Generals nimmt Questenberg ihm gerad gegenueber Platz, die andern
folgen nach ihrem Range. Es herrscht eine augenblickliche Stille.
Wallenstein.
Ich hab den Inhalt Ihrer Sendung zwar
Vernommen, Questenberg, und wohl erwogen,
Auch meinen Schluss gefasst, den nichts mehr aendert.
Doch, er gebuehrt sich, dass die Kommandeurs
Aus Ihrem Mund des Kaisers Willen hoeren-
Gefall' es Ihnen denn, sich Ihres Auftrags
Vor diesen edeln Haeuptern zu entledigen.
Questenberg.
Ich bin bereit, doch bitt ich zu bedenken,
Dass kaiserliche Herrschgewalt und Wuerde
Aus meinem Munde spricht, nicht eigne Kuehnheit.
Wallenstein.
Den Eingang spart.
Questenberg.
Als Seine Majestaet
Der Kaiser ihren mutigen Armeen
Ein ruhmgekroentes, kriegserfahrnes Haupt
Geschenkt in der Person des Herzogs Friedland,
Geschah's in froher Zuversicht, das Glueck
Des Krieges schnell und guenstig umzuwenden.
Auch war der Anfang ihren Wuenschen hold,
Gereiniget ward Boeheim von den Sachsen,
Der Schweden Siegeslauf gehemmt-es schoepften
Aufs neue leichten Atem diese Laender,
Als Herzog Friedland die zerstreuten Feindesheere
Herbei von allen Stroemen Deutschlands zog,
Herbei auf einen Sammelplatz beschwor
Den Rheingraf, Bernhard, Banner, Oxenstirn
Und jenen nie besiegten Koenig selbst,
Um endlich hier im Angesichte Nuernbergs
Das blutig grosse Kampfspiel zu entscheiden.
Wallenstein.
Zur Sache, wenn's beliebt.
Questenberg.
Ein neuer Geist
Verkuendigte sogleich den neuen Feldherrn.
Nicht blinde Wut mehr rang mit blinder Wut,
In hellgeschiednem Kampfe sah man jetzt
Die Festigkeit der Kuehnheit widerstehn
Und weise Kunst die Tapferkeit ermueden.
Vergebens lockt man ihn zur Schlacht, er graebt
Sich tief und tiefer nur im Lager ein,
Als gaelt' es, hier ein ewig Haus zu gruenden.
Verzweifelnd endlich will der Koenig stuermen,
Zur Schlachtbank reisst er seine Voelker hin,
Die ihm des Hungers und der Seuchen Wut
Im leichenvollen Lager langsam toetet.
Durch den Verhack des Lagers, hinter welchem
Der Tod aus tausend Roehren lauert, will
Der Niegehemmte stuermend Bahn sich brechen.
Da ward ein Angriff und ein Widerstand,
Wie ihn kein gluecklich Auge noch gesehn.
Zerrissen endlich fuehrt sein Volk der Koenig
Vom Kampfplatz heim, und nicht ein Fussbreit Erde
Gewann es ihm, das grause Menschenopfer.
Wallenstein.
Ersparen Sie's, uns aus dem Zeitungsblatt
Zu melden, was wir schaudernd selbst erlebt.
Questenberg.
Anklagen ist mein Amt und meine Sendung,
Es ist mein Herz, was gern beim Lob verweilt.
In Nuernbergs Lager liess der schwedische Koenig
Den Ruhm-in Luetzens Ebenen das Leben.
Doch wer erstaunte nicht, als Herzog Friedland
Nach diesem grossen Tag wie ein Besiegter
Nach Boeheim floh, vom Kriegesschauplatz schwand,
Indes der junge weimarische Held
Ins Frankenland unaufgehalten drang,
Bis an die Donau reissend Bahn sich machte
Und stand mit einem Mal vor Regenspurg,
Zum Schrecken aller gut kathol'schen Christen.
Da rief der Bayern wohlverdienter Fuerst
Um schnelle Hilf' in seiner hoechsten Not,-
Es schickt der Kaiser sieben Reitende
An Herzog Friedland ab mit dieser Bitte
Und fleht, wo er als Herr befehlen kann.
Umsonst! Es hoert in diesem Augenblick
Der Herzog nur den alten Hass und Groll,
Gibt das gemeine Beste preis, die Rachgier
An einem alten Feinde zu vergnuegen.
Und so faellt Regenspurg!
Wallenstein.
