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Tarra und ich hielten uns nicht erst mit einem Gespräch auf, sondern fingen gleich an zu spielen. Ich musste feststellen, dass Ravello trotz seiner Worte das Wirtshaus nicht verließ, sondern an einem entfernten Tisch Platz nahm. Natürlich tat ich, als hätte ich das nicht bemerkt.

Die erste Partie verlor ich ohne große Mühe. Anscheinend war mein neuer Gegner ein echtes Ass. Doch schon das zweite Spiel gewann ich, weil meine Glückssträhne langsam in Fahrt kam.

»Zwei?«, schlug ich vor.

»Zwei Kronen pro Partie?«, fragte Tarra. »Bei allen Magistern, Sir Brando - Sie sind ein risikofreudiger Mensch. Wie wär's mit dreien?«

»Drei sind besser als zwei«, antwortete ich und bemühte mich, dabei möglichst idiotisch zu wirken.

Dann gelang es mir, sechsmal nacheinander im Mau-Mau zu gewinnen. Als ich merkte, dass Tarra langsam schlafen gehen wollte, verlor ich zweimal auf die Schnelle. Der Mann spielte so gut, dass das für mich nicht schwer war.

»Sechs!«, rief er nach seinem zweiten Sieg entschieden. Ich nickte und gewann dann sechsmal nacheinander, ohne dass mein Gegner begriffen hätte, wie ihm geschah.

»Gute Nacht, meine Herren. Es wird schon wieder Tag«, sagte ich müde und stand auf.

»Sie gehen schon, Sir Brando?«, fragte Tarra erstaunt. Er machte den Eindruck, als begriffe er allmählich, dass mit mir auch all sein Geld nach Hause ging. »Geben Sie mir vielleicht eine Chance zur Revanche ...?«

»Davon würde ich Ihnen abraten«, sagte ich fröhlich. »So verlieren Sie nur noch mehr Geld. Seien Sie bitte nicht sauer auf mich, mein Freund. Irgendwann kommt das Glück sicher auch zu Ihnen. Soweit ich weiß, wird Kettari oft von Touristen besucht. Und der Mond hier mag mich.«

»Der Mond? Ach so!«, rief mein Gegenspieler verwirrt. »Wer hat Ihnen eigentlich Mau-Mau beigebracht, Sir Brando?«

»Meine Tante. Sie haben Glück, dass sie ihr Haus seit über dreihundert Jahren nicht verlassen hat. Lieber Sir Tarra, so schlaue Touristen wie mich werden Sie demnächst bestimmt nicht mehr treffen. Und Sie spielen wirklich gut. Es war für mich gar kein Problem, Sie ab und an gewinnen zu lassen.«

»Gewinnen zu lassen? Sie machen wohl Witze?«, fragte der Mann und wirkte schwer verärgert.

»Natürlich habe ich Sie ab und an gewinnen lassen«, sagte ich versöhnlich. »Ich habe Ihnen also wohl keinen allzu großen Verlust bereitet, oder? Aber jetzt Gute Nacht. Ich möchte wirklich schlafen gehen.«

Mit diesen Worten verließ ich das nette Plätzchen und hoffte, dass ich mich keiner Attacke von Sir Tarra würde erwehren müssen. Und glücklicherweise geschah auch nichts dergleichen.

Zu Hause zählte ich gewissenhaft meine Ausbeute. Ich hatte einundachtzig Kronen und etwas Kleingeld zur Verfügung. Zwar war das deutlich weniger, als Sir Schürf vor seinem Ausflug in der Tasche hatte, aber wir konnten wieder recht gut leben.

Ich sah mich um. Lonely-Lokley schlief bestimmt -wie es sich gehörte - im oberen Zimmer. Auch ich könnte doch kurz dösen, überlegte ich, am besten gleich hier auf der Couch. Ich brauchte nur wenig Schlaf, den aber dringend. Also schrieb ich »Bitte mittags wecken - egal, wie sehr ich protestiere!« auf einen Zettel und legte ihn ans Kopfende des Sofas. Vermutlich würden wir demnächst ziemlich viel zu tun bekommen.

Zur gewünschten Stunde wurde ich wachgerüttelt - Sir Schürf erwies sich als überaus zuverlässig. Und als sehr intelligent, da er schon mein Kachar-Balsam vorbereitet hatte, was mein Wachwerden deutlich beschleunigte.

