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«Klingt nicht schlecht.» Carmen hörte gern von Geld reden.

«Allerdings ist da noch eine westdeutsche Sportartikelfirma namens Mach, die den amerikanischen Markt knacken will. Ich denke, von denen kriegen wir möglicherweise noch mehr, wenn du bei ein paar europäischen Showturnieren mitspielst.»

«Wirklich?»

«Ich arbeite an der Sache.» Seth lächelte, wie höchstens ein Krokodil lächeln kann. Da Athletes Unlimited 25 Prozent Pro­vision auf alle Verträge und Turnierprämien kassierte, lag es im eigenen Interesse, soviel Geld wie möglich herauszuschlagen. Ob die Artikel gut waren oder nicht, spielte kaum eine Rolle. Oft statteten die Hersteller ihre bezahlten Stützen, die Stars, mit speziell angefertigten Schlägern oder Schuhen aus und verkauf­ten dann ein minderwertiges Produkt unter dem Namen des Stars. Das Produkt auf dem Markt sah ganz genauso aus, war es aber nicht. Der Trick funktionierte häufig. Banausen erkannten den Unterschied zwischen einem erstklassigen Schläger und einem aus billigem Metall ohnehin nicht. Seth klärte Carmen darüber nie auf. Er setzte voraus, daß sie das Spiel, sein Spiel verstand. Miguel begriff das System auf der Stelle.

«Was ist mit dem Eigentumsapartment in Savanna? Sie wol­len dich wirklich dort für ihren neuen Club.»

«Ich weiß nicht.» Carmen drückte die Mine ihres Gucci- Kugelschreibers raus und wieder rein. «Zwei Wochen im Jahr sind ja auf den ersten Blick nicht viel, aber ich kann schon jetzt nicht genug Zeit zu Hause verbringen.»

«Carmen, überleg dir das. Was sind schon zwei Wochen für so ein Geschäft? 150 000 Dollar pro Jahr plus Apartment gratis, wenn du deinen Fünfjahres-Vertrag einhältst.»

«Ich weiß nicht.»

«Du kannst noch den Rest deines Lebens in Cazenovia sitzen. Schmiede das Eisen, solange es heiß ist.»

«Ich hasse es, Kurse zu geben.» Carmen, wie die meisten talentierten Leute, unterrichtete gern andere talentierte Leute. Sie haßte die Kurse voll mittelalterlicher Damen, die vergebens versuchten, die Aufschlagslinie zu finden.

«Ein kleines Opfer.» Seth packte zusammen. «Überleg es dir.»

Was Seth nicht sagte, war, daß solche Geschäfte nur für die drei oder vier Spitzenspielerinnen der Welt in Frage kamen. Und die drei oder vier weltbesten männlichen Spieler bekamen eine Menge mehr als die Frauen. Je weniger die Mädchen über die finanziellen Transaktionen der Spieler wußten, desto besser. Schlafende Hunde soll man nicht wecken. Auf Grund der Zu­rückhaltung der Leute, über Geld zu reden, würden die Frauen auch nicht dahinterkommen. Zudem zerbrachen sich Tennis­spielerinnen über langfristige Pläne nicht den Kopf, das war sein Job. Solange die Spieler und Spielerinnen aufs Feld gingen und die Spiele gewannen, zählte nur das. Und Athletes Unlimited spekulierte inzwischen mit dem Geld. Wer tat das nicht? Alle bekamen die vertraglich vereinbarte Summe. Was waren schon drei Monate Wartezeit?

Seth behielt eine Menge für sich. Er redete nicht über Schmiergelder, besonders nicht Athletes Unlimited gegenüber. Worauf es ankam, war Verschwiegenheit. Einer Spielerin wie Carmen käme nie der Verdacht, daß Seth beim Hersteller in die eigene Tasche wirtschaftete. Nun ja, es fiel halt ein bißchen was für ihn ab, wenn er sie unter Vertrag brachte. Wer wollte ihm das zum Vorwurf machen und wem schadete es? Außerdem sollte Carmen das wissen, sagte sich Seth. Amerikaner waren da nichts im Vergleich zu Südamerikanern. Die waren die echten Gauner.

Ginge Carmen mit dem Kopf durch die Windschutzscheibe ihres Sportwagens, wären Seths Pläne zunichte und ihre auch. Es gab keine Vertragsklauseln zum Schutz der Spielerin, sollte sie sich eine Verletzung zuziehen, die ihrer Karriere ein Ende setzte. Überdies konnte man einen Spieler mit Hilfe gewisser Klauseln im Falle eines Skandals augenblicklich fallen lassen. Normalerweise konnte Seth Skandale vertuschen, manchmal freilich machte eine Firma Schwierigkeiten, und er mußte den Vertrag abschreiben.

