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Wir ritten zur Herde zurück.

Wie war es möglich, daß Kamchak im Frühling nach Turia ritt?

Ich spürte, daß er ein bedeutender Mann der Tuchuks war.

Vielleicht waren Verhandlungen zu führen, vielleicht ging es um die Spiele des Liebeskrieges, die mir bisher noch niemand erklärt hatte; vielleicht waren auch einfach Handelsgeschäfte der Grund. Ich hatte zu meiner Überraschung erfahren, daß gelegentlich Handelsverbindungen mit Turia aufgenommen wurden, wobei es besonders um Metalle und Tuche ging — Waren, die bei den Wagen hohe Preise erzielen. Tatsächlich sind die Kragen und Ketten der Sklavenmädchen meist turianischer Herkunft. Die Turianer ihrerseits nehmen als Bezahlung für ihre Waren — die sie selbst erzeugten oder von anderen Städten bezogen — Boskhörner und Felle. Auch erhalten die Turianer andere Waren von den Wagenvölkern — Beutestücke von Karawanen, die bis zu tausend Pasang von den Herden entfernt aufgebracht wurden, die vielleicht sogar auf dem Weg von oder nach Turia gewesen waren. Diese Überfälle bringen den Wagenvölkern mancherlei Dinge ein, die sie sonst bei den Turianern eintauschen — Juwelen, Edelmetalle, Gewürze, farbige Tafelsalze, Zaumzeug und Sättel für die schwerfälligen Tharlarions, Felle kleiner Flußtiere, landwirtschaftliche Werkzeuge, Tinte und Papier, Wurzelgemüse, getrocknete Fische, Medizin, Salben, Parfüms, und auch Frauen — gewöhnlich weniger ansehnliche Geschöpfe, die sie nicht selbst behalten wollen. Die Wagenvölker bieten den Turianern zuweilen auch erbeutete Seidenstoffe an — doch meistens behalten sie diese für ihre eigenen Sklavenmädchen, die diese in der Abgeschiedenheit der Wagen tragen. Zwei Dinge jedoch sind nicht in den Handel mit Turia einbezogen — lebendige Bosks und Mädchen aus Turia, die grundsätzlich als Sklavinnen behalten werden.

Der Winter brach mit unerwarteter Stärke über die Herde herein — einige Tage zu früh. Heftiger Schneefall setzte ein, ein eisiger Wind, der oft schon zweitausendfünfhundert Pasang zurückgelegt hatte, peitschte die Prärie, Schnee bedeckte das Gras, das schnell braun und brüchig wurde, und die Herden teilten sich in tausend kleine Gruppen auf, jede mit eigenen Wachreitern, Herden, die sich immer weiter verliefen, die den Schnee zerstampften und herumschnüffelten und das gefrorene Gras zu rupfen versuchten. Tiere begannen zu sterben, und die Frauen heulten und klagten so laut, als ständen ihre Wagen in Flammen und die Turianer wären ihnen auf den Fersen. Tausende von Angehörigen der Wagenvölker gruben Schnee, um nach einer Handvoll Gras zur Fütterung der Tiere zu suchen. Wagen mußten aufgegeben werden, da nicht die Zeit blieb, neue Bosks für das Geschirr auszubilden. Die Herden mußten in Bewegung bleiben. Siebzehn Tage nach Beginn der Schneefälle begannen die ersten Herden endlich ihre Winterweiden zu erreichen, weit im Norden in der Nähe des Äquators. Hier lag kaum Schnee, oft nur ein leichter Frosthauch, der in der Mittagssonne wieder schmolz, und das Gras war frisch und nahrhaft. Weitere hundert Pasang im Norden gab es überhaupt keinen Schnee mehr, und die Menschen begannen wieder zu singen und um ihre Feuer aus Boskdung zu tanzen.

»Die Bosks sind in Sicherheit«, sagte Kamchak. Ich hatte gesehen, wie starke Männer vom Rücken ihrer Kaiila sprangen und mit Tränen in den Augen das frische grüne Gras küßten. »Die Bosks sind in Sicherheit!« hatten sie gerufen, und der Schrei war von den Frauen aufgenommen und von Wagen zu Wagen weitergereicht worden. »Die Bosks sind in Sicherheit!«

In diesem Jahr, vielleicht weil es das Omenjahr war, zogen die Wagenvölker nicht noch weiter nach Norden. Man blieb auf dieser Seite des Cartius, um nicht Auseinandersetzungen mit anderen Völkern herauszufordern.

Die Überwinterung war nicht unangenehm, obwohl es auch am Äquator empfindlich kalt sein konnte; die Wagenvölker und ihre Sklaven trugen Boskfelle und Pelzstiefel und Mützen mit Ohrenschützern gegen die Kälte.

