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»Können sie tanzen?« fragte Borton, als hätte er sich doch noch nicht entschieden.

Der Trommelspieler blickte auf.

»Leider nein!«, rief Philebus in gespielter Verzweiflung. »Leider ist keines meiner Mädchen eine Tänzerin.«

Der Trommelspieler wandte sich wieder seiner Arbeit zu.

Aus der Menge ertönten gespielte Ausrufe der Enttäuschung.

»Ich werde tanzen«, sagte Temione.

Die Sklavinnen zuckten zusammen, stöhnten auf. Stille senkte sich über den Schankraum. Philebus hob wütend die Peitsche. Aber der Tarnsmann bedeutete ihm, sie zu senken.

»Vergebt mir, Herr«, sagte Temione. Sie hatte ohne Erlaubnis gesprochen.

»Zeig sie mir genauer«, verlangte Borton.

Philebus drückte Temione unsanft nach unten, auf die Knie, dann drückte er ihr Kinn nach oben. Sie starrte den Kurier an.

»Ich kenne dich von irgendwoher, nicht wahr?« sagte Borton.

»Vielleicht, Herr«, stammelte sie.

»Ich glaube, ich kenne dich«, sagte er.

»Vielleicht, Herr«, wiederholte sie. Und schrie furchterfüllt auf und krümmte sich zusammen, als Philebus die Peitsche knallen ließ.

»Drück dich deutlich aus, Sklavin«, fauchte Philebus. »Kennst du ihn oder nicht?« Er ließ die Peitsche erneut knallen.

»Ich kenne ihn aus dem Krummen Tarn, Herr«, rief sie und schaute Borton ängstlich an.

»Du!« brüllte er.

»Ja, Herr!«

»Die freie Frau!«

»Die jetzt eine Sklavin ist, Herr«, sagte sie, »eine Sklavin.«

»Ha! Was für einen Narren hast du aus mir gemacht!«

»Nein, Herr«, sagte sie furchtsam.

»Du hast mich wirklich hinters Licht geführt.«

»Nein, Herr«, schluchzte sie.

»Eine amüsante kleine Sklavin«, bemerkte er.

Sie wagte nicht, darauf etwas zu erwidern.

»Ich kaufe sie«, sagte Borton.

Der Wirt schüttelte den Kopf. »Sie ist nicht zu verkaufen.«

»Ein Goldstück«, sagte Borton. »Zehn Goldstücke.«

»Du bist betrunken.«

»Nein«, sagte Borton. »Ich war in meinem Leben noch nie so nüchtern.«

Temione erschauderte.

»Ich will dich haben«, sagte Borton zu ihr.

»Darf ich sprechen?«

Er nickte.

»Was würde der Herr mit mir machen?« fragte sie mit zitternder Stimme.

»Wozu ich Lust habe«, lautete die Antwort.

Einer der Männer rief: »Hast du überhaupt zehn Goldstücke?«

Borton runzelte die Stirn und warf ihm einen finsteren Blick zu. Gelächter ertönte. Seit dem Vorfall in der Herberge waren seine Finanzen wohl in Unordnung.

»Zehn Silbertarsk«, meinte Borton grinsend.

»Das ist ein guter Preis, Philebus«, sagte ein Mann. »Verkauf sie!«

»Sie ist nicht zu verkaufen«, sagte Philebus.

Enttäuschte Rufe ertönten.

»Aber vielleicht möchtest du sie für den Abend haben?« schlug er dann Borton vor. Er gab ihm die Peitsche. Die Sklavin erbebte. »Umsonst.«

»Ausgezeichnet, Philebus«, lobten einige Männer.

Ich stand auf. »Einen Augenblick!«

Überrascht wandten sich mir alle Blicke zu.

»Sie dient schon mir«, sagte ich.

Erstaunte Ausrufe ertönten.

»Paß auf«, sagte ein Mann. »Das ist Borton!«

»So wie ich die allgemein üblichen Regeln einer Paga-Taverne kenne, die meines Wissens auch für einen solchen Ausschank gelten, steht die Sklavin mir zu, bis ich sie entlassen habe, oder bis zur Sperrstunde, oder bis zur Morgendämmerung. Ausnahmen von dieser Regel müssen vorher verkündet werden, sagen wir durch eine Verlautbarung oder ein Schild.«

»Sie hat dir nicht gedient«, sagte jemand.

»Hast du mich bedient?« fragte ich die Sklavin.

»Ja, Herr.«

»Und habe ich dich entlassen?«

»Nein, Herr.«

Ein Mann neben mir warnte: »Das ist Borton!«

»Ich freue mich, seine Bekanntschaft zu machen.« Das war nicht ganz ehrlich gemeint.

