Выбрать главу

»Wie ist es dir im Dünenland ergangen?« fragte Haroun.

»Bestens«, sagte ich.

Er zog sich den Windschleier um die Schultern. »Wie ich sehe, trägst du noch immer das Stück Seide am Handgelenk«, sagte er.

»Ja.«

»Du mußt mir erzählen, was du im Dünenland erlebt hast.«

»Das wird mir eine Freude sein«, sagte ich. »Mit welchem Namen soll ich dich anreden?«

»Mit dem Namen, den du am besten kennst.«

»Ausgezeichnet«, sagte ich, »Hassan.«

22

Der Ausgang des Kampfes, der etwa zwanzig Pasang von der Kasbah des Salz-Ubars entfernt entbrannte, hatte von vornherein festgestanden. Daß Ibn Saran sich mit zweitausendfünfhundert Söldnern dennoch zum Kampf stellte, ist ihm hoch anzurechnen.

Mühelos umzingelten wir ihn. Viele seiner Männer begriffen nicht, mit was für Gegnern sie es zu tun hatten, bis wir über die Wüstenhänge über sie hereinbrachen. Wir waren ihnen zahlenmäßig weit überlegen. Zahlreiche Söldner sahen keinen anderen Ausweg, als ihre Schilde und Waffen fortzuwerfen und sich zu ergeben. Doch es gab auch harte Kämpfe, besonders in unmittelbarer Nähe Ibn Sarans. Einmal kam ich bis auf hundertundfünfzig Meter an ihn heran; Hassan oder Haroun, der Hohe Pascha der Kavars, schaffte es sogar bis auf zwanzig Meter, indem er kämpfte wie ein wildes Tier; doch er scheiterte im letzten Augenblick an einer Wand aus Schilden und einer Hecke aus Lanzen. Tarna sah ich nicht auf dem Schlachtfeld. Ihre Männer beteiligten sich an dem Kampf, doch sie erhielten ihre Befehle von Ibn Saran. Vermutlich hatte man ihr das Kommando entrissen.

Am Spätnachmittag brach Ibn Saran mit vierhundert Reitern durch unsere Linien und floh nach Nordwesten.

Wir verfolgten ihn nicht, sondern sorgten zunächst dafür, daß die restlichen Gegner überwältigt wurden.

»Er wird sich in seiner Kasbah verschanzen«, sagte Hassan. »Und das könnte eine harte Nuß werden.«

Damit hatte er recht. Wenn wir die Kasbah nicht sofort einnehmen konnten, mochten wir sie überhaupt nicht stürmen können. Wir hatten nicht genug Wasser, um unsere Männer im Feldlager zu halten. Bestenfalls konnten wir eine kleinere Streitmacht vor der Kasbah belassen und vom Roten Felsen her mit Wasser versorgen. Unsere ausgedünnten Linien mochten dann zum Angriff herausfordern, und es würde schwierig sein, die nächtliche Flucht kleiner Gruppen aus der Festung zu verhindern.

»Vielleicht geht uns Ibn Saran durchs Netz«, sagte ich.

»Wir müssen die Kasbah erobern«, sagte Hassan.

»Vielleicht kann ich dir helfen«, sagte ich und betastete den Ring der Kurii, der an einer Lederschnur vor meiner Brust hing.

Das Mädchen kniete vor dem niedrigen Tisch; sie hatte die natürliche Anmut der ausgebildeten Sklavin. Sie kämmte sich mit einem breiten runden Kamm aus Kailiaukhorn.

Sie hatte das Stück Sklavenseide noch nicht bemerkt, das ich seitlich von ihr niedergelegt hatte.

Ich beobachtete die hübsche Sklavin. Vor einiger Zeit hatte sie in einem Verlies der Kurii die Priesterkönige verraten. Sie hatte ihre Kenntnisse des Sardargebirges ausgeplaudert, die Pläne der Priesterkönige, ihre Gewohnheiten und Möglichkeiten, die Schwäche des Nestes. Später war sie zu Ibn Saran gebracht worden. Hier hatte sie mich identifiziert und gegen mich ausgesagt; sie hatte behauptet, ich hätte Suleiman heimtückisch überfallen. Ich hatte sie lächeln sehen, als man mich nach Klima führte, die hübsche Vella.

Sie legte den Kamm fort und griff nach einer winzigen Parfümflasche. Sie betupfte ihren Hals, ihre Achseln. Ich kannte den Duft. Ich hatte ihn mit mir nach Klima genommen.

Plötzlich fiel ihr Blick auf das winzige ausgebleichte Stück Seide. Ich erinnerte mich an den Morgen, da ich angekettet darauf gewartet hatte, nach Klima geführt zu werden. Vella hatte mich aus einem Fenster gemustert, hochmütig, ihre Rache genießend. Sie hatte mir spöttisch das Stück Seide zugeworfen.

Ich stand ein Stück hinter Vella. Ich betätigte den Schalter des Ringes und wurde auf diese Weise für sie sichtbar.

