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Ich griff zu und drehte ihren Kragen herum. Ich sah sofort das Zeichen der vier Boskhörner und das Zeichen der Stadt Ko-ro-ba, gefolgt von der goreanischen Inschrift: »Ich bin Tarl Cabots Mädchen«. Ich rückte den Kragen wieder zurecht und trat einige Schritte zurück.

»Was steht darauf?« fragte sie.

Ich schwieg.

»Wem gehört dieser Wagen?« wollte sie wissen.

Ihre Augen sahen mich furchtsam an. »Wessen Sklavin bin ich?« fragte sie leise.

»Der Wagen gehört mir«, sagte ich.

Sie starrte mich sprachlos an. Das ist nicht möglich!« Der Wagen gehört einem Kommandanten.«

»Ich bin Kommandant einer Tausendschaft.«

Sie schüttelte wie betäubt den Kopf. »Und der Kragen?«

»Darauf steht: ›Ich bin Tarl Cabots Mädchen‹.«

»Dein Mädchen?«

»Ja«, sagte ich.

Tränen strömten ihr über die Wangen, und sie sank weinend in die Knie.

»Es ist alles vorbei, liebe Elizabeth«, sagte ich. »Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Du bist keine Sklavin mehr. Du bist frei, Elizabeth.«

Ich entfernte den Kragen und den Ring.

Sie sank mir in die Arme, und wir küßten uns.

In der Feuchtigkeit und Dunkelheit der goreanischen Nacht warteten die Streitkräfte Kamchaks den Zeitpunkt ab. Sie umlagerten Saphrars Anwesen; hier und dort blitzte eine Waffe im schwachen Licht der Monde, von Zeit zu Zeit war leises Flüstern zu hören.

Kamchak, Harold und ich standen zusammen mit einigen Männern auf dem Dach eines Gebäudes, das den Außenmauern am nächsten lag.

Hinter den Mauern hörten wir von Zeit zu Zeit die Postenrufe der Wachen.

Vor über einer Stunde hatte ich den Wagen des Kommandanten verlassen, von einem meiner Wächter geweckt. Ich hatte Elizabeth schlafen lassen.

Unterwegs war mir Harold begegnet, und wir hatten schnell etwas getrocknetes Boskfleisch gegessen und an einem der zahlreichen Versorgungswagen in der Stadt unseren Durst gestillt.

Die Tarns, die Harold und ich vor einigen Tagen aus Saphrars Burg gestohlen hatten, waren in die Stadt gebracht worden und standen in der Nähe bereit, denn man hielt es für möglich, daß sie gebraucht wurden — wenn auch nur für Nachrichtenzwecke. Auch hatte man Hunderte von Kaiila in die Mauern Turias gebracht.

Ich hörte Kaugeräusche neben mir und sah, daß sich Harold noch immer mit einem Streifen Boskfleisch beschäftigte. »Es ist fast Morgen«, murmelte er mit vollem Mund.

Ich sah, wie sich Kamchak vorbeugte und die Hände auf die Dachmauer stützte. Er wirkte seltsam gebeugt in der Dunkelheit. Er hatte sich seit einer Viertel-Ahn nicht mehr gerührt. Er wartete auf den Anbruch der Morgendämmerung.

»Ich würde vorschlagen«, sagte Harold, »zuerst die Tarnkavallerie über die Mauern zu schicken, und ihr dabei mit Tausenden von Pfeilen Deckung zu geben. In einer zweiten Welle würde ich dann Dutzende von Kriegern mit Seilen auf den Dächern der wichtigsten Gebäude absetzen.«

»Aber wir haben keine Tarnkavallerie«, wandte ich ein.

»Das ist der Nachteil meines Vorschlags.«

Ich schloß kurz die Augen und starrte wieder zu den düsteren Befestigungsanlagen hinüber. Schließlich wandte ich mich an den Kommandanten einer Hundertschaft neben mir, der meine Armbrustschützen befehligte. »Sind irgendwelche Tarns drüben gestartet oder gelandet?«

»Nein«, sagte der Mann.

»Bist du sicher«?

»Es war Mondlicht. Wir haben nichts gesehen.« Er sah mich an. »Nach meiner Schätzung befinden sich drei oder vier Tarns innerhalb der Befestigungen.«

»Die dürfen unter keinen Umständen entkommen.«

»Wir werden uns Mühe geben«, sagte er.

Im Osten wurde es heller. Ich machte einen tiefen Atemzug.

Kamchak hatte sich noch immer nicht gerührt.

»Da — ein Tarn!« rief plötzlich einer der Männer.

Ein winziger Fleck war am Himmel erschienen — ein Tarn, der mit voller Geschwindigkeit auf Saphrars Anwesen zuhielt. Er kam anscheinend aus der Richtung des Turms, den Ha-Keels Männer besetzt hielten.

»Achtung — Armbrüste fertigmachen!« rief ich.

