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»Sie sagten, daß Sie einen Schlüssel zu Miss Simpsons Cottage haben.«

»Ja, das stimmt. Ich habe einen. Möchten Sie sich dort umsehen?«

»Nur ein wenig. Morgen wird das Haus gründlich untersucht.«

»Oh ... heißt das ...?«

»Tut mir leid, ich kann im Augenblick wirklich nichts Genaueres sagen.«

»Natürlich. Sie haben allen Grund, mich zurechtzuweisen, Chief Inspector.« Sie preßte den Zeigefinger auf die Lippen. »>Stumm war die Schar.< Mögen Sie Keats?«

»Könnten wir uns so schnell wie möglich auf den Weg machen?«

Sie nahm ein Burberry-Cape vom Haken hinter der Tür und warf es sich um die Schultern. Als sie zum Gartentor gingen, stieß Miss Bellringer den überwuchernden Kotoneaster mit dem Fuß vom Weg. »Wir hatten früher eine ausgezeichnete Beziehung, die Pflanzen und ich. Ich habe sie in Ruhe gelassen und sie mich. Jetzt gerät alles aus dem Ruder. Sehen Sie sich all das Zeug nur mal an! Ich dachte, Büsche und Sträucher wären ideal für Leute, die nichts für Gartenarbeit übrig haben.«

»Sie müssen gelegentlich zurückgeschnitten werden«, empfahl der Chief Inspector, dessen Blumenrabatten den Neid sämtlicher Mitglieder des Gartenvereins erregten.

Sergeant Troy beobachtete die beiden von der anderen Straßenseite - den großen Mann in dem hellgrauen Sommerjackett mit passender Hose und die schäbige Greisin, die neben ihm herumzappelte wie ein alter englischer Hirtenhund, den man in einen Leinensack gesteckt hatte. Natürlich, dachte Troy, kann man die Menschen nicht nach den Klamotten beurteilen. Er erinnerte sich an die alte Lady Preddicott, zu der seine Mutter putzen gegangen war. Sie hatte immer ausgesehen, als würde sie sich aus den Säcken der Altkleider-sammlung bedienen. Und er selbst bekam die abgelegten Sachen von ihrem Enkel - sagenhaft teure Kleider aus exklusiven Geschäften -, obwohl er sich nichts sehnlicher gewünscht hatte als eine lässige Jeans und ein Batman-T-Shirt.

Zwei Kinder und eine Frau mit Einkaufswagen blieben vor einem Auto auf der anderen Straßenseite stehen und starrten Troy neugierig an. Er lehnte sich entspannt zurück und legte lässig eine Hand aufs Steuerrad, behielt aber die Augen offen - ein wichtiger Einsatz. Plötzlich drehte sich Barnaby um und winkte ihn zu sich. Mit vor Ärger hochrotem Gesicht stieg Troy aus dem Rover, schloß die Tür ab und lief seinem Boß nach.

Das Bienenstock-Cottage stand schräg gegenüber von Miss Bellringers Haus. Es war perfekt und sah genauso aus wie die Abbildungen auf englischen Kalendern und Postkarten, die die Touristen verschickten. Von einem solchen Zuhause träumte jeder im Exil Lebende.

Haus und Grundstück wirkten hübsch und liebevoll gepflegt. Eine zweite Strohschicht lag über dem Dach wie eine Schürze, und die Fenster hatten Bleiglasscheiben. Ein im Fischgrätmuster gepflasterter, im Alter uneben gewordener Weg wand sich durch Lavendelstauden und Zypressenkraut bis zur Hintertür. Dort wuchsen Stockrosen, Nelken, Rittersporn, Thymian und Reseda. Eine makellose Rasenfläche schloß sich an den gepflasterten Hof an. Am gegenüberliegenden Rand des Rasens sah man, halb versteckt hinter einem riesigen Schneeballstrauch, zwei Bienenstöcke. Barnaby war angenehm überrascht und blieb lange in schweigender Bewunderung stehen. Der harmonische Garten mit den hübsch zusammengestellten Pflanzengruppen übte eine beruhigende Wirkung auf ihn aus.

»Was für ein wundervoller Duft.« Er ging zum nächsten Rosenbusch.

»Das war ihre Lieblingssorte. Ich weiß nicht, wie sie heißt.«

»Es ist eine Papa Meilland.« Barnaby bückte sich und sog den unvergleichlichen Geruch tief ein. Sergeant Troy verdrehte die Augen. Miss Bellringer holte einen großen Schlüssel hervor und öffnete die Tür. Barnaby wies Troy an, im Hinterhof Stellung zu beziehen, und folgte Miss Bellringer ins Haus. Das erste, was ihnen ins Auge fiel, als sie die Küche betraten, war ein Holzregal, in dem eine ordentlich gefaltete Gartenschürze, eine saubere Pflanzhacke und eine Kniematte lagen. Miss Bellringer ging mit raschen Schritten in die Mitte des Raums und rief: »Lieber Himmel, was ist das für ein scheußlicher Gestank?« Sie wandte sich zur Spüle um.

