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WIR WERDEN DIE WELT BEHERRSCHEN, SKAR. UND SPÄTER DAS UNIVERSUM. KOMM ZU MIR, UND ICH MACHE DICH ZU EINEM GOTT.

Aber das wollte er nicht. Oh, er wollte es - alles in ihm schrie danach, den letzten Schritt zu tun und zum Herrn der Ewigkeit zu werden, er wollte die Unsterblichkeit und die Macht über Welten, vielleicht Galaxien.

Aber er konnte es nicht. Der Gedanke an Kiina ließ es nicht zu. Er hatte die Verlockung der Macht gespürt. Er würde ihr widerstehen, vielleicht ein Jahrhundert, vielleicht ein Jahrtausend. Er wußte, daß er das Wort, das er Titch gegeben hatte, halten konnte - er konnte seinen Körper und seine menschliche Existenz der Sternenkreatur opfern und damit ihr Herr werden; sie bändigen, vielleicht, solange es Leben auf dieser Welt gab, sicher aber, solange Titchs Volk existierte. Aber irgendwann, vielleicht erst in einer weiteren Million Jahre, würde er der Verlockung erliegen.

»Nein«, sagte er.

In seinem Innern schrie der Daij-Djan in rasendem Zorn auf, und auch die Kreatur bewegte sich unruhig. Aber weder sie noch sein Dunkler Bruder vermochten ihm noch etwas anzutun. Es war nicht die Zukunft seiner Welt, die ihm die Kraft gab, diesem ungeheuerlichen Geschöpf zu widerstehen, nicht Enwor und die Furcht um kommende Generationen, sondern eine Macht, die stärker war, die einzige Kraft der Schöpfung, der selbst das Feuer der Sterne nichts anzuhaben vermochten: die Liebe.

»Nein«, sagte er zum dritten Mal, und jetzt mit ruhiger, sehr entschlossener Stimme. »Ich werde es nicht tun. Aber ich gebe dich frei.«

Die Sternenkreatur erstarrte. Vielleicht spürte sie in diesem Moment zum ersten Mal in ihrem endlos langen Leben so etwas wie Verwirrung. DU GIBST... MICH FREI?

Geh zu ihnen, hatte Drask gesagt. Geh zu ihnen und bitte sie um Frieden, Skar. Es waren Drasks Worte, die Worte eines alten, halb verrückten Mannes, der sein Feind gewesen war. Kiinas Hand streckte sich aus und öffnete die letzte Tür in seiner Erinnerung, und jetzt, endlich, erfuhr Skar das allerletzte, endgültige Geheimnis des Schläfers, den wirklichen Grund, aus dem er erschaffen worden war.

»Ich habe die Macht dazu«, sagte er. »Ich kann es tun, und ich muß es tun. Du bist frei.«

DU SCHENKST MIR DEINE WELT, SATAI?

Skar lächelte, als ihm klar wurde, daß das fast dieselben Worte waren, die er selbst Drask geantwortet hatte.

DU WEISST, DASS ICH SIE ZERSTÖREN WERDE. ICH MUSS ES TUN.

»Das mußt du nicht«, antwortete Skar leise. »Sowenig wie ich dir unsere Welt schenke, denn du brauchst sie nicht.« Er atmete tief ein, um Kraft für die nächsten Worte zu haben; und gleichzeitig wußte er, daß sie im Grunde überflüssig waren, denn die Kreatur war in ihm, und er war in der Kreatur, war es immer gewesen. Trotzdem sprach er laut und mit fester Stimme weiter: »Die Zeit des Tötens ist vorbei, Bruder«, sagte er. »Wir haben den Krieg beendet. Jetzt tu du es auch.«

ICH BIN DER KRIEG.

»Das warst du«, antwortete Skar. »Du wurdest erschaffen, um zu töten.«

AUS KEINEM ANDEREN GRUND, UND ZU KEINEM ANDEREN ZWECK.

»Wie die Quorrl. Wie wir. Aber es ist Zeit vergangen, unendlich viel Zeit. Selbst für dich. Enwor ist groß genug für mehr als ein Volk, Bruder. Geh. Nimm dir die eisigen Inseln des Nordens. Nimm die Tiefen des Meeres und die brennenden Wüsten, nimm dir die Berge und die Höhlen unter der Erde. Nimm dir jeden Ort, an dem Menschen nicht existieren können, und lebe einfach. Ich gebe dich frei.«

ZÖGERN. VERWIRRUNG UND EIN GEFÜHL, DAS NEU UND UNENDLICH SÜSS WAR: HOFFNUNG Dann: UND DU? DU WIRST STERBEN, MENSCH! ICH KÖNNTE DIR DIE EWIGKEIT SCHENKEN.

