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Wieder lachte Hup. »Offenbar war er mit der Einrichtung in Cernus' Quartier nicht so vertraut, wie er dir gesagt hat.«

Ich blickte Hup verständnislos an.

Er grinste zu mir auf. »Als er in die Räume einzudringen versuchte, löste er eine geheime Sicherung aus. Unter ihm öffnete sich eine Falltür, und er stürzte sechs Meter tief in eine Grube. Wir haben ihn dort herausgezogen.«

Ich lachte.

»Er ist nun in Ketten auf dem Weg ins Sardargebirge, zusammen mit den Geräten, die wir in den Räumen des Ungeheuers gefunden haben.

Die Priesterkönige werden sicher aus ihm herausbekommen, was er weiß. Sie werden wahrscheinlich auch viel aus den seltsamen Apparaten schließen können.«

»Wird auch die seltsame Armbrust ins Sardargebirge gebracht?« fragte ich.

»Ja.«

»Was wird aus Philemon, wenn man mit dem Verhör fertig ist?« fragte ich.

»Ich weiß es nicht. Vielleicht behalten ihn die Priesterkönige als Sklaven.«

Wir erreichten einen Korridor, der schlichter wirkte als manche andere.

Die Türen, die auf ihn führten, waren mit Signaturknoten verschlossen.

Wahrscheinlich handelte es sich um Sklavenkammern. Im Vorbeigehen starrte ich müßig auf die Knoten.

Bald hatten wir den riesigen Kuppelsaal erreicht, der die Plattform mit dem Marmorthron des Ubar von Ar enthält.. Krieger grüßten mich, als ich eintrat. Mit erhobener Hand erwiderte ich ihren Gruß. Der Raum war mit Angehörigen zahlreicher Kasten gefüllt. Auf dem Thron saß Marlenus aus Ar, in die purpurne Robe seines Amts gehüllt. Links und rechts von ihm standen die Krieger, die während seines Exils seit dem Jahre 10110 bei ihm gewesen waren. Wissende konnte ich nicht entdecken. Ich vermutete, daß es mit ihrem Einfluß in Ar aus war. Marlenus hob die Hand und begrüßte mich.

»Tal, Marlenus aus Ar«, grüßte ich zurück.

Zahlreich waren die Ehrungen und Belohnungen, die Marlenus seinen getreuen Anhängern zukommen ließ. Auch wurden viele wichtige Posten in der Stadt neu besetzt.

Saphronicus, der Anführer der Taurentianer, wurde vor den Thron geschleppt und zu Galeerendiensten in Port Kar verurteilt. Ich sah vor dem Thron Flaminius stehen, den Marlenus trotz seiner Arbeit im Hause des Cernus begnadigte. Er erhielt die Erlaubnis, seine Forschungen in der Stadt fortzusetzen. Sklavenmädchen aus dem Vermögen des Cernus wurden hereingeführt und unter großer Anteilnahme der Anwesenden zur freien Auswahl gestellt. Die Menge beruhigte sich wieder, als anschließend ein einzelnes Mädchen vor dem Thron erschien. Sie trug die kurze Sklavenlivree der Stadt. Man hatte ihr die Hände auf dem Rücken gefesselt.

»Sklavin«, sagte Marlenus. »Wie heißt du?«

»Claudia Tentia Hinrabia«, flüsterte sie.

»Du bist die letzte Angehörige der hinrabischen Familie?« fragte Marlenus.

»Ja, Herr«, sagte sie mit gesenktem Kopf.

»Dein Vater hat, als er noch Administrator der Stadt war, oft den Versuch unternommen, mich zu vernichten. Er schickte Meuchelmörder, Spione und Tarnkämpfer in die Voltai-Berge, um mich zu ermorden.«

Das Mädchen zitterte, ohne zu antworten.

»Er war mein Feind«, sagte Marlenus. »Und du bist seine Tochter.«

»Ja, Herr«, flüsterte das Mädchen.

»Soll ich dich foltern und öffentlich aufspießen lassen?« fragte Marlenus.

Claudia schwieg.

»Oder soll ich dich in meinen Vergnügungsgarten nehmen? Oder soll ich dich freilassen?«

Das Mädchen hob überrascht den Kopf.

»Ich befreie dich«, sagte Marlenus. »Du magst reisen, wohin du willst, und du kannst tun, was immer du möchtest.«

Sie starrte ihn verblüfft an.

»Du bekommst eine Staatspension«, fuhr Marlenus fort, »damit du leben kannst, wie es einer Frau aus hoher Kaste gehört.«

»Ubar!« rief sie. »Ubar!«

Marlenus wandte sich an ihre Wächter. »Ihr sorgt dafür, daß sie in jeder Beziehung wie die Tochter eines früheren Administrators der Stadt behandelt wird.«

Weinend verließ das Mädchen den Saal.

