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»Bruder Dariusz, so?« Der Geistliche wirkte ehrlich verblüfft.

»Das wundert mich, um ehrlich zu sein. Es war Bruder Dariusz, der die Anklage gegen Euch erhoben hat.«

Robin drehte mit einem Ruck den Kopf und starrte Dariusz fassungslos an. Dariusz? Ausgerechnet Dariusz brachte diese absurde Anschuldigung gegen sie vor? Was um alles in der Welt ging hier vor?

Vater Johannes schien zumindest zu spüren, was in ihr vorging, denn er hob rasch die Hand und kam allem zuvor, was sie hätte sagen können. »Also gut«, seufzte er. »Wenn wir schon fast alle Ordensregeln mit Füßen treten, können wir auch ebenso gut weiter so verfahren. Bruder Dariusz, begründet diesen schweren Vorwurf, den Ihr erhebt.«

Dariusz berichtete, wie er Robin weit entfernt von den Liegenschaften der Templer in einem kleinen Küstendorf angetroffen hatte und dass er Robin mit großem Nachdruck dazu bringen musste, dem Ruf des Großmeisters zu den Waffen zu folgen.

»Aber er ist Euch gefolgt?«, vergewisserte sich Johannes und raschelte wieder mit seinen Papieren. »Ich meine: Ihr musstet ihn nicht gewaltsam zwingen oder in Ketten legen oder etwas in dieser Art?«

»Nein«, antwortete Dariusz. Er wirkte irritiert.

Vater Johannes machte sich eine Notiz und seufzte. »Fahrt fort.«

Dariusz fuhr fort. Er berichtete von dem Gefecht mit den Plünderern, in dem sich Robin durch große Zurückhaltung gegen den Feind ausgezeichnet hatte - eine dreiste Lügengeschichte - und führte als Beweis an, dass weder sie noch ihr Pferd verletzt wurden, weil sie sich von den Kampfhandlungen fern gehalten hätte.

Dariusz erzählte weiter, wie unziemlich sie sich dem Großmeister während des gemeinsamen Mahls in Safet aufgedrängt hätte. Immer wieder hätte sie während des Mahls das Gebot zu schweigen gebrochen. Doch ihre ganze Schändlichkeit habe sich erst in der Schlacht gegen Saladin gezeigt. Während die Templer in geschlossener Ordnung in das Heer Saladins eingebrochen seien, habe sie sich zur Flucht gewandt, wodurch die Schlachtreihe zerbrach und der schon sichere Sieg in einer schmählichen Flucht endete. Er behauptete, auch mehrere Zeugen dafür aufbieten zu können.

»Nur die Ruhe«, sagte Johannes. »So weit sind wir noch nicht.« Er wandte sich direkt an Robin. »Ihr habt die Vorwürfe gehört, die Bruder Dariusz gegen Euch erhebt. Was habt Ihr dazu zu sagen?«

»Das ... das ist nicht wahr«, stammelte Robin. »Ich ... ich habe mich in der Schlacht zurückgenommen, das ist wahr.«

»Er gibt es also zu«, sagte Ridefort.

»Aber nur, weil Dariusz es mir befohlen hat«, schloss Robin.

Johannes blinzelte. »Wie?«

»Albernes Gewäsch«, sagte Dariusz abfällig. »Warum sollte ich das tun?«

Vater Johannes brachte ihn mit einer ärgerlichen Geste zum Schweigen und wandte sich wieder direkt an Robin. »Auch wenn ich es ungern tue, Bruder, so muss ich Ritter Dariusz doch Recht geben. Warum sollte er so etwas tun, mitten in einer Schlacht?«

»Das weiß ich nicht«, antwortete Robin mühsam beherrscht.

»Ich habe es selbst nicht verstanden. Aber er hat mir eindeutig befohlen, kein Risiko einzugehen und immer in seiner Nähe zu bleiben. Als der Angriff zusammenzubrechen begann, da hat er mir den Befehl erteilt, zu fliehen und im Feldlager auf ihn zu warten.«

»Ist das wahr?«, wandte sich Johannes an Dariusz.

Der Ritter machte sich nicht einmal die Mühe zu antworten.

»Das ist in der Tat seltsam«, sagte Johannes. »Zumal es Zeugen gibt, die Bruder Robin auf dem Schlachtfeld im Kampf gesehen haben.«

»Er ist um sein Leben gerannt wie ein Hase«, sagte Dariusz verächtlich. »Die meisten unserer Brüder sind gefallen, als wir in den Hinterhalt gerieten. Unser Großmeister ist in Gefangenschaft geraten. Tausende guter Christenmenschen haben an diesem Tag ihr Leben gelassen, und genug haben gesehen, wie dieser Feigling davongerannt ist!«

»Immerhin wurde Bruder Robin während der Schlacht schwer verletzt«, gab Johannes zu bedenken. Er drehte sich wieder zu Robin um. »Wie ist es zu dieser Verletzung gekommen?«

»Das weiß ich nicht«, log Robin. »Ein verirrter Pfeil, nehme ich an.« Sie widerstand gerade noch im letzten Moment der Versuchung, mit den Schultern zu zucken.