Von welcher Zeit ist denn die Rede, Max?
Ich hab gar kein Gedaechtnis mehr.
Max.
Er meint,
Wie wir in Schlesien waren.
Wallenstein.
So! So! So!
Was aber hatten wir denn dort zu tun?
Max.
Die Schweden draus zu schlagen und die Sachsen.
Wallenstein.
Recht! Ueber der Beschreibung da vergess ich
Den ganzen Krieg-
(Zu Questenberg.)
Nur weiter fortgefahren!
Questenberg.
Am Oderstrom vielleicht gewann man wieder,
Was an der Donau schimpflich ward verloren.
Erstaunenswerte Dinge hoffte man
Auf dieser Kriegesbuehne zu erleben,
Wo Friedland in Person zu Felde zog,
Der Nebenbuhler Gustavs einen-Thurn
Und einen Arnheim vor sich fand. Und wirklich
Geriet man nahe g'nug hier aneinander,
Doch, um als Freund, als Gast sich zu bewirten.
Ganz Deutschland seufzte unter Kriegeslast,
Doch Friede war's im Wallensteinischen Lager.
Wallenstein.
Manch blutig Treffen wird um nichts gefochten,
Weil einen Sieg der junge Feldherr braucht.
Ein Vorteil des bewaehrten Feldherrn ist's,
Dass er nicht noetig hat, zu schlagen, um
Der Welt zu zeigen, er versteh' zu siegen.
Mir konnt' es wenig helfen, meines Gluecks
Mich ueber einen Arnheim zu bedienen ;
Viel nuetzte Deutschland meine Maessigung,
Waer' mir's geglueckt, das Buendnis zwischen Sachsen
Und Schweden, das verderbliche, zu loesen.
Questenberg.
Es glueckte aber nicht, und so begann
Aufs neu das blut'ge Kriegesspiel. Hier endlich
Rechtfertigte der Fuerst den alten Ruhm.
Auf Steinaus Feldern streckt das schwedische Heer
Die Waffen, ohne Schwertstreich ueberwunden-
Und hier, mit andern, lieferte des Himmels
Gerechtigkeit den alten Aufruhrstifter,
Die fluchbeladne Fackel dieses Kriegs,
Matthias Thurn, des Raechers Haenden aus.
-Doch in grossmuet'ge Hand war er gefallen:
Statt Strafe fand er Lohn, und reich beschenkt
Entliess der Fuerst den Erzfeind seines Kaisers.
Wallenstein. (lacht)
Ich weiss, ich weiss-Sie hatten schon in Wien
Die Fenster, die Balkons vorausgemietet,
Ihn auf dem Armensuenderkarrn zu sehn-
Die Schlacht haett' ich mit Schimpf verlieren moegen,
Doch das vergeben mir die Wiener nicht,
Dass ich um ein Spektakel sie betrog.
Questenberg.
Befreit war Schlesien, und alles rief
Den Herzog nun ins hartbedraengte Bayern.
Er setzt auch wirklich sich in Marsch-gemaechlich
Durchzieht er Boeheim auf dem laengsten Wege;
Doch eh' er noch den Feind gesehen, wendet
Er schleunig um, bezieht sein Winterlager, drueckt
Des Kaisers Laender mit des Kaisers Heer.
Wallenstein.
Das Heer war zum Erbarmen, jede Notdurft, jede
Bequemlichkeit gebrach-der Winter kam.
Was denkt die Majestaet von ihren Truppen?
Sind wir nicht Menschen? Nicht der Kaelt' und Naesse,
Nicht jeder Notdurft sterblich unterworfen?
Fluchwuerdig Schicksal des Soldaten! Wo
Er hinkommt, flieht man vor ihm-wo er weggeht,
Verwuenscht man ihn! Er muss sich alles nehmen;
Man gibt ihm nichts, und jeglichem gezwungen
Zu nehmen, ist er jeglichem ein Greuel.
Hier stehen meine Generals. Caraffa!
Graf Deodati! Buttler! Sagt es ihm,
Wie lang der Sold den Truppen ausgeblieben?
Buttler.
Ein Jahr schon fehlt die Loehnung.
Wallenstein.
Und sein Sold
Muss dem Soldaten werden, darnach heisst er!
Questenberg.
Das klingt ganz anders, als der Fuerst von Friedland
Vor acht, neun Jahren sich vernehmen liess.
Wallenstein.
Ja, meine Schuld ist es, weiss wohl, ich selbst