»Nein«, befahl Kamchak.» Laßt das Tier landen.«

Die Männer schossen nicht, und der Tarn setzte mit präzisen Flügelschlägen zur Landung an und ging auf die Spitze der Burg nieder.

»Nun kann Saphrar vielleicht entkommen«, sagte ich.

»Nein«, erwiderte Kamchak. »Für Saphrar gibt es kein Entkommen. Sein Blut gehört mir.«

»Wer ist der Reiter?« fragte ich weiter.

Ha-Keel, der Söldner«, sagte Kamchak. »Er will mit Saphrar verhandeln — aber welche Bedingungen der Kaufmann auch anbietet, ich kann ihn überbieten, denn ich habe alles Gold und alle Frauen der Stadt zur Verfügung, und bis Sonnenuntergang habe ich auch Saphrars Armee auf unsere Seite gezogen.«

»Aber die Tarnkämpfer können uns entscheidend schlagen«, sagte ich warnend.

Harold lachte leise. »Die tausend Tarnreiter Ha-Keels haben heute morgen die Stadt verlassen und sind nach Port Kar geflogen. Der Turm ist verlassen.«

»Aber wieso ...?«

»Sie wurden gut bezahlt. Mit turianischem Gold, wovon wir wirklich ausreichend haben.«

»Dann ist Saphrar ja allein«, sagte ich.

»Seine Lage ist schlimmer als er ahnt. Du wirst sehen«, orakelte Harold.

Nun wurde es langsam heller, und ich konnte die Gesichter der Kämpfer unten auf der Straße erkennen. Einige trugen Strickleitern mit Metallhaken an den Enden, andere Sturmleitern. Der Angriff auf die Festung schien unmittelbar bevorzustehen. Das Haus Saphrars war von Tausenden von Soldaten umzingelt.

Wir waren den Verteidigern zahlenmäßig etwa zwanzig zu eins überlegen. Der Kampf würde hart werden, aber am Ergebnis konnte kein Zweifel bestehen — besonders nachdem die Tarnkämpfer Ha-Keels die Stadt verlassen hatten, die Satteltaschen ihrer Tarns schwer von turianischem Gold. Nun ergriff Kamchak wieder das Wort. »Ich habe lange auf das Blut Saphrars gewartet«, sagte er. Er hob die Hand, und ein Mann in seiner Nähe stieg auf die Dachmauer und stieß in sein Boskhorn.

Ich hielt dies für das Signal, daß der Angriff beginnen möge. Aber niemand rührte sich.

Zu meiner Verblüffung öffnete sich vielmehr ein Tor des Anwesens, und mehrere Soldaten, die Waffen gezogen, schwere Beutel schleppend, traten vorsichtig heraus. Sie bildeten unten auf der Straße eine Reihe, von den Tuchukkriegern mit verächtlichen Blicken gemustert. Nacheinander nahmen sie an einem langen Tisch Aufstellung, auf dem viele Waagen aufgebaut waren. Jedem Manne wurden zehn goreanische Kilo Gold abgewogen. Die Männer ließen ihren Schatz in den Beuteln verschwinden und eilten durch eine Gasse fort, die von Tuchukkriegern gebildet wurde. Von ihnen wurden sie bis vor die Stadt geleitet. Zehn goreanische Kilo entsprechen etwa fünfzehn irdischen Kilo und in Gold stellt dieses Gewicht ein Vermögen dar.

Ich war sprachlos, und begann zu zittern. Der Zug nahm kein Ende — viele hundert Männer wanderten langsam unter uns vorbei.

»Ich ... ich verstehe das nicht«, wandte ich mich schließlich an Kamchak.

Er blickte geradeaus, starrte zur stillen Festung des Kaufmanns hinüber. »Saphrar aus Turia soll am Golde sterben«, sagte er.

Erst jetzt begriff ich die Tiefe des Hasses, den Kamchak für Saphrar empfinden mußte.

Mann um Mann, Kilo um Kilo Gold starb Saphrar. Seine Mauern und Befestigungen wurden ihm stückweise genommen, rannen ihm durch die Finger. Sein Gold vermochte nicht die Herzen der Männer zu kaufen. Kamchak hielt sich mit der Grausamkeit des Tuchuks im Hintergrund und kaufte Münze um Münze, Stück um Stück seinen Gegner aus.

Ein- oder zweimal hörte ich Schwertergeklirr hinter den Mauern; vielleicht wollten einige Saphrar ergebene Männer den Auszug von Bestochenen verhindern, aber diese Scharmützel schienen keinen Einfluß zu haben, da der Exodus seinen Fortgang nahm. Ich sah sogar einige Sklaven das Grundstück verlassen — und sie erhielten die gleiche Menge Gold — wohl um die freien Männer, die die Bestechungssumme nahmen, um so mehr zu erniedrigen. Saphrars Macht hatte stets auf der Verlockung des Goldes basiert — eine Politik, die ihn jetzt das Leben kostete.