»Ein Menschenleben ist lange genug«, antwortete Skar.

DU GIBST MICH ... WIRKLICH FREI?

»Deswegen bin ich hier«, antwortete Skar. »Ich war niemals dein Wächter, Bruder. So, wie du niemals mein Feind warst.« ICH WEISS. UND ICH WEISS, DASS DU DIE MACHT HAST, ZU TUN, WAS DU SAGST. ABER WER BIST DU? »Ich hin dein Schöpfer«, sagte Skar. »Und ich befehle dir: geh. Geh und laß den Menschen und Quorrl ihre Welt, so wie sie dir deine lassen werden.«

Und die Sternenkreatur ging.

Es geschah ganz undramatisch, von einer Sekunde auf die andere und fast lautlos: der schlanke Beinahe-Körper bewegte sich, machte einen raschen Schritt auf ihn zu und berührte seinen Arm, nur für den Bruchteil einer Sekunde und beinahe sanft, dann fiel er in sich zusammen, verlor seine Form und Größe und wurde zu einem Gespinst dünner, peitschender Fäden, die sich rasch und lautlos entfernten. Es gab keine Fragen mehr, kein Wenn und Aber und keine Antworten, denn der größte Teil ihres Gespräches hatte auf einer Ebene seines Bewußtseins stattgefunden, auf der es keine Lügen und Unklarheiten gab. Und mit ihr löste sich etwas aus Skar. Der körperlose Schatten, die Macht und Kälte eines Gottes, die ihm niemals geschenkt, sondern immer nur geliehen worden waren. Er hatte seinen Auftrag erfüllt. Er brauchte sie nicht mehr. Nie mehr.

Eine tiefe, unendlich tiefe Müdigkeit überkam Skar. Er wollte nichts als schlafen, sich auf dem harten Boden aus schwarzem Stahl ausstrecken und die Augen schließen, und sei es, um sie nicht wieder zu öffnen. Aber er konnte es nicht. Noch nicht. Es gab noch etwas, was getan werden mußte, um es wirklich zu Ende zu bringen. Nicht für Enwor, nicht für Titch und seine Quorrl, sondern nur für sich.

Er spürte seine Nähe, noch ehe er die Schritte hörte und gleich darauf das Rascheln von Seide und das gedämpfte Klirren von Metall, aber er widerstand der Versuchung, sich herumzudrehen. »Bravo«, sagte eine leise, entsetzlich bekannte Stimme hinter ihm. »Das war eine eindrucksvolle Rede. Eine der besten, die ich je gehört habe. Aber auch die dümmste.« Das helle Schleifen, mit dem ein Schwert aus der Scheide gezogen wurde. Schritte. Aber Skar drehte sich immer noch nicht herum. Seine Augen füllten sich mit Tränen.

»Wie lange weißt du es schon, Skar? Seit wann spielst du schon mit mir?«

Langsam, wie gegen einen fast unüberwindlichen Widerstand ankämpfend, drehte Skar sich herum und blickte in sein Gesicht. Tränen liefen über seine Wangen, aber er schämte sich ihrer nicht. »Und wie lange gehörst du schon zu ihnen, Del?«

»Vom ersten Tag an, alter Mann«, antwortete Del.

Skar schloß die Augen. Die Worte taten weh, viel schlimmer, als Del sich vorstellen mochte. Er hätte es ertragen, wäre es Vela gewesen, deren magische Kraft Del verändert hatte. Er hätte es ertragen - er hatte darum gefleht, daß es so war, wären es die Sumpfleute gewesen, die Del in Cosh gesundgepflegt hatten, oder irgend etwas in der Zeit danach, in den Jahren, in denen sie sich nicht gesehen hatten.

Der Gedanke, daß der Mann, den er wie einen Sohn aufgenommen hatte und der zuerst zu seinem Schüler, dann zu seinem Freund geworden war, ihn sein Leben lang belogen hatte, brachte ihn fast um den Verstand.

»Warum, Del?« flüsterte er.

Der schwarzhaarige Riese schürzte die Lippen. »Warum? Soll ich all die Argumente wiederholen, die du kennst? Ennart hat die Wahrheit gesagt, Skar. Wir... haben andere Vorstellungen von der Zukunft dieser Welt als ihr.«