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Er ging weiter, und in einem kindischen Anflug von Trotz nicht durch die schmalen Streifen flackernder gelber Helligkeit, sondern mitten durch das hindurch, von dem sein Verstand behauptete, es wäre Dunkelheit, nichts als die Abwesenheit von Licht, und seine Seele wußte, daß es etwas anderes war. Schneller, als vielleicht gut war, erreichte er die schmale Tür am anderen Ende des Raumes, stieß sie auf und schob sie hastig wieder hinter sich zu. Erst danach fühlte er sich wieder einigermaßen sicher. Wenigstens versuchte er sich das einzureden. Aber er war nie ein guter Lügner gewesen, auch - vielleicht gerade - sich selbst gegenüber nicht. Ein Teil von ihm, den er mit seinem Verstand nicht beherrschen konnte, hatte Angst. Panische Angst. Sein Atem ging schnell. Sein Herz raste, und in seinem Mund war der bittere Kupfergeschmack von Blut. Automatisch hob er die Hand und tastete über seine Lippen. Seine Zähne bluteten, wie so oft in letzter Zeit, und seine Hand zitterte, als hätte sie nicht mehr die Kraft, das Schwert zu halten.

Was war nur mit ihm los? Er gehörte nicht zu jenen Narren, die behaupteten, keine Angst zu kennen (und selten lange genug lebten, um diese Behauptung unter Beweis zu stellen), aber er hatte nie Furcht vor der Dunkelheit gehabt oder unter grundlosen Ängsten gelitten. Warum jetzt?

Vielleicht, weil dort draußen wirklich etwas ist, murmelte der Satai in ihm.

Es war möglich. Die Ssirhaa kämpften nicht nur mit Waffen, die er kannte; nicht einmal nur mit solchen, die er sich vorstellen konnte. Sie verfügten über Hilfsmittel, die es ihnen gestatteten - die Quorrl dort draußen zu betäuben, damit er ungehindert hier eindringen und ihre Gefangenen befreien konnte, wobei sie dummerweise nur vergessen hatten, Cron und den Bestimmer mit einzuschläfern?

Lächerlich.

Es war unlogisch. Und außerdem - eine bessere Gelegenheit, seiner habhaft zu werden, konnten sich die Schuppenkrieger gar nicht mehr denken.

Plötzlich viel mehr verwirrt als ängstlich, drehte er sich wieder um und sah die Treppe hinunter. An ihrem unteren Ende war Licht; der flackernde Schein von Fackeln, vor dem sich Schatten bewegten. Er hörte Stimmen. Die Stimmen von Quorrl, von mindestens zwei Quorrl, vielleicht mehr.

Seltsamerweise half ihm das, wieder klarer zu denken. Zwei, vielleicht drei oder sogar vier Quorrl, das mochten mehr Gegner sein, als er in seinem momentanen Zustand bewältigen konnte, aber es waren faßbare Gegner, eine Gefahr, die sein Leben bedrohte, nicht seine Seele. Und gegen die er sich wehren konnte. Er ergriff sein Schwert fester, überzeugte sich mit einer fast unbewußten Geste davon, daß sein Mantel zurückgeschlagen war und ihn nicht etwa behindern würde, und ging so leise wie möglich die Treppe hinunter.

Trotzdem war er nicht leise genug. Das hohe Gewölbe der Treppe fing das leise Tappen seiner Schritte und das Rascheln des Mantels auf und warf es als wisperndes, lang nachhallendes Echo zurück, und einer der Schatten wurde plötzlich größer und näherte sich der Treppe. Die Tür zum Verließ, die ohnehin nur halb geschlossen gewesen war, wurde weiter aufgerissen, und in dem plötzlich hell erleuchteten Rechteck erschien der massige Schatten eines Quorrl.

Skar überwand die letzten fünf oder sechs Stufen mit einem einzigen, kraftvollen Satz und stieß in der gleichen Bewegung zu. Der Quorrl starb, ohne zu begreifen, was ihn tötete, und ohne einen Laut.

Skar wich dem zusammenbrechenden Riesen mit einer blitzschnellen Drehung aus, stieß die Tür mit der Schulter vollkommen auf und sprang mit hoch erhobenem Schwert in den Kerker hinein. Er gewahrte eine Bewegung aus den Augenwinkeln, warf sich instinktiv nach links und vor, so daß aus seinem Lauf ein langgestreckter Sprung wurde, der in einer blitzartigen Rolle endete, und federte wieder auf die Füße. Seine Klinge riß eine tiefe, blutige Spur in die Kehle eines zweiten Quorrl, der wahrscheinlich ebensowenig wie sein Bruder draußen auf der Treppe begriff, was ihn umbrachte, und bohrte sich fast in der gleichen Bewegung tief in die Schulter des dritten und letzten Kriegers, der sich in dem Verließ aufhielt.

