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Alles wurde dadurch noch schlimmer, daß ich am Abend des Mordes gegenüber dem Grüppchen in der Bibliothek dies Messer erwähnt hatte. Als ich von den Vorfällen an Bord der Titanic berichtete, erzählte ich auch, wie ich den echten Patrick Gore kennengelernt hatte und wie es auf Anhieb zum Streit gekommen war, und wie man mich nur mit Mühe davon abhalten konnte, mit meinem Taschenmesser auf ihn loszugehen. Deutlicher hätte man den Charakter des Täters und die Tatwaffe wohl nicht bezeichnen können. Das kam daher, daß ich eine Lüge zu kunstvoll erzählen wollte, daß ich die ganze Wahrheit unterbringen wollte, bis auf den einen Punkt, der unterdrückt werden sollte. Ich kann Ihnen von dieser Technik nur abraten.

Da stand ich nun also am Teich, das gräßliche Ding, an das ich seine Fingerabdrücke praktiziert hatte, in meiner behandschuhten Hand, und von überallher kamen Leute gelaufen. Ich mußte blitzschnell entscheiden. Ich wollte nicht riskieren, das Messer dortzulassen. Also wickelte ich es in mein Taschentuch und steckte es ein.

Welkyn sah mich, als ich zur Nordseite des Hauses zurückkehrte, um meine Prothesen wieder anzulegen. Deshalb fand ich es am besten zu sagen, daß ich auf der Südseite gewesen sei. Ich wagte es nicht, das Messer mit mir herumzutragen, und mußte es verstecken, bis ich eine Möglichkeit fand, es ungesehen zu beseitigen. Und ich bin nach wie vor der Überzeugung, daß ich ein Versteck auswählte, auf das nie jemand hätte kommen sollen. Ihr Sergeant Burton hat selbst gesagt, die Chancen seien eins zu einer Million gewesen, daß er das Messer in der Hecke finden würde, ohne daß er jede einzelne Heckenpflanze im ganzen Garten ausgrub. Was denken Sie, meinten die Parzen es besonders schlecht mit mir? Na, ich weiß nicht. Zugegeben, ich mußte meine ganze Taktik ändern und nun so tun, als glaubte ich an einen Mord. Doch Knowles, noblen Sinnes und zu jedem Opfer bereit, verschaffte mir sogleich ein Alibi; noch bevor ich das Haus an jenem Abend verließ, ließ er eine Andeutung fallen, und am folgenden Tag war ich für Sie bereit.

Der Rest ist schnell erzählt. Als ich Molly erst einmal zu verstehen gegeben hatte, daß wir die Sache nun als Mord hinstellen mußten, glaubte sie, sie könne unsere Lage verbessern, indem sie das Heft mit den Fingerabdrücken stahl – denn eines solchen Diebstahls konnte ich ja kaum bezichtigt werden, wo das Heft doch als Beweis meiner Identität dienen sollte. Wir hatten ohnehin vor, es wieder zurückzustecken, und taten es um so schneller, als wir sahen, daß es eine Attrappe war.

Molly hat ihre Rolle gut gespielt, finden Sie nicht auch? Die kleine Szene im Garten gleich nach Entdeckung der Leiche (»Zum Teufel mit ihm, er hat es gewußt!«) hatten wir sorgfältig geprobt. Es sollte so gedeutet werden, daß ich recht gehabt hatte, als ich vor der versammelten Gesellschaft sagte, sie habe ihren Mann nie geliebt (ebenfalls eine einstudierte Szene), sondern immer nur das Bild, das sie von mir hatte. Es durfte ja nicht sein, daß die Witwe zu untröstlich war. Es durfte nicht sein, daß sie vor Kummer so darniederlag, daß sie mir für alle Zeiten feindlich gesonnen bliebe. Es war ein Plan, der in die Zukunft blickte, in eine Zeit, in der man das Kriegsbeil begraben würde – und was haben wir diesen schönen Plan verdorben!

Denn zu allem anderen kam noch der unglückliche Vorfall am folgenden Tag, als Betty Harbottle mich auf dem Dachboden beim Spiel mit dem Automaten erwischte. Auch da kann ich nur wieder mea culpa murmeln. Im Grunde war ich nur nach oben gegangen, um das Heft wieder zurückzuholen. Doch als ich die Hexe dort stehen sah, ging mir auf, daß ich sie nun endlich zum Leben erwecken konnte. Als Junge war ich hinter ihr Geheimnis gekommen, aber damals war ich schon zu groß, um noch hineinzukriechen. Und so konnte ich denn der Versuchung nicht widerstehen, daran zu basteln, wie ein braver Ehemann an einer braven alten Uhr auf einem braven Dachboden bastelt.