»Danke, Schürf«, sagte ich und brachte es sogar fertig, meinen Peiniger und die grelle Sonne anzulächeln. »Ich habe zwei gute Nachrichten. Erstens sind wir reich, und zweitens ...«

»Max, ich hoffe, du hast nichts getan, wovon ...«

»... unser verehrter General Bubuta Boch nichts wissen darf? Da kannst du beruhigt sein. Ich wollte nur prüfen, wie gut die Kartenspieler hier sind. Und ich bin ganz deiner Meinung: Das hat wirklich Spaß gemacht.«

»Du hast also mit den Leuten hier Karten gespielt? Ich hätte nicht gedacht, dass du so ein gewiefter Betrüger bist.«

»Ich? Ein Betrüger? Du beleidigst mich. Ich bin ein ehrlicher Mensch. Ich hab nur etwas mehr Glück als die Leute hier.«

»Und wie viel hast du gewonnen?«

»Zähl selbst«, entgegnete ich. »Eine Krone und das Kleingeld kannst du beiseitelegen - das hatte ich schon vor dem Spiel. Ich geh jetzt ins Bad.«

Als ich wieder ins Gästezimmer kam, sah Lonely-Lokley mich begeistert an.

»Du hast ungemein viele Talente«, meinte er ehrfürchtig-

»Es sind eher wenige, Schürf, glaub mir. Ich kann weder singen noch fliegen noch Tschakata-Piroggen machen, und vieles andere kann ich genauso wenig. Aber jetzt gehen wir frühstücken. Sündige Magister - es ist wirklich toll, dass wir nicht mehr auf den Preis achten müssen!«

Wir frühstückten im Runden Tisch, wo wir am Vorabend gegessen hatten. In mir meldete sich der konservative Konsument, der nichts Besseres suchen will, wenn er was Gutes gefunden hat.

Die freundliche Wirtin erkannte uns zu unserer Freude sofort. Ich hatte eigentlich noch keinen Hunger, doch Lonely-Lokley aß für zwei. Das rührte mich, und ich kam mir vor wie ein Familienvater, der dem einzigen Sohn beim Futtern zusieht. Seltsames Gefühl.

»Und was war zweitens?«, wollte Schürf überraschend und mit vollem Mund wissen.

»Zweitens?«, fragte ich ratlos.

»Heute Morgen hast du von zwei guten Nachrichten gesprochen. Die Erste war, dass wir reich sind. Und die Zweite?«

»Ach, Schürf, das ist eine Nachricht nach deinem Geschmack. Es handelt sich um eine Aufgabe, für die deine Hände wie geschaffen sind. Danach können wir diese verrückte Stadt reinen Gewissens verlassen. In Kettari tobt ein gewisser Sir Kiba Azach. Soweit ich weiß, ist in der Stadt eigentlich alles in Ordnung - nur Kiba passt nicht hierher.«

»Aha«, meinte Lonely-Lokley reserviert. »Mit dieser Stadt ist also alles in Ordnung? Schön, dass du das glauben kannst.«

»Schürf«, begann ich sanft. »In Kettari ist wirklich alles paletti. Hier ist nur eine seltsame, aber interessante Sache passiert, die mir sehr gefällt. Und Juffin wird - wie ich ihn kenne - auch davon angetan sein. Was aber diesen Kiba angeht: Der muss ausgeschaltet werden, da seine Anwesenheit der Stadt schaden kann. Hab ich dir etwa den Appetit verdorben?«

»Gar nicht. Weißt du, dass der Mann, von dem du da redest, schon vor langer Zeit gestorben ist?«

»Ja«, sagte ich. »Und das verschlimmert die Lage offenbar.«

»Da hast du Recht. Es ist viel schwerer, gegen tote Magister zu kämpfen als gegen lebende. Was weißt du noch, Max?«

»Nichts«, meinte ich und breitete entschuldigend die Unterarme aus. »Ich dachte, du wüsstest, wie er zu finden ist und so.«

»Ihn zu finden, ist leicht. Ich möchte nur erfahren, was du noch über Kiba Azach weißt.«

»Nichts, wirklich nicht. Nur, dass er ein toter Magister ist und etwas in Kettari verpfuscht hat oder verpfuschen will. Ach ja, ich weiß noch, dass er ein -unrechtmäßig getöteten Großer Magister ist. Das ist ein seltsamer Ausdruck, nicht?«

»Warum seltsam? So nennt man das eben. Als ich ihn umbrachte, hab ich nicht mal gewusst, wie man es richtig macht. Außerdem war mir gar nicht klar, was ich da tat.«

»Du warst das?«, rief ich erstaunt und begriff allmählich. »War er vielleicht der Vorbesitzer deiner Handschuhe?«

»Ihm gehörte nur der linke, wenn du es wissen willst. Der rechte Handschuh hat einem jüngeren Magister des Ordens der Wasserkrähe gehört, mit dem ich viel weniger Probleme hatte.«

»Hör mal, Schürf«, sagte ich beunruhigt. »Ich erinnere mich gut an deine Lebensgeschichte, wäre aber nie darauf gekommen, dass ... Ich glaube nicht, dass es deine Pflicht ist, erneut gegen diesen Mann zu kämpfen. Lass ihn einfach in Ruhe.«