Auf dem Rücken einer Kaiila, die schwarze Lanze in der Hand, im Sattel vorgebeugt, so galoppierte ich an einem Holzstab vorbei, auf dessen Spitze eine trockene Tospit lag, eine schrumplige pfirsichähnliche Frucht, etwa so groß wie eine Pflaume. Sie ist bitter, aber eßbar.

»Gut!« rief Kamchak, als er sah, daß ich die Tospit aufgespießt hatte, deren Hälften nun am Lanzenschaft herabgerutscht war.

Dieser Stoß brachte zwei Punkte.

Ich hörte Elizabeth Cardwells Freudenschrei und sah, daß sie in die Luft sprang. Sie trug einen Sack Tospits auf der Schulter.

»Tospit!« brüllte Conrad von den Kassars, dem Blutvolk, und das Mädchen legte hastig eine Frucht auf den Pfahl.

Das Donnern von Kaiilahufen ertönte, und Conrad schwang die Tospit mit seiner roten Lanze geschickt vom Pfahl; die Spitze drang kaum in die Frucht ein, weil er die Waffe im letzten Moment geschickt zurückgezogen hatte. »Ausgezeichnet!« rief ich ihm zu. Mein eigener Stoß war mit voller Kraft ausgeführt worden, eine Taktik, die mich bei einem Kampf hätte gefährden können, weil ich die Lanze dann vielleicht nicht mehr von meinem Gegner freibekam. Sein Stoß dagegen, das mußte ich offen eingestehen, war seine drei Punkte wert.

Nun ritt Kamchak an, und er holte wie Conrad die Frucht mühelos vom Pfahl, wobei sein Speer vielleicht noch einige Millimeter weniger tief in die grüne Haut eindrang.

Der Krieger, der zu Conrad gehörte, donnerte nun auf den Pfahl zu.

Ein Schrei der Enttäuschung ertönte, als die Speerspitze die Frucht nur teilte und vom Pfahl schlug. Das brachte nur einen Punkt.

Wieder stieß Elizabeth einen Freudenschrei aus, denn sie gehörte zum Wagen Kamchaks und Tarl Cabots.

Der Reiter, der den mißglückten Stoß vollführt hatte, ließ seine Kaiila plötzlich herumwirbeln, und das Mädchen sank auf die Knie. Sie erkannte natürlich sofort, daß sie ihre Freude über seinen Fehlschlag nicht so offen hätte zeigen dürfen. Ich erstarrte, aber Kamchak lachte nur und hielt mich zurück. Die Kaiila des Reiters hatte sich über dem Mädchen aufgerichtet. Der Krieger beruhigte sein Reittier, hob geschickt seine Lanze unter das Kinn des Mädchens, damit sie ihn ansah.

Es freute mich, wie gut Elizabeth in den vergangenen Monaten mit der Sprache zurechtgekommen war. Kamchak hatte drei turianische Sklavinnen zu ihrer Ausbildung gemietet, und sie hatte sehr schnell gelernt.

Das Leben als Sklavin war für Elizabeth Cardwell nicht leicht gewesen, besonders nicht in den ersten Wochen. Es ist auch keine so einfache Veränderung — der Wechsel aus einem angenehmen klimatisierten Büro an der Madison Avenue in New York in den Wagen eines Tuchukkriegers.

Auch Kamchak war sich bewußt, daß er hier ein ungewöhnliches Mädchen vor sich hatte. Ihre Reaktionen verwirrten ihn mehr als einmal, doch seltsamerweise sah er von strengen Maßregelungen ab. Zu meiner Überraschung zwang er das Mädchen auch nicht, Sklavenkleidung anzulegen, was bei den anderen Sklavenmädchen im Lager nicht wenig Aufregung verursachte. Auch brachte er nicht sein Brandzeichen an, ebensowenig mußte sie einen Kragen tragen; nur ihr Haar hatte offen zu sein, was auf Gor seit jeher ein Zeichen für den Sklavenstand gewesen ist. Sie durfte sich ein eigenes ärmelloses Kleidungsstück aus dem Fell eines roten Larl nähen, das zuerst ziemlich lang ausfiel, von ihrem Herrn aber schnell gekürzt wurde. Sie war anders als jedes Sklavenmädchen, das er bisher besessen hatte. Sie war seine erste Barbarin. Er wußte nicht recht, was er von ihr halten sollte, denn er war Mädchen gewohnt, die durch ihre Erziehung auf die Möglichkeit der Sklaverei vorbereitet waren. Doch im ganzen behandelte er sie bemerkenswert gut — für einen Tuchuk. Damit will ich nicht sagen, daß sie nicht schwer arbeiten mußte und gelegentlich auch zurechtgewiesen wurde, aber im Vergleich zu einem normalen Sklavendasein lebte sie nicht schlecht.

Jetzt blickte der Kassar, der das vor ihm kniende Mädchen gemustert hatte auf, lachte und hob seine Lanze.