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Dann, als die Rencebauern in die Hände zu klatschen und zu singen begannen, kam Telima zu mir.

»An den Pfahl!« befahl sie.

Der Pfahl bildete die Mitte eines etwa zwölf Meter durchmessenden leeren Kreises inmitten der Feiernden. Telima fesselte mir die Hände hinter dem Stamm, befestigte auch meine Fußgelenke an dem Pfahl und setzte mir eine Krone aus Renceblumen auf.

Dann trat sie lachend zurück.

Ich sah in der Menge Ho-Hak, der wie die anderen in die Hände klatschte und sang, und auch den Mann mit dem Perlenband.

Plötzlich trat Schweigen ein, das von einem dröhnenden Trommeln abgelöst wurde. Und zu meiner Verblüffung kam nun Bewegung in die Rencemädchen, die lachend und kreischend, manche auch widerwillig, in den Kreis um meinen Pfahl gedrängt wurden. Die jungen Männer lachten vergnügt und klatschten in die Hände.

Ich sah, daß nicht wenige Burschen den Blick kaum von Telima zu reißen vermochten. Sie war das einzige Mädchen im Kreis, das einen goldenen Armreif trug. Allerdings achtete sie kaum auf die jungen Männer.

Der Mann an der großen Trommel begann seinen Rhythmus zu beschleunigen, andere fielen mit Riedflöten ein und mit Metallstöcken, die aneinandergeschlagen wurden. Schließlich eröffnete Telima den Tanz. Mit den Füßen stampfend, bewegte sie sich im Kreise. Soviel ich weiß, sind die Tänze der Rencemädchen einzigartig auf Gor. Sie sind voll wilder Schönheit, voll von symbolischen Gesten, die im Verlauf des Tanzes immer weiblicher und anmutiger werden. Es ist oft einsam auf den Renceinseln, und das Fest wird nur einmal im Jahr gefeiert. Bei den Rencebauern bedeutet es das Ende der Kindheit, wenn ein Mädchen zum erstenmal in den Kreis geschickt wird.

Plötzlich sah ich dicht vor mir das dunkelhaarige Mädchen mit den herrlichen schlanken Beinen.

»Sklave!« zischte sie, spuckte mir ins Gesicht und wirbelte davon.

Gleich darauf tauchte das große blonde Mädchen in der Menge auf; sie bewegte sich herausfordernd langsam.

»Vielleicht bist du jetzt mein Sklave«, sagte sie und spuckte mich ebenfalls an.

Eine nach der anderen folgten die Mädchen diesem Beispiel, verhöhnten mich, verlachten mich und wandten sich wieder ab.

Die Rencebauern grölten vergnügt und trieben die Mädchen an, die sich nicht lange um mich kümmerten, sondern ihre Aufmerksamkeit wieder den jungen Männern außerhalb des Kreises zuwandten, für die dieser Tanz bestimmt war.

Nach einer Weile sah ich, wie ein Mädchen mit hocherhobenem Kopf den Kreis verließ, gefolgt von einem jungen Mann, der mit ihr in der Dunkelheit verschwand. Wenige Ehn später tat es ihr ein anderes Mädchen nach.

Der Tanz wurde wieder wilder, die Musik dröhnte lauter, und die Mädchen drehten sich im Kreise.

Und plötzlich tanzte Telima vor mir.

Sie kam mir wie die schönste Frau vor, die ich je gesehen hatte, und mir, der ich nur ein Sklave war, zeigte sie tanzend ihre Verachtung. Sie hatte die Hände über den Kopf erhoben und musterte mich spöttisch.

Und dann band sie mich los.

»In die Hütte!« befahl sie.

Ich rührte mich nicht.

»Ja, du gehörst mir!« sagte sie und spuckte mir ins Gesicht. »In die Hütte!«

Ich stolperte durch den Reigen der tanzenden Mädchen, eilte durch die Dunkelheit zu Telimas Hütte. Langsam kroch ich hinein, setzte mich hin und stützte den Kopf in die Hände.

So saß ich lange Zeit in der Dunkelheit. Schließlich traf Telima ein. »Zünde die Lampe an«, befahl sie.

Ich gehorchte. Beim Licht der kleinen Flamme sah ich, daß sie einen Rencekuchen aß. Sie sah mich an. »Ich werde dich heute nacht nicht fesseln«, sagte sie.

Mit langsamen Bewegungen entrollte sie ihre Schlafmatte und zog ihre Tunika aus. Sie warf das Kleidungsstück in eine Ecke, beendete ihre Mahlzeit und wischte sich mit dem Arm über den Mund. Schließlich löste sie ihr Haar.

Auf der Seite liegend, das linke Knie erhoben, sah sie mich an.

»Nimm mich!« befahl sie.

»Nein«, erwiderte ich.

Sie starrte mich verblüfft an.

