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Kurz vor Vollendung der ersten Runde fegte ich an dem letzten Tarn vorüber, der keiner bestimmten Mannschaft angehörte und dessen Reiter mir überrascht nachstarrte.

Die Menge brüllte auf.

Der Lärm warnte den Reiter des achten Vogels, eines Goldenen, und er beugte sich tief in den Sattel, warf einen Blick über die Schultern und sah mit blitzenden Augen den Riesentarn auf sich zukommen.

Zum Erstaunen des Publikums riß er sein Tier herum, einen seltenen, herrlich gefiederten Dschungeltarn aus den tropischen Bereichen des Cartius, um mir den ersten der rechten Mittelringe zu versperren. Der Vogel schwebte mit erhobenen Krallen fast reglos vor dem Ring.

Mein Tarn prallte wie ein kreischender Säbel gegen ihn, fetzte ihn herab, strebte weiter. Ich schaute nicht zurück.

Dem Publikum schien es die Sprache verschlagen zu haben.

Der siebente Reiter, der wiederum keiner Mannschaft angehörte,war ein Veteran der Rennen und blockierte mich mit großem Geschick. Ich versuchte, seine Taktik zu durchschauen, versuchte, hinter seinen Rhythmus zu kommen, als er mir immer wieder auswich. Wir rasten an einem verblüfften Reiter der Silbernen vorüber und überholten einen weiteren Vogel. Mein Vordermann war nun in der fünften Position, ich in der sechsten. Vor uns waren der Blaue, der Rote, der Grüne und als Gelber – Menicius aus Port Kar. Ich hörte einen Entsetzensschrei hinter uns, als ein Reiter einen anderen Vogel gegen einen scharfkantigen Ring drückte. Ich erschauderte unwillkürlich, denn der Aufprall konnte bei dem Tempo des Rennens einen Mann oder Vogel durchaus zu Tode kommen lassen.

Ich warf einen Blick auf die Tarnköpfe über den Pfosten und stellte fest, daß nur noch elf Runden zu fliegen waren.

Ich hätte mich an dem Reiter vor mir vorbeidrängen können, doch bei den scharfen Ringkanten war das ein zu großes Risiko. Der Mann hatte zweifellos die Rennen des Gladius aus Cos studiert und wußte, welche Reaktion er von mir zu erwarten hatte. Welchen Schachzug ich auch anwandte, mit fast übernatürlicher Auffassungsgabe schien er mir zuvorzukommen. Ich begann es zu bedauern, daß ich die Führung bereitwillig abgetreten hatte, denn Menicius vergrößerte mit jeder Runde seinen Vorsprung.

An jedem Ende der Trennmauer stehen vier Pfosten, auf denen die Runden angezeigt- werden. Zu Beginn des Rennens waren auf jeder Mastgruppe zwanzig Tarnköpfe zu sehen gewesen, fünf an jedem Mast.

Nun waren nur noch neun Runden angezeigt. Ich beschloß, etwas ganz Unkonventionelles zu tun – was auch passieren würde in der nächsten Gerade wollte ich ihn links unten Überholen.

Ich hörte einen Fluch, als ich an dem verblüfften Reiter vorbeischoß, der plötzlich den Rhythmus zu verlieren schien. Ich hörte, wie ein anderer Tarn mit lautem Wutschrei in ihn hineinraste.

Als noch sieben Tarnköpfe auf den Pfosten standen, hatte ich auch den Reiter der Blauen eingeholt, der einen schlechten vierten Platz hielt. Sein Vogel war zwar schneller als der des Reiters, den ich eben passiert hatte, doch er war leichter zu überlisten. Als er mich zu blockieren versuchte, prallte er fast gegen die Oberkante eines eckigen Ringes, und sein verblüffter Vogel wurde aus der Bahn getragen und verlor viel Zeit damit, wieder auf die Rennstrecke zurückzukehren.

Das Gebrüll der Menge war nun ohrenbetäubend, seine Wirkung faszinierend.

Ich hörte plötzlich ein Zischen und beugte mich tiefer in den Sattel. Ich hatte nichts gesehen, doch ich wußte, daß mich ein Armbrustpfeil knapp verfehlt hatte. Zwei weitere Pfeile zischten vorüber.

»Weiter!« rief ich. »Weiter, Ubar des Himmels!«

Ohne sich um die Geschosse zu kümmern, schoß der Vogel die Bahn entlang.

Aus den Augenwinkeln nahm ich plötzlich fünfzig Tarnreiter wahr, die auf dem höchsten Tribünendach zu meiner Rechten warteten.

