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Diese Tatsache hatte Laurie schon zu Beginn des Schuljahres als einen heftigen Schock erlebt, als ihr klar wurde, dass das Amt der Chefredakteurin hauptsächlich darin bestand, jede Art von unangenehmer Arbeit zu erledigen, von der die anderen nichts wissen wollten. Heute bedeutete es, dass sie aufräumen musste, nachdem die anderen schon heimgegangen waren.

Als sie endlich fertig war, bemerkte Laurie, dass es draußen schon dunkel war. Sie musste in dem riesigen Schulgebäude praktisch allein sein. Als sie die Tür zum Redaktionsbüro schloss und das Licht ausschaltete, stellte sich die Nervosität wieder ein, die sie schon die ganze Woche über empfunden hatte. Die Welle litt sicher unter den Wunden, die ihr die Schülerzeitung beigebracht hatte, aber sie war an der Gordon High School noch stark genug, und Laurie war sich darüber im klaren, dass sie als Chefredakteurin der Zeitung.. Nein, nein, sagte sie sich. Das war doch Wahnsinn! So ernst durfte man die Welle einfach nicht nehmen. Sie war ein Unterrichtsexperiment, das ein wenig außer Kontrolle geraten war. Aber es gab keinen Grund zur Furcht. Die Flure waren jetzt dunkel, als Laurie zu ihrem Schrank ging, um ein Buch hineinzulegen, das sie heute abend nicht brauchte. Die Stille in der leeren Schule war irgendwie unheimlich. Zum erstenmal hörte sie Geräusche, die ihr nie zuvor aufgefallen waren: das Summen und leise Dröhnen des elektrischen Stroms der Alarmanlagen und Rauchdetektoren. Ein blubberndes, schmatzendes Geräusch kam aus dem Chemieraum. Wahrscheinlich kochte dort ein noch nicht abgeschlossenes Experiment vor sich hin. Selbst das ungewohnte Echo ihrer eigenen Schritte auf dem harten Fußboden klang unheimlich.

Ein paar Schritte vor ihrem Schrank erstarrte Laurie. An die Tür hatte jemand in roter Farbe das Wort» Feindin «geschrieben. Plötzlich war ihr Herzschlag das lauteste Geräusch weit und breit. Beruhige dich, sagte sie sich selbst, jemand will dir einfach Angst einjagen. Sie versuchte sich zusammenzunehmen und fingerte an ihrem Schrankschloss herum. Aber dann hielt sie inne. Hatte sie da nicht etwas gehört?

Schritte? Laurie zog sich langsam von ihrem Schrank zurück und verlor allmählich den Kampf gegen ihre wachsende Furcht. Sie wandte sich um und ging auf den Ausgang zu. Das Schrittgeräusch schien immer lauter zu werden. Laurie ging schneller. Die Schritte wurden noch lauter. Plötzlich verlosch das Licht am Ende des Ganges. Laurie fuhr entsetzt herum und starrte ins Dunkel.»Ist da jemand?«Wartete dort jemand auf sie? Dann wusste Laurie nur noch, dass sie zum Notausgang am.

Ende des Ganges lief. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sie endlich dort war, und als sie endlich die metallene Doppeltür erreichte, musste sie feststellen, dass die

Tür verschlossen war.

Voller Panik warf Laurie sich gegen die nächste Tür. Die öffnete sich seltsamerweise, und Laurie stürzte hinaus in die kühle Abendluft und lief und lief. Endlich geriet sie außer Atem und musste langsamer gehen. Ihr war, als wäre sie schon sehr lange gelaufen. Sie presste ihre Bücher an sich und atmete schwer. Jetzt fühlte sie sich sicherer.

David saß wartend auf dem Beifahrersitz in Brians Wagen. Sie parkten in der Nähe der Tennisplätze, die auch während der Nacht in Betrieb waren, denn David wusste, dass Laurie immer diesen Weg wählte, wenn sie nach Anbruch der Dunkelheit nach Hause ging. Die hellen Lichter von den Tennisplätzen gaben ihr ein Gefühl der Sicherheit.