In diesem Augenblick ertönte von draußen der Entsetzensschrei eines Mädchens, und ganz plötzlich verstummte die Musik. Dann vernahm ich Gebrüll, Befehle, Schreie der Angst, Verwirrung, Waffengeklirr.

»Sklavenhändler!« schrie jemand. »Sklavenhändler!«

6

Ich schnellte sofort aus der Hütte – die instinktive Reaktion eines Kriegers. Das Mädchen folgte mir auf dem Fuße.

Am Ufer der Insel sah ich Fackeln leuchten. Ein Kind lief an mir vorbei. Der Tanzkreis war leer; nackt ragte der Pfahl in die Höhe. Eine Frau schrie. Befehle erschallten, Waffen klirrten. Ein Rencebauer taumelte auf uns zu, einen Armbrustpfeil in der Brust. Irgendwo weinte ein Säugling.

Im Licht der Handfackeln sah ich die hohen gebogenen Bugspriete schmaler Sumpfbarken aufragen, die von Sklaven gerudert werden.

Telima hob die Hände an die Wangen und sah sich mit aufgerissenen Augen um. Sie schrie. Ich packte sie am rechten Handgelenk und ließ sie nicht wieder los, zerrte sie auf das entgegengesetzte Ende der Insel zu, wo Dunkelheit herrschte. Aber auch von dort kamen uns Rencebauern entgegen, Männer, Frauen und Kinder, stolpernd, fliehend. Wir hörten die Rufe ihrer Verfolger, sahen Speerspitzen im ungewissen Licht aufblitzen.

Wir schlossen uns ihnen an und flohen in die andere Richtung, doch in der Dunkelheit vor uns klang eine Trompete auf. Verwirrt hielten wir inne. Ein Hagel Armbrustpfeile deckte uns ein. Menschen schrien. Ein Mann neben uns sank zu Boden.

Wieder machten wir kehrt und stolperten über die verwobene Rencematte, die die Oberfläche der Insel bildete.

Hinter uns gellten Trompeten und das Geräusch von Speeren, die gegen Schilde geschlagen wurden. Dann schrie vor uns eine Frau auf. »Sie haben Netze!« rief sie.

Wir wurden in die Netze getrieben.

»Halt!« rief ich und riß Telima zurück. Doch die meisten, die mit uns flohen, rannten in panischem Entsetzen weiter, rasten blind auf die Netze zu, die vor ihnen aufgespannt waren, von Sklaven gehalten. Es handelte sich nicht um kleine Fangnetze, sondern um riesige große Netzwände, die jeden Widerstand sinnlos machten.

Nun hörte ich auch von der anderen Seite der Insel den entsetzten Schrei: »Netze, Netze!«

Als wir unentschlossen hin und her rannten, erschienen plötzlich Krieger aus Port Kar zwischen uns, mit Helmen und Schilden, mit Schwertern und Speeren bewaffnet, andere mit Knüppeln und Messern, wieder andere mit Peitschen, Schlingen oder Netzen. Sie waren in Begleitung von Sklaven, die Fackeln in die Höhe hielten, damit sie sich orientieren konnten.

Ich erblickte den Rencebauern, der das Stirnband aus Perlen getragen hatte. Er hatte nun das weiße Seidentuch über die Schulter ausgebreitet und bis zum Gürtel herabgezogen. Neben ihm stand ein großer behelmter Krieger aus Port Kar, den Goldstreifen eines Offiziers am Helm. Der Rencebauer zeigte hierhin und dorthin und gab den Männern aus Port Kar Befehle.

»Henrak!« rief Telima. »Das ist doch Henrak!«

So hörte ich zum erstenmal den Namen des Mannes mit dem Stirnband.

In Henraks Hand baumelte ein Beutel, der Gold enthalten mochte.

Dicht neben uns stürzte ein Mann zu Boden; aus seinem Hals ragte eine Speerspitze. Ich legte den Arm um Telimas Schulter und führte sie weg.

Telima rannte weinend neben mir. Ich sah die Netze von den beiden Inselufern her vorrücken. Die Soldaten trieben mit Speeren erschreckte Rencebauern auf die Mitte zu.

Auf allen Seiten brüllende Männer, kreischende Frauen, weinende Kinder, überall Männer aus Port Kar und ihre Sklaven, die Fackeln und Netze hielten. Ein Junge rannte vorbei. Es war der Junge, der mir Rencekuchen gegeben hatte und deshalb von seiner Mutter gescholten worden war.

Im Licht der Sumpffackeln sah ich Ho-Hak mit dem Mut der Verzweiflung kämpfen. Mehrere Krieger lagen vor ihm am Boden. Wild schwang er einen Ruderstamm im Kreise, von etwa fünfzehn Kriegern umgeben. Die Fackeln glitzerten auf ihren Schwertern.