»Schneller! Ubar des Himmels!« rief ich.

Entsetzt stellte ich fest, daß sowohl der Reiter der Roten als auch der Grünen ihre Tarns herumgerissen hatten und mir den rechten Mittelring blockierten. Die Menge schrie wütend auf. Ich dachte im Augenblick nicht daran, doch die Tatsache, daß einer der Männer zur Grünen Mannschaft gehörte, ließ es allen selbstverständlich erscheinen, daß der Ubar hinter diesem Manöver steckte. Er, der angeblich die Grünen unterstützte, hatte offenbar den Befehl gegeben, daß ich nicht siegen durfte. Menicius raste dem Ziel entgegen.

Mein Tarn prallte gegen die beiden anderen, und im nächsten Augenblick waren wir zu einem kreischenden, zischenden Knäuel aus Krallen, Schnäbeln und blitzenden Tarnstäben verfilzt. Dann rasten zwei weitere Vögel in die Gruppe hinein. Der Reiter der Grünen löste sich fluchend. Er war verletzt. Der Reiter der Roten nahm das Rennen wieder auf. Er hatte wie Menicius aus Port Kar und zwei andere Reiter bereits am achten Rennen teilgenommen.

Er war ein kleiner bärtiger Mann mit einer Knochenkette um den Hals.

Mein Tarn kämpfte nun mit einem Vogel, der keiner Mannschaft angehörte; der Tarnstab des gegnerischen Reiters traf mich, und ein unerträglicher Schmerz schoß durch meinen Körper. Sein Tarn hieb nach mir, und ich schob den Schnabel im letzten Augenblick mit meinem Tarnstab zur Seite. Wir drehten uns, ich kämpfte gegen den Mann mit dem Tarnstab, doch dann waren wir durch den Ring hindurch und trennten uns, und ich trieb meinen Ubar des Himmels erneut an.

Drei Vögel waren nun vor uns, der Rote, der Silberne und der Gelbe.

Irgendwo hinter mir hörte ich einen Schrei und die Schiedsrichterglocke zum Zeichen, daß jemand einen Ring verfehlt hatte.

Wieder pfiff ein Armbrustpfeil vorüber.

»Weiter!« rief ich. »Weiter!«

Der Ubar des Himmels raste wie ein schwarzes Feuer durch einen Ring nach dem anderen.

Fünf Tarnköpfe standen noch auf den Masten, als er zwischen zwei Ringen den Silbernen überholte. Nach einer weiteren Runde hatte er auch den Roten hinter sich gelassen; der Reiter der Roten hieb rücksichtslos mit dem Tarnstab auf sein Tier ein, während die Knochenkette um seinen Hals wirbelte. Als ich näher kam und ihn überholte, sah ich den wilden Ausdruck seiner Augen. Er versuchte, uns nach rechts zu drücken, doch ehe er sein Tier herumziehen konnte, hatten wir ihn schon passiert.

Ich brüllte. Vor uns war nur noch ein Tarn – mit Menicius aus Port Kar.

»Nun wollen wir fliegen, Ubar des Himmels«, rief ich.

Der Vogel stieß einen durchdringenden Schrei aus und schoß davon.

Tief über dem Hals des Tarn hängend, sah ich vor mir die geduckte Gestalt meines Gegners. – Noch vier Tarnköpfe auf den Pfosten.

Ich lachte.

»Wir werden siegen!« brüllte ich.

Plötzlich hörte ich Rufe und Flügelschlag ringsum, und hinter uns und vor uns tauchten Tarnkämpfer auf. Das Wutgeschrei der Menge muß in den Wolken zu hören gewesen sein.

Ich riß den Tuchukbogen an mich und war im nächsten Augenblick inmitten einer Gruppe von mindestens zwölf Tarnkämpfern, während viele andere uns umringten. Mein Ubar des Himmels stieß plötzlich einen Schrei aus, der sogar mich erschreckte; es war ein Schrei des Vergnügens, der Bereitschaft, ein Schrei nach Blut und Kampf. Der Ubar des Himmels stürzte sich mit flammenden Augen in die wilde Schlacht.

Immer wieder schoß ich den kleinen Bogen ab, schleuderte Pfeile mit Widerhaken in alle Richtungen, während Tarnkämpfer mich mit Schwertern zu erreichen versuchten und mit ihren Speeren nach mir stießen, und die ganze Zeit über schlug der Ubar des Himmels um sich, sein Schnabel fetzte, seine Klauen zerfleischten; ich spürte Blut an der Wange.