Выбрать главу

Ho-Hak bot einen furchteinflößenden Anblick, schwitzend, schweratmend, die Ohren flach anliegend. Das Ende seiner verrosteten Sklavenkette wirbelte herum.

»Tharlarion!« brüllte er die Männer aus Port Kar an, die jedoch nur lachten.

Schließlich senkten sich zwei Fangnetze über ihn. Die Krieger stürzten vor und schlugen ihn mit Schwertgriffen und Lanzenschäften bewußtlos.

Telima schrie auf, und ich zerrte sie fort.

Wieder rannten wir durch das Chaos, das auf der Insel herrschte. Am Ufer brannten Renceboote im Wasser. Hier gab es keine Fluchtmöglichkeit mehr. Ein Rencebauer schrie im Wasser, von den Kiefern eines Sumpftharlarion gepackt.

»Da sind zwei!« rief jemand.

Wir fuhren herum und sahen vier Krieger auf uns zukommen. Wir machten kehrt und näherten uns wieder dem Licht, den Fackeln in der Inselmitte, den kreischenden Frauen und Männern.

Nahe dem Pfahl, an den man mich gebunden hatte, lagen einige Rencebauern, Männer und Frauen, gefesselt am Boden. Zwei Wächter wachten über die Beute, die später auf die Barken gebracht werden sollte. Ein Schriftgelehrter machte die Runde und notierte die Zahl der Gefangenen, die ständig wuchs.

»Da!« brüllte plötzlich Henrak, der Mann mit dem weißen Tuch über der Schulter. Er zeigte auf uns. »Holt das Mädchen! Ich will sie haben!«

Telima starrte ihn entsetzt an und begann den Kopf zu schütteln.

Ein Krieger sprang auf uns zu.

In diesem Augenblick eilte eine Gruppe von fünf oder sechs fliehenden Rencebauern vorüber und trennte uns. Telima machte kehrt und verschwand in der Dunkelheit. Ich ging zu Boden, rappelte mich hastig wieder auf. Im nächsten Augenblick traf mich ein Knüppel. Ich schüttelte den Kopf. Blut rann mir übers Gesicht. In meiner Nähe fesselte ein Krieger eine Sklavin. Es war nicht Telima. Ich rannte in die Richtung, die das Mädchen eingeschlagen hatte.

Plötzlich baute sich ein Mann vor mir auf. Hätte er geahnt, daß ich ein Krieger war, wäre er wahrscheinlich vorsichtiger mit seinem Schwert umgegangen. Ich umfaßte sein Handgelenk und kugelte mit einem Ruck den Arm aus. Er schrie auf, dann war die Klinge in meiner Hand. Ein zweiter Mann stürzte mit einem Speer auf mich zu. Ich ergriff den Lanzenschaft mit der Linken, zerrte ihn heran und stieß gleichzeitig mit dem Schwert zu, das tief in seinen Hals drang.

Der Sklave, der seine Fackel trug, starrte mich an und wich zurück.

Plötzlich spürte ich ein Netz über mir. Ich duckte mich und vollführte zugleich mit dem Schwert eine kreisende Bewegung über dem Kopf, erwischte das Netz, ehe es mich umschließen konnte. In der Dunkelheit fluchte ein Mann. Im nächsten Augenblick stürzte er mit erhobenem Messer auf mich zu. Meine Klinge hatte das Netz halb durchschnitten, war aber darin gefangen. Ich umfaßte mit der Linken sein Handgelenk und führte mit dem rechten Arm mein Schwert samt Netz zum tödlichen Hieb. Ein Speer zuckte auf mich zu, verfing sich jedoch ebenfalls in dem Netz, das um mein Schwert gewickelt war. Ehe der Werfer seine eigene Klinge gezogen hatte, sprang ich ihn an und brach ihm das Genick.

Vor mir schimmerte eine Fackel. Ich eilte darauf zu. Da sah ich Telima. Ein Mann hatte sie auf den Bauch geworfen und fesselte sie. Ich packte ihn, drehte ihn herum und versetzte ihm einen Schlag ins Gesicht. Als er sein Schwert zu ziehen versuchte, hob ich ihn hoch und warf ihn ins Wasser, wo bereits mehrere Tharlarion auf der Lauer lagen. Sie hatten reiche Beute in dieser Nacht.

Telima drehte sich auf die Seite und starrte mich an. »Ich möchte nicht Sklavin sein!« schluchzte sie.

Gleich mußten weitere Krieger hier sein.

Ich hob sie hoch.

»Still«, sagte ich und sah mich um. Im Augenblick waren keine Gegner in der Nähe. Zu unserer Linken wurde es hell. Eine der Renceinseln, die mit unserer Insel verbunden war, begann zu brennen.

Hastig blickte ich mich um, suchte verzweifelt nach einem Ausweg.

