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Als er etwa drei Quadratmeter besprüht hatte, gab es eine Unterbrechung. Dr. Pelling kam.

Der Arzt nahm nur Helm und Handschuhe ab, rieb sich die steif gewordenen Finger und knurrte:

„Ich höre, Sie haben sich am Bein verletzt. Lassen Sie sehen.“

Pelling hätte bei der Untersuchung von O’Maras verletztem Bein nicht zarter sein können, aber man merkte ihm trotzdem an, daß er sich lediglich einer Pflicht entledigte. Seine Stimme klang reserviert, als er sagte: „Schwere Prellung und ein paar Sehnenrisse — Sie haben Glück gehabt. Ruhe. Ich gebe Ihnen eine Salbe zum Einreiben. Hatten Sie die Maler hier?“

„Was…?“ fing O’Mara an und sah dann, wohin der Arzt blickte. „Das ist Nahrungskonzentrat. Dieser kleine Teufelskerl hielt sich nicht ruhig, während ich ihn besprühte. Aber weil wir gerade von dem Kleinen reden, können Sie mir sagen…“

„Nein, das kann ich nicht“, unterbrach ihn Pelling. „Mein Gehirn ist mit den Wehwehchen und Arzneien meiner eigenen Spezies vollgepfropft. Außerdem sind die Burschen doch zäh — denen kann ja gar nichts passieren!“ Er schnüffelte und schnitt eine Grimasse. „Warum halten Sie ihn denn nicht draußen?“

„Weil es Leute gibt, die ein weiches Herz haben“, antwortete O’Mara etwas bitter. „Die halten es für grausam, zum Beispiel ein Kätzchen am Fell hochzuheben…“

„Hmmh“, machte der Arzt und sah O’Mara beinahe mitfühlend an. „Nun, das ist Ihr Problem. Kommen Sie in ein paar Wochen zu mir.“

„Warten Sie!“ rief O’Mara und humpelte hinter Pelling her. „Und was ist, wenn etwas passiert? Es muß doch irgendwelche Regeln für die Pflege dieser Dinger geben, ganz einfache Regeln. Sie können mich doch nicht hierlassen und…“

„Ich verstehe schon“, sagte Pelling. Er sah O’Mara an und fuhr dann fort, „ich habe irgendwo ein Buch herumliegen, eine Art Handbuch für Erste Hilfe für Hudlarer. Aber es ist in Universal…“

„Ich kann Universal lesen“, sagte O’Mara.

Pelling sah ihn überrascht an.

„Kluger Junge. Gut, ich schicke es Ihnen.“ Er nickte O’Mara zu und verließ ihn.

O’Mara schloß die Tür seiner Schlafkabine, in der Hoffnung, so den Geruch loszuwerden. Dann ließ er sich auf seine Couch nieder. Er war der Meinung, Ruhe verdient zu haben. Er legte sein verletztes Bein so, daß der Schmerz beinahe erträglich wurde, und versuchte, sich Mut zuzusprechen. Aber mehr als ein stoisches „Sich-mit-der-Situation-Abfinden“ kam dabei nicht heraus.

Er war so müde, daß ihm selbst die Mühe, sich zu ärgern, zu groß wurde. Seine Augenlider senkten sich, und dann umfing ihn wohltuende Wärme. O’Mara seufzte, legte den Kopf zur Seite und schickte sich an, zu schlafen.

Das Geräusch, das ihn von der Couch in die Höhe trieb, erweckte in ihm den Gedanken an die Posaunen von Jericho, und er hatte Angst, die Tür würde im nächsten Augenblick zusammenbrechen. O’Mara tastete instinktiv nach seinem Raumanzug, ließ ihn fluchend fallen, als er begriff, was vorging, und holte die Spritzpistole.

Junior war wieder hungrig!

Während der achtzehn Stunden, die dieser Episode folgten, begriff O’Mara, wie wenig er von hudlarischen Säuglingen wußte. Er hatte über den Translator oft mit den Eltern gesprochen, und das Baby war immer erwähnt worden, aber irgendwie hatte man versäumt, von den wichtigen Dingen zu sprechen. Dem Schlaf zum Beispiel.

Nach all seinen Beobachtungen und Erfahrungen schliefen FROBs im Säuglingsalter überhaupt nicht. In den viel zu kurzen Intervallen zwischen der Nahrungsaufnahme tobten sie vielmehr im Schlafzimmer herum und zertrümmerten jegliches Mobiliar, das nicht aus Metall bestand und festgeschraubt war — bei solchen Gegenständen begnügten sie sich damit, sie bis zur Unkenntlichkeit zu verbiegen —, oder sie kauerten sich in eine Ecke und beschäftigten sich damit, ihre Tentakel in unentwirrbare Knäuel zu schlingen. Wahrscheinlich würde der Anblick eines Babys, das die äquivalente Handlung zum Spielen mit den Fingern vollbrachte, einen erwachsenen Hudlarer geradezu in Ekstase versetzt haben, aber O’Mara ging das ganz einfach auf die Nerven.