»Wer bist du?« fragte Borton.

»Ich freue mich, deine Bekanntschaft zu machen«, versicherte ich ihm.

»Wer bist du?« wiederholte er die Frage.

»Ein netter Bursche«, antwortete ich, »der keinen Streit sucht.«

Borton warf die Peitsche zur Seite. Sein Schwert flog förmlich aus der Scheide.

Männer wichen zurück.

»Aii!« rief jemand. Auch mein Schwert hatte seine Scheide verlassen.

»Ich habe nicht gesehen, wie er gezogen hat«, stieß ein Mann hervor.

»Meine Herren, wir wollen hier doch keinen Ärger haben«, beschwor uns Philebus.

»Warte!« rief Borton da plötzlich. »Warte! Warte! Ich kenne dich! Ich kenne dich!«

Ich warf einen schnellen Blick nach links. Dort stand ein Mann. Er würde mir dienlich sein.

»Er ist derjenige, der auch im Krummen Tarn war!« brüllte Borton wütend. »Er war es, der meine Depeschen gestohlen hat, der sich mit meinem Geld aus dem Staub gemacht hat, mit meiner Kleidung, meiner Ausrüstung, meinem Tarn!«

Ich schätze, man konnte es Borton nicht verdenken, daß er so ungehalten war. Als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, hatte ich auf seinem Tarn gesessen und den Vogel über dem Hof schweben lassen, während er in der Tiefe nackt an einen Sleenring gekettet worden war, noch ganz naß von seinem Bad. Trotz seiner Größe und Kraft war der Ring stark genug gewesen, ihn zu halten, selbst als er mich dann erblickte, was ihn offensichtlich vollends aufbrachte. Ich hatte ihm fröhlich mit der Kuriertasche zugewinkt. Ich hatte ihm nichts nachgetragen. Er hatte mir von dort unten etwas zugebrüllt, aber der Flügelschlag des Tarns und der Wind hatten verhindert, daß ich es verstehen konnte. Aber seine Freunde hatten ihn ja ausgelöst.

Wie dem auch sei, jetzt stand er vor mir, in keiner guten Stimmung und mit einem Schwert in der Hand.

»Er ist ein Spion und ein Dieb!« rief er.

Männer sprangen auf die Beine.

»Ein Spion!«

»Ergreift ihn!«

Plötzlich verlor ich Temione, die zur Seite gestoßen wurde, aus dem Blick.

Borton stürmte auf mich zu.

Ich packte den Burschen links neben mir an seinem Gewand und stieß ihn Borton vor die Füße. Männer drängten vorwärts. Borton lag am Boden; er sah ziemlich unzufrieden aus. Ich versetzte einem Mann zu meiner Rechten mit der Hand, mit der ich das Schwert hielt, einen Fausthieb. Knochen splitterten. Er spuckte Zähne aus. Es blieb keine Zeit für eine Entschuldigung. Ich fuhr herum, ließ mich auf alle viere fallen; über mir prallten Männer zusammen. Ich sprang wieder auf und stieß drei oder vier Burschen zur Seite. Dann bahnte ich mir einen Weg durch den Rest der Männer, von denen die meisten mich in dem Gedränge gar nicht richtig wahrnehmen konnten, riß mich los und setzte über den niedrigen Zaun hinweg, um durch die Dunkelheit auf den Vosk zuzueilen.

»Da läuft er!« rief jemand. Hinter mir schrien einige der Mädchen auf, die in der Verwirrung vermutlich zur Seite gestoßen oder über den Haufen gerannt wurden. Für gewöhnlich steht Sklavinnen nicht der Sinn danach, inmitten von Männern und blankgezogenen Klingen zu hilflosen, kurvenreichen, leicht bekleideten Hindernissen zu werden. Sie sind dazu da, ihnen Freude zu bereiten, was ihnen auch klar ist, und nicht, ihnen im Weg zu stehen.

»Er flüchtet zum Vosk!« rief ein Mann. Aber als ich das hörte, eilte ich längst nicht mehr in Richtung Fluß. Ich hatte zwischen den umstehenden Zelten – von denen die meisten leer standen, was vermutlich dem Lärm des Paga-Ausschanks und der sich in Windeseile verbreitenden Nachricht von Bortons Großzügigkeit zuzuschreiben war – die entgegengesetzte Richtung eingeschlagen. Allerdings hatte ich in ihrem Schutz das Schwert in die Scheide gesteckt und Schrittempo eingeschlagen; wenn ich jemandem begegnete, blieb ich stehen und blickte zurück, als würde mich der aus dem Ausschank herüberdringende Lärm interessieren. »Was ist denn da hinten los?« fragte ein Soldat.