war im En'Var des letzten Jahres in Ko-ro-ba, nicht wahr?«

Menicius' Knöchel wurden weiß, als er seine Zügel umfaßte.

Ich nahm das kurze Messer aus dem Gürtel und hielt es hoch.

»Er erinnert sich bestimmt an einen Krieger aus Thentis«, bemerkte ich.

»Ich habe keine Ahnung, was du meinst«, knurrte Menicius.

»Vielleicht erinnert er sich tatsächlich nicht, denn er hat wohl kaum mehr als den Rücken des Mannes gesehen.«

»Vertreibt ihn!« brüllte Menicius.

»Ein Mannschaftsstreifen der Grünen ließ sich einen Tag oder auch nur eine Stunde vorher mühelos auf der Brücke verstecken. Der Mordstreich erfolgte zweifellos vom Rücken eines Tarn aus, eines Renntarn, der sich zwischen den Brücken leicht manövrieren läßt.«

»Du bist ja wahnsinnig!« rief Menicius aus Port Kar. »Tötet ihn!«

»Jeder, der sich bewegt«, sagte der Wächter hinter mir, »bekommt einen Pfeil zu schmecken.«

Die Taurentianer rührten sich nicht.

Ein Helfer nahm dem Tarn der Gelben die Haube ab. Pfeil hob den Kopf, kreischte die Sonne an und sprang auf die erste Startstange.

Mein Tarn, der noch auf der Plattform unter der vierten Stange stand, wurde nun ebenfalls startbereit gemacht. Die Menge schrie auf, wie immer, wenn sie den riesigen Kopf erblickte, den bösartig geschwungenen Schnabel, die mächtige Federkrone, die Runden, blitzenden Augen. Ein Helfer löste die Fußfessel des Tiers, das sofort auf die Stange sprang und den Schrei eines Bergtarn ausstieß, schrill, wild, herausfordernd.

»Aufsteigen!« rief der Armbrustschütze, und ich setzte mich in Bewegung. Jetzt fehlte mir Mip am Steigbügel, sein aufmunterndes Grinsen, seine Ratschläge, seine Anregungen, der letzte Schlag gegen den Schenkel.

Ich schaute zu Menicius aus Port Kar hinüber. Er wich meinem Blick aus und beugte sich über den Nacken seines Vogels.

Ich sah, daß er wieder ein Messer im Gürtel trug. In der Rechten schwang er den Tarnstab. Ich bemerkte an seinem Sattel ein zusammengerolltes Peitschenmesser, wie es in Port Kar benutzt wird.

Es handelt sich um eine lange Peitsche, deren Spitze mit zwanzig schmalen Klingen versehen ist.

Ich bemerkte, daß Taurentianer die Reihe der anderen Reiter abschritten und ihnen etwas mitteilten. Einige Reiter machten Einwände und schüttelten die Fäuste.

»Es ist sicher ratsam«, sagte der Wächter, der an meinem Steigbügel stand, »in diesem Rennen nicht zu weit zurückzufallen.«

Ein Taurentianer brachte Menicius aus Port Kar einen kleinen in Seide eingeschlagenen Behälter, den er sich in den Gürtel steckte.

»Schau«, sagte ich zu meinem Begleiter und deutete auf andere Taurentianer, die mit ihren Armbrüsten in der Menge verschwanden.

»Keine Sorge«, erhielt ich zur Antwort. »Unsere Leute stehen bereit.«

Menicius aus Port Kar schien sich nun beruhigt zu haben; ein grausames Lächeln spielte um seine Lippen. Er starrte herausfordernd zu mir herüber.

Zu meiner Überraschung mußte ich feststellen, daß die Polsterung der Rennringe entfernt worden war und die Ringe nun mit klingengleichen Schmalkanten in der Sonne schimmerten. Diese Vorrichtungen wurden normalerweise nicht bei Rennen benutztet sondern nur bei Vorführungen, bei denen es um Mut und Geschicklichkeit ging.

Die Menge protestierte.

Die Reiter starrten sich ratlos an. Nur Menicius und ich blickten starr nach vorn.