Als ich zu lange fortblieb, kam Molly nach oben. Sie kam gerade dazu, als Betty Harbottle im Bücherkabinett spionierte. Ich steckte zu diesem Zeitpunkt tatsächlich in dem Automaten.

Molly erwartete, fürchte ich, allen Ernstes, daß ich mit dem Mädchen genauso kurzen Prozeß machte, wie ich es mit einem anderen getan hatte. Sie sah, daß Betty in dem Kabinett war, und verschloß die Tür. Aber ich wollte ihr nichts zuleide tun. Das Mädchen konnte mich natürlich nicht sehen, aber es war zu befürchten, daß sie meine Prothesen entdecken würde, die ich hinter der Maschine in die Ecke gestellt hatte. Was geschah, haben Sie sich wahrscheinlich längst ausgemalt. Zum Glück mußte ich dem Mädchen nicht weh tun; ein paar Bewegungen genügten; wobei ich schwören könnte, daß sie meine Augen entdeckte, die zu den Löchern in der Figur hinausspähten. Die Gefahr war für Molly und mich nicht allzu groß. Hätten Sie gar zu hartnäckig nach unserem Aufenthalt zu jenem Zeitpunkt gefragt, so hätten wir uns einfach zerknirscht und widerstrebend gegenseitig ein Alibi verschafft. Daß wir die Schürze des Mädchens – die ihr die Hexe bei der Pantomime mit ihren Krallen abgerissen hatte – übersahen, als wir sie nach unten schafften, war ein weiterer Fehler.

Tja, ich hatte es verdorben – was soll ich darum herumreden. Schon am Tag nach dem Mord war offensichtlich, daß ich, wie man so schön sagt, geliefert war. Sie fanden das Messer. Auch wenn ich es leichthin mit der Behauptung abtun wollte, der Hochstapler habe es mir schon vor vielen Jahren entwendet, und auch wenn Murray mir, ohne daß er es wußte, mit seiner Theorie zu Hilfe kam, das Messer sei nicht die wirkliche Tatwaffe, beobachtete ich doch jeden Ihrer Schritte genau und begriff bald, daß Sie das Geheimnis der falschen Beine durchschaut hatten.

Sie haben das Gespräch auf Ahriman den Ägypter gebracht. Und gleich darauf fragte Inspektor Elliot den wackeren Welkyn nach dem Ding aus, das durch den Garten gehüpft war. Dann übernahmen Sie wieder mit ein paar eindringlichen Worten zum Thema Hexerei und zogen sehr geschickt Molly mit hinein. Ich legte Widerspruch ein, und Sie konterten mit vielsagenden Andeutungen. Als nächstes arbeiteten Sie heraus, wie all diese Dinge miteinander zusammenhingen; Sie begannen mit Victoria Daly und kamen über das Verhalten des verstorbenen Patrick Gore am Abend des Mordes zu Betty Harbottle und dem Bücherkabinett auf dem Dachboden.

Ihre Bemerkungen bei der Besichtigung des Automaten waren der vorletzte Schritt zur Entlarvung. Sie deuteten an, daß der Mörder sich in dieser Kammer an dem Automaten zu schaffen gemacht habe und daß dieser Umstand zu seiner Entdeckung führen werde; zugleich sagten Sie aber auch, daß Betty Harbottle ihn nicht gesehen habe und daß es deswegen für ihn auch nicht notwendig sein werde, sie zum Schweigen zu bringen. Als nächstes forderte ich Sie heraus zu demonstrieren, wie der Automat funktionierte. Sie gingen kaum darauf ein, sondern sagten nur, der Schausteller habe seinerzeit gewiß das traditionelle Gewand des Zauberkünstlers getragen. Und zum Schluß brachten Sie noch ein paar Worte an, die suggerieren sollten, daß Mollys Hexenkult binnen kurzem aufgedeckt werde, wenn es nicht sogar schon geschehen sei. Daraufhin stieß ich den Automaten die Treppe hinunter. Glauben Sie mir, mein Freund, ich habe in jenem Augenblick nicht daran gedacht, daß ich Ihr Leben in Gefahr brachte. Ich wollte nur, daß die Figur einen Schaden nahm, der groß genug war, daß kein Mensch jemals mehr ihr Geheimnis würde ergründen können.

Bei der gerichtlichen Untersuchung am folgenden Tage fielen zwei weitere Punkte auf. Knowles log offensichtlich, und Sie wußten es. Madeline Dane wußte weitaus mehr über Mollys Unternehmungen, als wir uns leisten konnten.