Выбрать главу

»Die Zähne der Tharlarion sind schnell, Krieger. Wenn du möchtest, töte ich dich vorher.«

»Aber ich will nicht sterben.«

Beschämt senkte ich den Blick. Es wollte mir scheinen, als hätte ich mich selbst aufgegeben, als hätte ich mein bisheriges Leben verraten, meine Stadt Ko-ro-ba entehrt und die Klinge, die ich geführt hatte, beschmutzt. In Ho-Haks Augen war ich ein Nichts, ein Sklave.

»Ich hatte dich anders eingeschätzt«, sagte Ho-Hak. »Ich hatte angenommen, du gehörtest der Kaste der Krieger an.«

Ich vermochte nicht zu antworten.

»Wie ich sehe, gehörst du wirklich nach Port Kar.«

Ich wagte nicht, den Kopf zu heben, so beschämt war ich.

»Möchtest du Sklave sein?« fragte Ho-Hak. Die Frage war grausam, aber fair.

Ich senkte den Kopf noch tiefer. »Ja«, sagte ich.

Die Umstehenden waren amüsiert, ganz deutlich hörte ich das Lachen des Mannes mit dem Stirnband und auch das verächtliche Lachen des Mädchens neben mir, ein Lachen, das mich besonders schmerzte. »Sklave«, sagte Ho-Hak.

»Ja«, sagte ich, »… Herr.« Das Wort kam mir stockend über die Lippen.

»Vielleicht werfe ich dich jetzt trotzdem in den Sumpf.«

Mir war in diesem Augenblick gleichgültig, was aus mir wurde. Ich hatte das Gefühl, etwas verloren zu haben, das ich höher einschätzte als mein Leben. Wie konnte ich jemals wieder eine gute Meinung von mir haben? Nach goreanischer Sitte ist ein Sklave kaum mehr als ein Tier. Etwas stimmte nicht mit mir – ich hatte das unwürdige Sklavendasein dem ehrenhaften Tod vorgezogen.

»Ist hier jemand, der diesen Sklaven besitzen möchte?« hörte ich Ho-Hak fragen.

»Gib ihn mir«, vernahm ich. Es war die klare, durchdringende Stimme des Mädchens, das neben mir stand.

»Er gehört dir«, entschied Ho-Hak.

Die Scham brannte mir auf dem Gesicht.

»Bringt Rencebrei!« rief das Mädchen.

Eine Frau verließ die Gruppe und holte eine Handvoll feuchten Brei. Auf einem flachen Stein gebacken, wird eine Art Kuchen daraus.

»Öffne den Mund, Sklave«, sagte das Mädchen.

Ich gehorchte, und zum Vergnügen der Zuschauer schmierte mir das Mädchen den Brei in den Mund.

»Du bist von deiner Herrin gefüttert worden«, sagte sie, als ich gegessen hatte.

»Meine Herrin hat mich gefüttert«, erwiderte ich.

»Wie heißt du, Sklave?« fragte sie.

»Tarl.«

Sie versetzte mir einen heftigen Schlag über den Mund. »Ein Sklave hat keinen Namen«, sagte sie.

Dann wanderte sie einmal um mich herum. »Dein Rücken ist kräftig. Du bist kräftig, aber dumm.« Sie lachte. »Ich werde dich Bosk nennen.«

Der Bosk ist ein großes gehörntes Tier der goreanischen Ebenen. Es wird südlich des Äquators von den Wagenvölkern in Herden gezüchtet.

»Ich bin Bosk«, sagte ich gehorsam. Die Menge lachte.

»Ich denke mir«, sagte der Mann mit dem Stirnband, »daß du einen Mann als Sklaven vorgezogen hättest, einen Mann, der stolz ist und den Tod nicht fürchtet.«

Ich senkte den Kopf. Er hatte recht. Ich hatte den Tod gefürchtet und mich für die Sklaverei entschieden. Ich war kein Mann. Ich war nicht mehr ich selbst.

»Du kannst nur der Sklave einer Frau sein«, stellte Ho-Hak fest.

»Weißt du, was ich mit dir mache?« fragte das Mädchen.

»Nein«, erwiderte ich.

»In zwei Tagen, bei unserem Fest, setze ich dich als Preis für die Mädchen aus.«

Unter den Begeisterungsrufen der Umstehenden zerrte sie mich hoch. Ungeschickt stolperte ich hinter dem Mädchen her, meiner Herrin.

4

Ich kniete im Bug des Boots, das dem Mädchen gehörte, und mähte Rence. Mit abgezirkelter Bewegung schwang ich das kleine gebogene Messer schräg durch den Stengel der Pflanze, der mit der linken Hand gehalten wird. Wir schleppten ein zweites Boot hinter uns her, das bereits schwer mit Rence beladen war.