Auf der einen Seite lag der Sumpf, in dem die Tharlarion lauerten. Überall trieben die lodernden oder rauchenden Reste von Rencebooten auf dem Wasser, die zu Beginn des Überfalls losgebunden und angesteckt worden waren, um eine Flucht der Rencebauern zu verhindern. Auf der anderen Seite das Licht der Fackeln, das Schreien der Menschen – und die Sklavenhändler von Port Kar.

Über eine der Floßbrücken zwischen den Inseln wurden jetzt gefangene Rencebauern auf unsere Insel getrieben.

Die Flöße, die Brücken, dachte ich, die Flöße!

Telima im Arm, lief ich am Ufer der Renceinsel entlang, ohne einem Gegner zu begegnen. Dieses Gebiet war zuvor mit den großen Netzen gesäubert worden, so daß sich hier keine Rencebauern mehr befanden. Allerdings begannen sich nun Fackeln der Stelle zu nähern, wo wir eben noch gewesen waren; kurz darauf teilte sich die Gruppe, und eine Hälfte der Lichter schlug den Weg in unsere Richtung ein.

Irgendwo erschallte Henraks Stimme. »Beschafft mir das Mädchen. Ich muß das Mädchen haben!«

Ich erreichte eine der Floßbrücken, die ich am Vormittag noch mit befestigt hatte. Ich setzte Telima in der Mitte des Floßes ab und begann, die Renceleinen durchzuschneiden.

Am Ufer näherten sich die Fackeln.

Es waren acht Leinen, vier auf jeder Seite. Ich hatte sechs Verbindungen gelöst, als jemand »Halt!« brüllte.

Die Insel auf der anderen Seite der Floßbrücke hatte nun zu brennen begonnen, und gleich mußte diese Stelle taghell erleuchtet sein.

Nur ein Mann hatte gerufen, offenbar ein Wächter, der für diesen Abschnitt zuständig war. Sein Speer landete dicht neben mir, bohrte sich in das Floß. Sein Schwert ziehend, rannte er auf mich zu. Ich hatte die Lanze aus dem Holz gerissen und hielt sie dem Anstürmenden entgegen. Offenbar war er vom Feuer geblendet, denn er sah sie nicht. Sein Körper wurde glatt durchbohrt.

Ich drehte mich hastig um. Offenbar hatte uns sonst niemand gesehen.

Da glitt ich ab, sofort schnappte ein winziger Tharlarion zu, biß mir ein Stück Fleisch aus dem Schenkel, hastig zog ich das Bein wieder aus dem Wasser.

Fackeln kamen näher. Mit fliegenden Fingern riß ich Rence vom Inselufer los, häufte es in der Mitte des Floßes auf, bedeckte Telima damit, dann stieß ich das Floß von der Insel ab und kroch neben das Mädchen unter die Rencebüschel. Sie starrte mich erschreckt an.

Die Fackeln entfernten sich wieder. Unbemerkt trieb das Floß zwischen den Inseln hervor.

7

Zwischen Schilf und Rencepflanzen verborgen, einige hundert Meter von den Inseln entfernt, von denen zwei brannten, beobachteten Telima und ich die Bewegungen der Fackeln und hörten die Schreie der Frauen und Kinder.

Die Männer aus Port Kar hatten die beiden Inseln in Brand gesteckt, um Rencebauern, die sich vielleicht noch versteckt hielten, ins Freie zu treiben. Nach der Säuberungsaktion waren die brennenden Inseln losgemacht und fortgestoßen worden. Etwa eine Ahn vor Sonnenaufgang waren zwei weitere Inseln in Flammen aufgegangen. Als die Dämmerung hereinbrach, war die Arbeit der Männer aus Port Kar getan.

Ihre Sklaven, die die Fackeln nun gelöscht hatten, beluden die großen Barken über schmale Planken mit schweren Rencepapier-Rollen und der lebenden Beute der Nacht. Die kostbare Papierlast fand im Bug der Schiffe Platz, während die Sklaven zwischen die Ruderbänke geworfen wurden und vor dem Ruderdeck gar drei oder vier Schichten hoch lagen. Es waren insgesamt sechs Schiffe. Der Bug jeder Barke wurde mit einem hübschen Mädchen geschmückt, zum Zeichen, daß der Ausflug erfolgreich gewesen war. Es überraschte mich nicht, daß das dunkelhaarige, schlanke Mädchen und die grauäugige Blondine zu diesen Mädchen am Bug gehörten.

Telima saß gefesselt neben mir; ich hatte einen Arm um ihre Schultern gelegt. Ihr Blick wirkte stumpf.

Auf der Insel, nahe dem Tanzpfahl, stand ein trostloses Häufchen Gefangener, von den beiden großen Netzen umschlossen, von Speeren in Schach gehalten. Viele hatten die Finger durch die Netze gehakt und starrten ins Leere. Neben dem Netz erblickte ich Henrak, der noch immer sein weißes Tuch trug. Er sprach mit dem bärtigen Offizier.