Ich wandte mich an den Bogenschützen. »Bring mir aus meiner Kiste die Bola der Tuchuks, das Kaiilalasso und die Quiva.«

Der Mann bückte sich und warf mir ein Bündel zu. »Wir haben alles hier.«

Ein Angehöriger der Stählernen, der vorhin bereits einen Sieg errungen, hatte, eilte herbei. »Tarnmänner warten draußen vor dem Stadion! Es handelt sich um Taurentianer, allerdings nicht in Uniform!«

Das hatte ich erwartet. Diese Männer waren zweifellos bei dem Überfall auf die Karawane der hinrabischen Familie beteiligt gewesen. »Bringt mir noch den kleinen Hornbogen der Tuchuks und die Pfeile der Wagen Völker.« »Auch das haben wir hier«, sagte der Armbrustschütze.

»Wie ist das möglich?« fragte ich verblüfft.

»Mip hat uns Bescheid gegeben. Er wußte, was für ein Rennen das werden würde.«

Ein Wächter griff unter seinen Umhang und warf mir Bogen und Köcher zu. Mit schnellen Bewegungen spannte ich den kleinen, handlichen Tuchukbogen und befestigte den Köcher am Sattel neben dem Lasso und der Bola. Außerdem trug ich mein Schwert und das Mordmesser, das ich aus Mips Rücken gezogen hatte. Schließlich ruhte in meinem Gürtel die Doppelklinge der Quiva, das Sattelmesser der Tuchuks.

Eine Glocke schrillte und das Seil, das vor den Tarn gespannt war, wurde fortgerissen.

Alle Tarns mit Ausnahme des meinen zuckten von den Stangen und rasten auf den ersten Seitenring zu.

»Halt« hatte ich gebrüllt, und das gewaltige Ungeheuer, auf dessen Rücken ich saß, war auf der Stange sitzen geblieben, wenn es auch vor Erregung zitterte.

Rufe des Entsetzens wurden auf den Rängen laut. Ich warf einen Blick auf die Loge Cernus', des Ubar von Ar, und grüßte spöttisch zu ihm hinüber.

Er umklammerte die Seitenlehnen seines Throns und starrte mich an.

»Reite los!« brüllte der Armbrustschütze hinter mir.

»Reite los!« brüllten die anderen Angehörigen der Stählernen Mannschaft.

Schon näherten sich die anderen Vögel der ersten Wende.

Ich warf einen Blick auf die Masten mit den Tarnköpfen, zwanzig Köpfe, die zwanzig Runden ankündigten. Das Ubar-Rennen ist das längste und anstrengendste aller Rennen. Sein Preis ist der größte – es geht um tausend Doppel-Tarns in Gold.

Ich lachte und beugte mich im Sattel vor. »Fliegen wir«, sagte ich, »Ubar des Himmels.«

Mit einem wilden Schrei und dem Knallen der gewaltigen schwarzen Flügel setzte sich der Kriegstarn aus Ko-ro-ba in Bewegung. Ich beugte mich über den Hals des Tiers, und der Wind zerrte an der Maske vor meinem Gesicht und an meinen Kleidern. Die Ränge zuckten als waagrechte Linien an mir vorbei, aufblitzende Farbpunkte blieben zurück. Ich jauchzte innerlich auf.

Ich wollte, daß sich die Tarns vor mir auseinanderzogen, so daß ich sie – wenn das überhaupt möglich war – einzeln passieren konnte. Ich war sicher, daß alle Reiter aus der Loge des Cernus Befehl bekommen hatten, darauf zu achten, daß ich nicht siegte. Für einen einzelnen Tarn war es wohl schwierig, einen Ring zu blockieren, doch zwei miteinander konnten das gut schaffen. Indem ich nicht gleich die Spitze übernahm – was ich ohne weiteres vermocht hätte –, hoffte ich auch den Eingriff der anderen Tarnreiter von außerhalb hinauszuzögern, die bestimmt erst vorrücken würden, wenn Menicius' Sieg gefährdet schien. Schließlich wollte ich so lange wie möglich hinter Menicius aus Port Kar bleiben; ich hatte wenig Lust, ihn mit seinem Peitschenmesser in meinem Rücken zu wissen.