Seit fast einer Stunde saßen sie jetzt im Auto. Brian saß auf dem Fahrersitz und hielt im Rückspiegel nach Laurie Ausschau. Dabei pfiff er eine Melodie, die David nicht erkannte, weil Brian falsch pfiff. David sah den Tennisspielern zu und lauschte auf das monotone Geräusch der hin und her geschlagenen Bälle.»Brian, darf ich dich etwas fragen?«sagte er nach langem Schweigen.»Was denn?«

«Was pfeifst du da eigentlich?«

Brian schien überrascht zu sein.»Take me out to the ball game«, sagte er. Dann pfiff er noch ein paar Takte, das Lied blieb völlig unkenntlich.»Erkennst du es jetzt?«

David nickte.»Ja, sicher, Brian, sicher. «Er sah wieder den Tennisspielern zu. Einen Augenblick später richtete Brian sich auf. David wandte sich um und schaute die Straße hinunter. Laurie kam auf dem Fußweg sehr schnell näher. Er griff zur Tür.

«Gut, und jetzt las mich die Sache allein erledigen«, sagte er.»Solange sie vernünftig ist«, antwortete Brian.»Aber wir spielen jetzt nicht mehr.«

«Sicher, Brian«, erwiderte David und stieg aus dem Wagen. Jetzt klang Brian schon ebenso wie Robert. Er musste schnell laufen, um Laurie einzuholen, und er war sich die ganze Zeit nicht im klaren darüber, wie er die Sache anpacken sollte. Er wusste nur, dass er es besser machen konnte als Brian. Er holte sie ein, aber Laurie blieb nicht stehen, und er musste schnell gehen, um mit ihr Schritt zu halten.

«Laurie, kannst du nicht ein bisschen warten?«fragte er.»Ich muss mit dir reden. Es ist wirklich wichtig!«Laurie ging langsamer und sah an ihm vorbei.»Schon in Ordnung, es kommt niemand«, versicherte David.

Sie blieb stehen, und David bemerkte, dass sie schwer atmete und ihre Bücher krampfhaft festhielt.»Weißt du, David«, sagte sie,»ich bin gar nicht mehr daran gewöhnt, dich allein zu sehen. Wo sind denn deine Truppen?«

David wusste, dass er ihre feindseligen Bemerkungen überhören und versuchen musste, vernünftig mit ihr zu reden.»Hör zu, Laurie, willst du mir nicht einfach einmal eine Minute zuhören?«

Aber daran schien Laurie nicht interessiert zu sein.»David, wir haben uns kürzlich alles gesagt, was wir einander zu sagen hatten. Ich möchte das alles nicht noch einmal durchkauen. Las mich bitte in Ruhe!«Gegen seinen Willen spürte David

Ärger in sich aufsteigen. Nicht einmal anhören wollte sie ihn!» Laurie, du musst aufhören, gegen die Welle zu schreiben. Du rufst damit nur alle möglichen Probleme hervor.«»Die Probleme schafft die Welle, David!«»Nein, das stimmt nicht!«behauptete David.»Schau mal, Laurie, wir möchten dich gern auf unserer Seite haben, nicht gegen uns.«

Laurie schüttelte den Kopf.»Auf mich kannst du nicht rechnen. Ich habe dir gesagt, dass ich ausscheide. Das ist kein Spiel mehr. Es ist jemand zusammengeschlagen worden.«

Sie ging weiter, aber David blieb neben ihr.»Das war ein unglücklicher Zufall«, erklärte er ihr.»Ein paar Burschen haben einfach die Welle als Vorwand dafür benutzt, diesen armen Kerl zusammenzuschlagen. Siehst du das nicht ein? Die Welle ist wirklich gut für alle. Warum begreifst du das denn nicht? Es könnte ein ganz neues System daraus entstehen, und wir werden es in Gang bringen.«»Aber nicht mit mir!«

David wusste, dass sie ihm davonlaufen würde, wenn er sie nicht festhielt. Es war einfach unfair, dass ein einziger Mensch eine Sache für alle anderen verderben konnte. Er musste sie überzeugen. Er musste! Und dann packte er ihren Arm.

«Las mich los!«Laurie wollte sich von ihm befreien, doch David hielt sie fest.