»Nichts anfassen, bitte«, schrie Barnaby.

»Oh.« Sie blieb stocksteif stehen wie ein Kind, das Statue spielt. »Wegen der Fingerabdrücke?«

Ein überwältigender muffiger Geruch lag in der Luft. Der Chief Inspector sah sich um. Alles war blitzblank und aufgeräumt. In einem Marmeladenglas auf dem Kühlschrank steckte ein Sträußchen Petersilie. Ein paar Kartoffeln lagen in einem Drahtkorb für Gemüse, und daneben stand eine Emailschüssel mit zwei Äpfeln.

»Waren Sie noch einmal hier, seit der Leichnam abgeholt wurde?«

Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann es nicht ertragen ohne sie.«

»Ist Ihnen der Gestank schon vorher aufgefallen?«

»Nein. Aber mein Geruchssinn ist nicht besonders ausgeprägt. Emily hat sich ständig darüber beschwert und mich immer wieder gedrängt, an diesem und jenem zu schnuppern. Vollkommene Zeitverschwendung.«

»Aber er wäre Ihnen doch sicher aufgefallen, wenn er so stark gewesen wäre wie jetzt.«

»Ich denke schon.« Sie schaute unglücklich in die Runde, dann runzelte sie angewidert die Stirn. »Guter Gott!«

»Was ist?«

»Da ist die Erklärung dafür. Wer, um alles in der Welt, hat das hierher gebracht?« Sie deutete auf das Marmeladenglas auf dem Kühlschrank. Barnaby roch an dem Sträußchen. Der mäuseartige Gestank fuhr ihm in die Nase und brachte ihn beinahe zum Niesen.

»Ist das nicht Petersilie?« fragte er.

»Ich bitte Sie - das ist Schierling.«

»Was?«

»Er wächst in Massen an den alten Bahngeleisen.«

»Er sieht aus wie Petersilie. Glauben Sie, Ihre Freundin hat die Pflanzen verwechselt?«

»Großer Gott, nein. Emily hatte ein eigenes Petersilienbeet neben dem Walnußbaum. Sie hat drei verschiedene Sorten gezogen. Nein, den Gedanken können Sie vergessen. Außerdem - das Zeug war am Morgen nach ihrem Tod noch nicht da.«

»Sind Sie sicher?«

»Ziemlich sicher, ja. Natürlich bin ich nicht herumgelaufen und habe Inventur gemacht, aber...«

»Und das Cottage war seither verschlossen?«

»Ja. Und«, setzte sie hinzu, da sie seine nächste Frage erahnte, »ich bin die einzige, die einen zusätzlichen Schlüssel in Verwahrung hat. Die vordere Tür war von innen verriegelt. Sie führt direkt zur Straße. Emily hat sie nie benutzt. Sind Sie sich bewußt, was das bedeutet, Chief Inspector?« Sie faßte aufgeregt nach seinem Arm. »Wir haben einen ersten Hinweis!«

»Ist das das Wohnzimmer?« Barnaby ging auf die Tür zu und zog den Kopf ein.

»Ja.« Sie folgte ihm. »Es gibt nur diese beiden Räume hier unten.«

»War die Tür an dem Morgen, an dem sie gefunden wurde, offen?«

»Nein.«

Eine Standuhr tickte träge in der Ecke. Barnaby sah einen kleinen Kamin und mit Messing beschlagene Balken, eine mit Chintz bezogene, dreiteilige Sitzgruppe, einen Queen-Anne-Tisch und zwei Schränke mit Rautenglastüren, in denen Teller und Porzellanfiguren standen. An einer Wand stand ein volles Bücherregal.

Die Einrichtung des Cottage sah genauso aus, wie man es dem äußeren Anschein nach erwartet hätte, und Barnaby befiel das eigenartige Gefühl, ein naturgetreues Bühnenbild zu betreten. Jeden Augenblick würde ein Dienstmädchen hereinkommen, den Hörer von dem massiven Bakelittelefon abnehmen und sagen: »Leider ist Lady Sonstnochwie im Augenblick außer Haus.« Oder ein hellgekleideter Jugendlicher würde fragen, ob jemand mit ihm Tennis spielen wolle. Die Alternative wäre ein barscher alter Colonel... »Die Leiche lag hier, Inspector.«