Vella griff nach dem Stoffstück, faltete es auseinander, drückte es an ihr Gesicht.

Plötzlich stieß sie einen Freudenschrei aus. »Tarl!« rief sie und sprang auf. »Tarl!« Sie stürzte sich schluchzend in meine Arme. »Tarl! Tarl! Ich liebe dich! Ich liebe dich!«

Ich packte ihre Handgelenke und drückte sie von mir. Sie versuchte mich zu erreichen, Wollte ihre Lippen auf die meinen drükken, doch ich ließ es dazu nicht kommen. »O Tarl! Kannst du mir jemals verzeihen! Kannst du mir verzeihen?«

»Knie nieder!«

Schluchzend gehorchte sie.

Ich warf ihr ein zerlumptes Gewand zu, das ich unterwegs in einer Küche gefunden hatte.

»Zieh das an!« befahl ich.

»Ich bin eine hochstehende Sklavin«, wandte sie ein.

»Anziehen!«

Zögernd kleidete sie sich um.

»Wir haben nicht viel Zeit«, sagte ich. »Bald wird in der Kasbah gekämpft.«

»Ich liebe dich«, sagte Vella.

Ich blickte sie zornig an.

»Es tut mir leid, daß ich dich so gekränkt habe. Aber ich habe sehr dafür leiden müssen.«

Ich schwieg.

»Ich war grausam zu dir. Ich habe gegen dich ausgesagt. Für deine Zurückweisung in Lydius wollte ich dich nach Klima schicken!«

»Deine Wünsche interessieren mich nicht. Eine Sklavin tut, was ihr Herr befiehlt.«

»Aber ich habe noch andere Dinge getan.«

»Du hast die Priesterkönige verraten«, stellte ich fest. Sie wurde bleich.

»Und das könnte dazu führen, daß die Erde und Gor verloren sind daß die Kurii letztlich doch den Sieg erringen.«

Sie erschauderte. »Ich war schwach«, sagte sie. »Ich war angekettet in einem Verlies. Sie ließen Urts auf mich los. Ich hatte Angst. Ich konnte nicht anders.«

Ich fesselte ihr die Hände.

Plötzlich klopfte jemand an die Tür. Ich trat hinter das Mädchen, meine Hand fuhr über ihren Mund, mein Dolch legte sich vor ihren Hals.

»Still!« sagte ich.

Sie nickte. Ich entfernte meine Hand.

»Vella! Vella!« rief eine männliche Stimme.

»Ja, Herr!« rief das Mädchen.

»Du weißt, daß du dich zur zwanzigsten Ahn um die Wächter am Nordtor kümmern sollst!« rief der Mann.

»Ich mach mich gerade fertig!« rief sie. »Ich beeile mich!«

»Wenn du auch nur fünf Ehn zu spät kommst, lernst du die Peitsche kennen.«

»Ich beeile mich, Herr!« rief Vella.

Der Mann entfernte sich.

»Du bist in großer Gefahr«, sagte Vella zu mir. »Du mußt fliehen.«

Ich steckte meinen Dolch wieder ein. »Die Bewohner der Kasbah sind viel mehr in Gefahr«, sagte ich lächelnd.

»Wie bist du überhaupt hereingekommen? Gibt es einen geheimen Zugang?«

Ich zuckte die Achseln. »Ich bin unbemerkt in die Festung gelangt«, sagte ich und sah sie an. »Neugier schickt sich nicht für eine Sklavin.«

Sie erstarrte.

Ich hatte in der Nähe eines Tors der Kasbah gewartet im Schutz der Unsichtbarkeit durch den Ring. Als eine Kundschaftergruppe die Festung verließ, war ich unbemerkt durch das geöffnete Tor getreten. In den Küchenräumen der Kasbah hatte ich ein geeignetes Kleidungsstück für Vella an mich genommen, ehe ich mich auf die Suche nach ihr machte. Ich betrachtete die Lampen an der Seite des Spiegels eine davon würde genügen.

Kurz darauf ging Vella mit gefesselten Armen vor mir her, eine Schlinge um den Hals. Wir betraten einen der langen, mit Kacheln ausgelegten Säle.

Wir kamen an Wächtern vorbei. Ich trug die Kleidung eines Anhängers des Salz-Ubar, Beutestück von einem Gefangenen. Es waren neue Söldner in der Kasbah. Niemand kümmerte sich um mich; die Blicke der Männer galten der attraktiven Sklavin, die unwillkürlich die Schultern gestrafft hatte.

Ich lachte leise, und Vella warf ärgerlich die Haare in den Nakken. Als wir ein schmales Fenster erreichten, das nach Norden hinausführte, hob und senkte ich zweimal die Lampe. Dann blies ich das Licht aus. Es war dunkel ringsum; die Monde lieferten das einzige Licht. Wir hörten den Gong der Wachen, der die zwanzigste Ahn anzeigte.