Die Amtsgeschäfte des Neuen Ubar nahmen ihren Fortgang. Unter anderem wurde über das Schicksal der hundert exotischen Sklavinnen entschieden, die im Hause des Cernus ohne Wissen um die Existenz von Männern aufgewachsen waren. Marlenus befahl, daß sie mit aller Vorsicht als freie Frauen in die Gesellschaft Ars eingeführt werden sollten.

Für meinen Sieg im Ubar-Rennen hatte ich tausend goldene Doppel-Tarnmünzen erhalten. Ich ging zu Flaminius hinüber und gab ihm achthundert Goldstücke, damit er seine Forschungsarbeiten fortsetzen konnte.

»Kämpfe deinen Krieg, Arzt«, sagte ich.

»Meine Dankbarkeit«, sagte er, »Krieger.«

»Werden viele mit dir arbeiten?« fragte ich.

»Ich hoffe es. Morgen nehme ich Verbindung mit meinen Kollegen auf.«

Wir reichten uns die Hände.

Die verbleibenden zweihundert Doppel-Tarns verwendete ich bis auf eine Goldmünze für den Freikauf Melanies, die in der Küche des Cernus gedient hatte; das Geld reichte aus, für sie auch noch einen Laden für Tuche zu erwerben.

Das letzte Goldstück drückte ich dem blinden Qualius in die Hand, dem Spieler, der ebenfalls an den Hof des Marlenus gekommen war. Er hatte – wie Hup – der Gruppe des Ubar angehört.

»Du bist Tarl Cabot?« fragte er.

»Ja«, sagte ich. »Und zuvor war ich Kuurus. Diese doppelte Tarnmünze gebe ich dir für deinen Sieg über den Weinhändler vor vielen Monaten.

Damals wolltest du mein Gold nicht. Du hieltest es für schwarzes Gold.«

Qualius lächelte und nahm die Münze. »Das Gold Tarl Cabots kenne ich«, sagte er. »Es ist kein schwarzes Gold. Ich bin geehrt.«

»Du hast es dir verdient«, sagte ich.

Nach einem kurzen Gespräch mit Nela aus den Capacischen Bädern und Phais aus der Straße der Töpfe wandte ich mich zum gehen.

»Du darfst noch nicht fort«, sagte Hup.

»Unsinn, kleiner Freund«, sagte ich und kehrte dem Thronsaal den Rücken.

Bedrückt wanderte ich allein durch die Korridore des Zentralzylinders.

In so mancher Hinsicht hatte ich versagt.

Langsam schritt ich durch die Gänge, kam an zahlreichen Türen vorbei, viele verschlossen, viele mit Signaturknoten versehen.

In der nächsten Stunde wollte ich die Stadt verlassen.

Plötzlich blieb ich stehen und starrte auf eine schmale Holztür, die gewiß zu einem engen Sklavenquartier führte. Ich vermochte mich nicht zu rühren.

Meine Augen waren auf den Signaturknoten gerichtet.

Ich sank vor der Tür in die Knie. Meine Finger berührten bebend das Gewebe der Schnur. Es war ein komplizierter Knoten, weiblich, spielerisch geflochten.

Der Atem stockte mir.

Ich machte Anstalten, den Knoten zu öffnen und hatte vielleicht zehn Windungen gelöst, als ich plötzlich mit einem Schrei aufsprang und mich umwandte und wie ein Wilder durch die Korridore zurücklief.

Sklavenmädchen starrten mich an, als hätte ich den Verstand verloren.

Männer wichen vorsichtig zur Seite, riefen mir nach. Aber ich ließ mich nicht aufhalten, bis ich wieder den Hof des Ubar erreicht hatte.

Vor dem Thron des Marlenus standen zwei Sklavenmädchen.

Ich blieb stehen. Hup ergriff meine Hand und hielt mich zurück.

Die Mädchen wurden an zwei Krieger übergeben. Sie waren schön, das eine eine schlanke, zerbrechlich wirkende Gestalt mit grauen Augen, die andere mit dunklen Augen und schwarzem Haar. Die beiden Krieger, die die Mädchen beanspruchten, waren Relius und Ho-Sorl.

Ich starrte Hup sprachlos an.

Der Zwerg grinste zu mir auf. »Natürlich sind Priesterkönige und manche Menschen nicht so dumm, wie man manchmal annehmen möchte.«

»Aber Samos aus Port Kar hat doch die beiden Mädchen gekauft!«

»Natürlich«, sagte Hup. »Samos aus Port Kar ist ein Agent der Priesterkönige, ihr Agent in Port Kar.« Ich war sprachlos.

»Es war schon vor Monaten klar, daß Cernus die Mädchen am Liebesfest im Curuleum verkaufen wollte«, sagte Hup. »Deshalb wurde beschlossen, daß Vella und die beiden anderen übernommen werden sollten.«