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»Das stimmt«, sagte Kog. Beim Klang dieser Worte fragte ich mich, ob unsere Gegenüber so etwas wie eine Speziesvereinigung kannten. Ich bezweifelte es eher. Solche Wesen waren wie die Menschen territorialistisch, individualistisch und aggressiv veranlagt und konnten die glatten Idealismen von eher vegetativ eingestellten Organismen nicht sehr interessant, attraktiv oder praktisch finden.

Geschöpfe sind sich niemals gleich – auch ist das gar nicht erforderlich. Der Natur mag ein Dschungel ebenso verlockend erscheinen wie ein Garten. Leoparden und Wölfe gehören ebenso in die naturgegebene Ordnung wie Spaniels und Kartoffeln. So glaubte ich nicht, daß die Speziesvereinigung ein Segen sein würde, sondern sah darin eher eine Falle und einen Fluch, eine Krankheit, ein soziales Sanatorium, in dem die Großen und Starken sich den blinzelnden, kriechenden kleinen Wesen anpassen oder zumindest so tun mußten. Natürlich geht es hier auch um Wertvorstellungen, und dazu muß man Entscheidungen fällen. Es ist nur natürlich, daß die Kleinen und Schwachen eine Entscheidung treffen, und die Großen und Starken eine andere. Es gibt keine umfassende Menschheit, kein einziges Hemd, kein allgemeingültiges Paar Schuhe, keine noch so graue Uniform, die allen Menschen paßt. Tausend verschiedene Menschheiten sind möglich. Wer dies abstreitet, sieht über seinen eigenen Horizont nicht hinaus. Wer dies abstreitet, leugnet Unterschiede und würgt damit die besseren Zukunftsentwicklungen ab.

»Es ist bedauerlich«, sagte Sardak zu Kog, »daß sie die Speziesvereinigung noch nicht erlangt haben. Dann fiele es uns nämlich um so leichter, sie in unsere Viehgehege zu treiben, sobald die Priesterkönige ausgeschaltet sind.«

»Stimmt«, sagte Kog.

Soweit ich beurteilen konnte, war Sardaks Äußerung zutreffend. Weitgehend zentralisierte Gesellschaftsformen lassen sich am leichtesten unterwandern und beeinflussen. Wird auch nur eine Faser eines solchen komplizierten Netzes durchschnitten, kann eine ganze Welt zugrunde gehen. Vor langer Zeit eroberten einhundertunddreiundachtzig Männer ein ganzes Imperium.

»Kannst du dann für den Kapitänsrat aus Port Kar sprechen?« fragte Kog.

»Nur in Angelegenheiten, die sich auf Port Kar beziehen, und dann auch nur nach einer Entscheidung des Rates, die nicht ohne Konsultationen fallen kann«, erwiderte Samos. Dies stimmte so im Grund nicht, war im wesentlichen aber zutreffend. Unter den gegebenen Umständen war die Antwort angemessen. Die Geschöpfe wußten natürlich nicht, wie der Kapitänsrat arbeitete.

»Du hast doch aber gewisse Führungsvollmachten, nicht wahr?« erkundigte sich Kog. Ich bewunderte die Geschöpfe. Sie hatten sich gut auf ihre Mission vorbereitet.

»Ja«, erwiderte Samos vorsichtig. »Diese Vollmachten haben aber vermutlich nichts mit Dingen von der Art zu tun, wie sie bei dieser Zusammenkunft zur Sprache kommen werden.«

»Ich verstehe«, sagte Kog. »Für wen sprichst du dann?«

»Ich spreche«, sagte Samos, und ich fand seine Antwort ziemlich kühn, »für Samos aus Port Kar, für mich selbst.«

Kog schaltete das Übersetzungsgerät aus, wandte sich an Sardak und sprach einen Moment mit ihm. Anschließend aktivierte er das Übersetzungsgerät erneut. Diesmal begann das kleine rote Licht sofort zu leuchten.

»Das genügt uns«, sagte Kog.

Samos trat einen Schritt zurück.

Nun wandte sich Kog einer Lederrolle zu und löste mit seinen langen, pelzigen, tentakelähnlichen Fingern den Verschluß.

Vermutlich glaubten die beiden Kreaturen nicht daran, daß Samos wirklich nur für sich allein sprechen konnte. Auf jeden Fall vermuteten sie, daß er verstrickt war in die Angelegenheiten der Priesterkönige. Ihnen blieb also kaum etwas anderes übrig, als mit ihm zu verhandeln.

Aus der langen Lederrolle zog Kog ein Gebilde, das sich auf den ersten Blick wie eine eng zusammengerollte, leicht gegerbte Haut ausmachte. Sie war hell, beinahe hell, und mit Schnüren verschlossen. Ein schwacher rauchiger Duft stieg auf, der vermutlich von dem Rauch des Turlbusches stammte. Häute dieser Art können wasserdicht gemacht werden, indem man sie um ein kleines Holzgestell wickelt und dies über ein kleines Feuer stellt, in das man dann Blätter und Äste des Turl-Busches streut, um den gewünschten Rauch zu erzeugen.