«Bleib sauber, Nummer eins.» Seth verabschiedete sich lä­chelnd. Mit diesem Satz verabschiedete er sich von all seinen Spielern.

Miguel schloß die Tür zum Schlafzimmer, in dem Harriet saß und las. Er wollte mit Carmen allein reden. «Carmen, hast du mal die Bücher von Athletes Unlimited geprüft?»

«Nein.»

«Woher weißt du, daß sie dich nicht linken?»

«Das täten sie nicht.»

«Du solltest die Bücher prüfen.»

«Miguel, ich hab nicht die Zeit dazu. Außerdem würde es Tausende von Dollar kosten.»

«Du vertraust bei solchen Entscheidungen Fremden? Du zahlst ihnen ein Vermögen an Provision, Täubchen. Du bist ein so großer Star, daß die Hersteller mit oder ohne Athletes Un­limited zu dir kämen, weißt du das nicht?»

«Ich spiele Tennis. Ich bezahle die Leute, damit sie sich um meine Geschäfte kümmern. Ich kann nicht alles machen.»

«Ich bin dein Anwalt. Ich verstehe was von diesen Din­gen.»

«Ich brauche jemanden in Amerika. Das Geld ist hier, von einigen großen Turnieren abgesehen. Ich brauche Amerikaner, wenn ich Geschäfte mit Amerikanern mache.»

«Das glaube ich nicht, Migueletta. Du darfst diese Dinge nicht in die Hände von Außenseitern legen. Die werden reich an deiner Arbeit.»

«Miguel, ich mag nicht über diese Dinge reden, wenn ich spielen muß.»

Er zog seine breiten Schultern hoch und ließ sie fallen. «Dann eben später.»

Nachdem Miguel gegangen war, kam Carmen herein und setzte sich auf die Bettkante.

«Seth sagte etwas von Showturnieren in Europa für eine Woche.»

«Wann wäre das?«

«Irgendwann zwischen Wimbledon und dem US Open. Im August wahrscheinlich.«

«Oh.»

«Kommst du mit?»

«Ich soll dieses dreiwöchige Sommerseminar geben.»

«Das ist Taschengeld.»

«Ich weiß, aber ich unterrichte gern, und es ist nur ein Seminar.»

«Du kannst unterrichten, wenn ich nicht mehr aktiv bin. Wieviel habe ich noch vor mir, vielleicht fünf Jahre?»

«Und was willst du damit sagen?» Harriet drehte sich auf dem Bett um.

«Du hast deinen Job am Cazenovia College aufgesteckt. Warum also diese kleinen Sachen?»

«Süße, mir gefällt meine Arbeit, und unterrichten erfordert Fähigkeiten wie jede andere Sache. Ich roste langsam ein.»

«Ja», Carmens Stimme hob sich um eine Nuance, «aber du kannst arbeiten, wenn ich mich zur Ruhe setze, und dann kannst du bis in alle Ewigkeit unterrichten.»

Harriet sagte nichts. Sie ging ins Bad und wusch sich.

Carmen kam ihr nach und schlang die Arme um Harriets Taille. «Ich hasse es, ohne dich zu sein. Bitte, komm mit. Wenn ich mit 30 aus dem Leistungssport aussteige, verspreche ich dir, daß ich all deine Seminare besuche, Professor Rawls.»

«Ich hasse es auch, nicht bei dir zu sein, Schatz. Wirklich. Ich ...»

«Bitte.»

«Du redest von fünf oder sechs Jahren, als wäre das gar nichts.»

«Ich liebe dich.»

«Ich weiß.» Sie trocknete sich ab. Carmen hatte absolut recht, wenn man allein das Geld in Betracht zog. Harriet fühlte sich jedesmal mies, sobald dieses Thema auftauchte. Sie sehnte diese wenigen Wochen im Jahr herbei, die sie unterrichtete. Sie wollte den Kontakt zu ihren Kollegen und ihren Studenten behalten. Das intensive dreiwöchige Sommerseminar in okzidentaler Re­ligion - Harriets Spezialgebiet war altgriechische Religion - hielt sie auf Draht. Carmen sagte zwar nicht: Halt dich zehn Schritte hinter mir, aber sie begriff anscheinend nie, daß Harriet an ihrer Arbeit wirklich hing und das Gehalt für sie keine Rolle spielte.

«Warum kannst du dich nicht einfach mir überlassen?» for­derte Carmen.

«Na komm, Süße, ich will ja nur etwas Zeit für mich selbst.»

«Ich habe nie das Gefühl, daß du mich brauchst.»

«Das Thema hatten wir schon öfter. Ich meine nicht, daß Brauchen und Lieben unbedingt ein und dasselbe sind. Ich hänge an meiner Arbeit. Ich habe mich jahrelang durchs Stu­dium gebissen, wie du dich jahrelang durchs Training gebissen hast. Ich will von meinem Zeug ein bißchen Gebrauch machen.»