Der Quorrl brüllte vor Schmerz und Überraschung, besaß jedoch genug Geistesgegenwart, sich mit einem Satz aus der Reichweite von Skars Schwert zu bringen und seine eigene Waffe zu ziehen.

Skar ließ ihm nicht die geringste Chance. Sein Tschekal bewegte sich vor und nach unten, fügte dem Quorrl einen zweiten, nicht minder schmerzhaften Stich in den Oberschenkel zu und hob sich wieder, dann prallte die Klinge aus Sternenstahl gegen die Waffe seines Gegners und ließ sie wie Glas zerspringen.

Der Quorrl taumelte mit einem Schmerzlaut gegen die Wand und starrte aus ungläubig aufgerissenen Augen abwechselnd auf seinen blutenden Oberschenkel und den nutzlosen Stumpf des Schwertes in seinen Fäusten, und Skar hätte ihn in diesem Moment töten können, so schnell und beinahe spielerisch, wie er die beiden anderen Krieger niedergestreckt hatte.

Aber er tat es nicht.

Etwas geschah mit ihm, etwas Schreckliches und Düsteres, das ihn innerlich aufschreien ließ, aber es ging zu schnell und war einfach zu übermächtig, als daß er sich dagegen wehren konnte. Seine Hand bewegte sich fast ohne sein Zutun und anders, völlig anders, als er wollte. Das Tschekal riß den Arm des Quorrl auf, eine entsetzliche, bis auf den Knochen klaffende Wunde, die von der Handwurzel des Kriegers bis fast zu seinem Hals hinauf reichte, zuckte aber im letzten Moment zurück, ehe die Klinge die Kehle des Quorrl berührte und ihn tötete, machte einen weiteren, blitzschnellen Schlenker, der ihre Schneide fast spielerisch das flache Schuppengesicht des Kriegers berühren ließ und eines seiner Augen auslöschte, und spaltete in der Rückwärtsbewegung die Schuppen auf seiner Brust.

Der Quorrl kreischte, brach in die Knie und krümmte sich vor Qual. Seine Hand griff in einer Bewegung, die mehr Reflex als Angriff war, nach Skars Fußgelenk und zerrte daran. Skar schlug sie ihm ab.

Aus den Schreien des Kriegers wurde ein ersticktes Keuchen, dann ein Wimmern, aber Skar hörte immer noch nicht auf. Er konnte es nicht. Er versuchte es, kämpfte mit verzweifelter Macht gegen diesen fürchterlichen Blutrausch, der tief aus den schwärzesten Abgründen seiner Seele in ihm emporkroch, aber es war, als versuche er eine Sturmflut mit bloßen Händen aufzuhalten. Sein Schwert berührte den Rücken des Quorrl, seine Seite und wieder seinen Rücken und fügte ihm weitere furchtbare Wunden zu, ohne ihn zu töten, immer und immer und immer wieder, bis aus der Gestalt zu seinen Füßen ein zuckendes, wimmerndes Bündel wurde, in dem ein grausames Schicksal noch immer Leben sein ließ, Leben und Bewußtsein und unvorstellbare Qual.

Und etwas in Skar schrie auf und stürzte sich auf diesen Schmerz, griff wie mit unsichtbaren glühenden Flammenfingern nach der unvorstellbaren Pein dieses Wesens und labte sich daran, ein körperloser Vampir, der von Schmerz und Furcht lebte und Schmerz und Furcht war, die Chimäre, die all die Zeit über geduldig in seinem Innern gelauert hatte, eingesponnen wie eine Spinne in einen schwarzen Kokon aus Vergessen und trügerischer Sicherheit, aber bereit und lauernd und tödlich.

Skar riß mit einem erstickten Schrei das Schwert in die Höhe und taumelte zurück. Das Verließ begann vor seinen Augen zu verschwimmen, und für eine panikerfüllte halbe Sekunde glaubte er die Schatten sich zusammenballen und zu etwas Neuem, Finsteren werden zu sehen, einem kleinen gesichtslosen Ding aus Stacheln und Horn und reißenden Krallen, und für die gleiche Zeitspanne fühlte er, wie der Einfluß des Daij-Djan stärker wurde, auch noch den letzten Rest seines freien Willens hinwegzufegen drohte - und erlosch.