Ich spürte, wie sich das Renceboot bewegte, als das Mädchen hinter mir ihre Balance hielt. Sie war barfuß und trug eine kurze Tunika aus gelbbraunem Rencetuch, und ihr Haar wurde von einem purpurfarbenen Reptuch zusammengehalten. Sie hatte ihren Rock hochgezogen, damit sie sich besser im Boot bewegen konnte. Meine Gedanken beschäftigten sich immer wieder mit ihr. Ihre ziemlich stämmigen Fußgelenke kamen mir kräftig und hübsch vor, ihre Beine eine Idee zu stark, aber wohlgeformt. Ihre Hüften waren süß, ihr Körper biegsam und für die Berührung durch einen Mann wie geschaffen, und ihre vollen Brüste, die sich frei in dem knappen Oberteil des Kleids bewegten, ließen mir keine Ruhe.

Ich war hungrig. Vor Sonnenaufgang hatte sie mir eine Handvoll Rencebrei gegeben, gegen Mittag eine zweite Handvoll.

Ich schnitt Rence. Meine Hände schmerzten und waren wund, aber ich schnitt schweigend weiter.

»Wenn du mir nicht gehorchst«, hatte das Mädchen gesagt, »lasse ich dich fesseln und den Tharlarion zum Fraß vorwerfen. Und hier zu fliehen, hat keinen Sinn. Du wirst von unseren Männern gejagt und von Sumpfspeeren durchbohrt. Du bist mein Sklave!« Und sie hatte recht. Nackt, ohne Waffen, allein im Delta, war eine Flucht unmöglich.

Doch diese äußeren Umstände waren nichts gegen den Zustand meines Herzens. Ich hatte ein Bild von mir gehabt, als Mann, als Krieger – und der Verlust dieses Bildes hatte mich zerbrechen lassen.

Es war heiß. Das Mädchen verschaffte sich Erleichterung, indem sie den Gürtel ihrer Tunika etwas lockerte. Ich konnte den Blick nicht abwenden. Unter dem losen Tuch erahnte ich die Vollkommenheit ihres Körpers.

»Sieh mich nicht so an!« lachte sie. »Kümmere dich um deine Arbeit.«

Ich drehte mich um.

»Du siehst übrigens nett aus in deinem Kragen«, fuhr sie fort. »Hübscher Sklave.«

»Bitte«, sagte ich aufgebracht, »nenn mich nicht so.«

»Ich nenne dich wie ich will«, sagte sie. »Hübscher Sklave.«

Stengel um Stengel schnitt ich, die Zeit teilte sich in die Bewegungen meines Arms. Die Sonne stand schon tief, und Insekten begannen sich lästig bemerkbar zu machen. Das Wasser schimmerte.

Wir schwiegen lange Zeit.

»Darf ich sprechen?« fragte ich schließlich.

»Ja«, sagte sie großzügig.

»Wie kommt es, daß so viele Renceinseln in der Nähe sind?« fragte ich.

»Das Se’Kara-Fest steht bevor«, sagte sie.

»Aber so viele? Das ist doch ungewöhnlich?«

»Du bist recht neugierig für einen Sklaven. Das ist nicht gut. Aber ich will dir sagen, daß Ho-Hak die Inseln aus der näheren Umgebung zu einer Ratsversammlung gerufen hat.«

»Wie viele sind es denn?«

»Fünf«, erwiderte sie. »Es gibt natürlich noch viel mehr – aber sie liegen weiter entfernt, verstreut im Delta.«

»Was ist der Zweck der Versammlung?«

Sie hatte sicher nichts dagegen, mir Auskunft zu geben, war ich doch nur ein Sklave, der dem Sumpf nicht entkommen konnte.

»Er hofft, die Rencebauern zu einen«, sagte sie mit skeptischem Tonfall.

»Wegen des Handels?« fragte ich.

»Deswegen auch«, sagte sie. »Es wäre nützlich, wenn wir ähnliche Qualitätsmerkmale für das Rencepapier hätten, wenn wir es manchmal zusammen ernteten und wenn wir uns manchmal aushelfen könnten. Und natürlich ließe sich gemeinsam ein besserer Preis erzielen.«

»Die Männer aus Port Kar würden sich über eine solche Entwicklung kaum freuen«, sagte ich. »Ich meine die Beamten und die Sklavenhändler.«

»Beamten?« fragte sie. »Ach, die Steuereintreiber im Namen der verschiedenen Ubars der Stadt. Und die Sklavenhändler – zwischen denen und den Steuereintreibern ist manchmal kein Unterschied«, fügte sie bitter hinzu.

»Du glaubst nicht, daß Ho-Haks Plan Erfolg hat?«

»Nein«, sagte sie. »Wir Rencebauern sind unabhängig. Jede unserer Gruppen hat ihre eigene Insel.«

Sie hatte das Boot gewendet und steuerte es nun auf unsere Renceinsel zu, die einen oder zwei Pasang entfernt lag.

»Darf ich sprechen?« fragte ich wieder.

»Ja.«

»Du trägst am linken Arm einen goldenen Armreif. Wie kommt es, daß ein Rencemädchen ein solches Schmuckstück hat?«