Kog legte die weiche Haut auf den Tisch. Sie war nicht nur einfach an Wind und Sonne getrocknet, sondern durchgegerbt. In ihrer Rohform läßt sich Tierhaut zu Schilden, Truhen und Schnüren verarbeiten. Komplizierter ist es dagegen, eine Haut weich zu gerben: Die abgezogene Haut muß mit Fetten und Ölen gesättigt werden, die im allgemeinen aus der Gehirnmasse von Tieren gewonnen werden. Diese werden fest in die Haut eingerieben, meistens mit einem flachen weichen Stein. Die Haut wird dann mit warmem Wasser benetzt und eng zusammengerollt, woraufhin sie einige Tage lang fortgelegt wird, an einen dunklen, kühlen Ort. Während dieser Zeit dringen die weichmachenden Elemente, die Fette und Öle, voll in das Material ein. Die Haut wird anschließend wieder aufgerollt und im Verlauf einiger Stunden durch Reiben, Kneten und Strecken mit der Hand weichgegerbt. Das Ergebnis ist eine braune bis cremigfarbene Fläche, die sich so einfach wie Stoff bearbeiten und schneiden läßt.

»Du kennst sicher einen gewissen Zarendargar?« fragte Kog.

»Wer ist Zarendargar?« fragte Samos.

»Verschwenden wir hier keine Zeit miteinander«, sagte Kog.

Samos erbleichte.

Insgeheim war ich beunruhigt, daß auf der Plattform vor dem Tarngebäude Wächter warteten. Sie waren mit Armbrüsten bewaffnet. Die Eisenbolzen dieser Waffen, jeweils etwa ein Pfund schwer, drangen auf eine Entfernung von zwanzig Metern noch vier Zoll tief in kompaktes Holz ein. Allerdings mochten Samos und ich schon halb aufgefressen sein, ehe die Männer überhaupt eingreifen konnten.

Kog musterte Samos eindringlich.

»Zarendargar«, sagte Samos, »ist ein bekannter Kommandant der Stahlwelten, ein Kriegsgeneral. Er kam bei der Vernichtung einer Versorgungsanlage in der Arktis ums Leben.«

»Zarendargar lebt«, behauptete Kog.

Diese Äußerung überraschte mich. Ich hielt es nicht für möglich, daß Zarendargar lebte. Die Zerstörung des Komplexes war umfassend gewesen. Ich hatte sie in der arktischen Nacht aus vielen Pasang Entfernung beobachtet. Die Anlage mußte in eine radioaktive Hölle verwandelt worden sein. Selbst das vereiste Meer ringsum hatte zu brodeln und zu wogen begonnen.

»Zarendargar kann nicht mehr leben«, sagte ich und richtete damit zum erstenmal das Wort an die Ungeheuer. Vielleicht hätte ich nichts sagen sollen, doch ich hatte das fragliche Ereignis aus der Nähe verfolgt. Ich hatte die Explosion gesehen. Trotz der Entfernung war ich von dem Licht halb geblendet und Sekunden später, von Detonation, Schockwelle und Hitze beinahe von den Füßen gerissen worden. Die Form, Höhe und Schrecklichkeit der aufsteigenden Wolke würde ich in meinem ganzen Leben nicht vergessen. »Nichts hätte dieser Hölle entkommen können«, fuhr ich fort, »geschweige denn dem umliegenden Meer.«

Kog richtete den Blick auf mich.

»Ich war dabei«, fuhr ich fort.

»Das wissen wir«, bemerkte Kog.

»Zarendargar ist tot«, beharrte ich.

Kog entrollte das weiche Leder auf dem Tisch. Er schob es so zurecht, daß Samos und ich einen freien Ausblick darauf hatten. Meine Nackenhaare begannen sich zu sträuben.

»Kennst du so etwas?« wandte sich Kog an Samos.

»Nein«, antwortete dieser.

»Ich habe solche Häute schon gesehen«, sagte ich, »doch nur auf einer anderen Welt. An Orten, die dort Museen genannt werden. So etwas wird heute nicht mehr gefertigt.«

»Kommt dir die Haut alt vor?« fragte Kog. »Verblaßt? Brüchig, rissig, zerschlissen, dünn, zerbrechlich?«

»Nein«, gab ich zurück.

»Schaut euch die Farben an«, fuhr Kog fort. »Erscheinen sie euch alt? Verblaßt?«

»Nein«, sagte ich. »Sie sind frisch und stark.«

»Eine Analyse, die sich auf den Austrocknungsgrad und die molekulare Veränderung bezog, ergab, daß dieses Material und die darauf verteilten Pigmente keine zwei Jahre alt sind. Diese Hypothese wird durch Vergleichsversuche unterstützt, bei denen dieses Leder gegen Muster von bekanntem Alter gesetzt werden, außerdem durch unabhängige historische Beweise, deren Beschaffenheit auf der Hand liegen müßte.«