Und alle zwei Stunden — plus oder minus ein paar Minuten — mußte er das Biest füttern. Wenn er Glück hatte, blieb der liebe Kleine dabei ruhig liegen, aber viel öfter mußte O’Mara ihn mit seiner Spritzpistole verfolgen. Normalerweise waren FROBs dieses Alters viel zu schwach, um großes Unheil zu stiften — aber das galt natürlich nur für das Schwerefeld von Hudlar. Hier, unter Umweltbedingungen, die einem Viertel G entsprachen, konnte sich der Säugling bewegen. Und das machte ihm sichtlich Spaß.

O’Mara dagegen hatte weniger Spaß; er fühlte sich müde und ausgepumpt, und nach jeder Fütterung sank er auf seine Couch und versuchte zu schlafen. Er war so völlig erschöpft, daß er nach jeder Fütterungsprozedur fest davon überzeugt war, das Biest bei seinem nächsten Schrei nicht mehr zu hören — aber jedesmal wieder riß ihn dieses schrille Nebelhorn aus seinem Schlummer, daß er wie ein Betrunkener hochfuhr und im Halbschlaf jene Prozedur durchführte, die diesem grauenhaften, nervenzerreißenden Lärm ein Ende bereitete.

Nach beinahe dreißig Stunden wußte O’Mara, daß er am Ende war. Ob man ihm nun den lieben Kleinen in zwei Tagen oder zwei Monaten abnahm, war, soweit es ihn betraf, gleichgültig; er würde bis dahin ein Opfer des Wahnsinns sein. Sofern er nicht in einem schwachen Augenblick einen Spaziergang in den Weltraum machte — ohne Anzug. Pelling hätte nie zugelassen, daß man ihm eine solche Strapaze aufbürdete, das wußte er, aber der gute Doktor war, was die Physiologie von FROBs anging, völlig unwissend. Und Caxton, der eine Kleinigkeit mehr wußte, war ein Mensch von jener einfachen, direkten Art, der an solchen Schmerzen Freude hatte, ganz besonders, wenn er glaubte, daß das Opfer seine Strafe verdiente.

Wie aber, wenn der Abschnittsleiter doch intelligenter war als O’Mara vermutete? Wie, wenn er genau wußte, wozu er ihn verurteilte, indem er den kleinen Hudlarer seiner Obhut überließ? O’Mara fluchte, aber er hatte sich damit die letzten zehn oder zwölf Stunden so intensiv beschäftigt, daß auch Fluchen aufhörte, ihm Erleichterung zu bringen. Er schüttelte ärgerlich den Kopf, als könnte er damit die Müdigkeit von sich abschütteln.

Den Gefallen würde er Caxton nicht tun.

Er war der stärkste Mann beim ganzen Projekt, das wußte O’Mara, und seine Kraftreserven mußten beträchtlich sein. All diese Müdigkeit und dieses nervöse Zucken waren nichts anderes als Einbildung, redete er sich ein, und zwei Tage praktisch ohne Schlaf durften ihm überhaupt nichts anhaben — trotz des Unfalls. Und viel schlimmer konnte die Geschichte mit dem jungen ET auch nicht mehr werden — eher besser. Denen würde er es schon zeigen, gelobte er sich. Caxton sollte es nicht gelingen, ihn verrückt zu machen — ja, er würde ihm nicht einmal die Genugtuung bereiten, um Hilfe zu bitten.

Nach der achtundvierzigsten Stunde, die er in Gesellschaft des kleinen FROB verbrachte, und der siebenundfünfzigsten seit dem letzten Schlaf, trat plötzlich eine Änderung im Verhalten des FROB ein. Die übliche Reihenfolge und Ordnung der Dinge war gestört. Sein kleiner Liebling brüllte nach der Nahrungsaufnahme weiter!

Zuerst empfand O’Mara so etwas wie beleidigte Überraschung; das ging einfach gegen die Regeln. Sie schrien, man fütterte sie, und dann hörten sie zu schreien auf — wenigstens für eine Weile. Das Baby hier aber war so unfair, daß er zunächst schockiert und völlig hilflos war.

Der Lärm war unerträglich. Lange, schrille Posaunenstöße drohten ihm die Trommelfelle zu sprengen. Manchmal veränderte sich die Lautstärke auf völlig willkürliche Art und Weise, und dann folgte wieder ein gleichmäßiges Stakkato mit kreischenden Obertönen, als wären Glassplitter in seine Stimmbänder geraten. Es gab auch Intervalle der Stille, die zwischen zwei Sekunden und einer halben Minute variierten und während deren O’Mara zitternd darauf wartete, daß das Getöse wieder von neuem begann. Er wartete, solange er es einigermaßen ertragen konnte — vielleicht zehn Minuten —, und dann stemmte er seine bleiernen Glieder wieder von der Couch hoch.