»Was für ein Unsinn«, sagte Dariusz. »Wie schade, dass wir diesen verirrten Pfeil nicht mehr haben - es sollte mich nicht weiter wundern, wenn es einer unserer eigenen Pfeile gewesen wäre. Wie Ihr ja sicher wisst, ist es bei uns üblich, Deserteure und Fahnenflüchtige auf der Stelle zu erschießen.«

Robin wollte antworten, doch in diesem Moment flog die Tür auf, und eine schlanke, von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidete Gestalt trat ein. Sofort griffen die beiden Wachen neben der Tür nach ihren Schwertern, doch sie kamen nicht einmal dazu, ihre Waffen zu ziehen. Drei, vier weitere Männer in schwarzen Kettenhemden, Helmen und Mänteln stürmten herein und hielten sie mit gezückten Schwertern in Schach, während der zuerst eingetretene mit langsamen Schritten näher kam.

Johannes schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass es klatschte. »Was hat das zu bedeuten?«, fragte er scharf. »Was erdreistet Ihr Euch, hier ungefragt einzudringen, noch dazu mit Waffen? Wachen!«

Der Schwarzgekleidete hob rasch die Hand. »Nicht doch, Vater«, sagte er. »Das wird wohl kaum nötig sein. Ich versichere Euch, ich bin in friedlicher Absicht gekommen. Ganz im Gegenteil kann ich vielleicht das eine oder andere zur Aufklärung dieser unangenehmen Geschichte beitragen.« Er hob die Hände an den Kopf und streifte den Helm ab, doch das Gesicht, das darunter zum Vorschein kam, war dennoch nicht zu erkennen. Der Mann trug eine Art flachen Turban, an dem ein undurchsichtiges Tuch aus schwarzer Spitze befestigt war. Alles, was Robin von seinem Gesicht erkennen konnte, war ein Paar ungewöhnlich klarer, stechend grüner Augen.

»Baldu ...«, begann sie ungläubig, brach erschrocken ab und korrigierte sich dann hastig. »Majestät?«

Balduin streifte sie mit einem kurzen, spöttischen Blick und drehte sich dann wieder zu Johannes um, der halb von seinem Stuhl aufgesprungen, nun aber mitten in der Bewegung erstarrt war.

»Ich muss mich noch einmal für die rüde Art meines Eintretens entschuldigen«, fuhr Balduin fort. »Man sagt mir einen Hang zu dramatischen Auftritten nach, und ich fürchte fast, es ist etwas Wahres daran.«

»Majestät?«, murmelte Johannes fassungslos.

Balduin wedelte mit der Rechten, die in einem dünnen Handschuh aus schwarzer Seide steckte. »Nicht doch, Vater. Dies ist ein Gericht, und auf dieser Seite des Tisches sollten Ränge und Titel nicht zählen.«

Johannes räusperte sich. Er fand seine Fassung zwar rasch wieder und setzte sich, rettete sich aber dann darin, wieder hektisch in seinen Pergamenten zu blättern.

Nicht so Ridefort. Auch er war im allerersten Moment vollkommen perplex gewesen, fing sich aber deutlich schneller wieder als Dariusz. »Bei allem Respekt, Majestät«, sagte er kühl.

»Aber dies hier ist eine reine Ordensangelegenheit - und wir befinden uns im Templum Domini, dem Hauptquartier unseres Ordens.«

Balduin drehte sich betont langsam zu ihm um. »Ich fürchte, da befindet Ihr Euch im Irrtum, mein lieber Marschall«, sagte er zuckersüß. »Und das in zweierlei Hinsicht.«

»Wieso?«, fragte Ridefort scharf.

»Fangen wir mit dem zweiten Punkt an«, antwortete Balduin.

»Muss ich Euch wirklich daran erinnern, dass ich der König von Jerusalem bin? Wem die Stadt gehört und somit auch dieser Tempel?«

»Majestät - bitte!«, sagte Johannes.

Balduin starrte Ridefort noch einen Moment aus seinen durchdringenden grünen Augen an, die plötzlich gar nicht mehr spöttisch wirkten, sondern ganz im Gegenteil so kalt und hart wie geschliffener Smaragd. Dann jedoch wandte er sich wieder an Vater Johannes und deutete eine Verbeugung an. »Verzeiht, Vater. Ich habe mich hinreißen lassen. Wie gesagt: Leider habe ich eine gewisse Schwäche für dramatische Situationen.«