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Diese Verstärkung war niemand anders als die kleine, aber immer noch sehr schlagkräftige Truppe von Leutnant John Robarts. Als Robarts sah, daß sich Corcoran und Holkar zurückzogen, war er mit seinen Leuten vorsichtig – er befürchtete zunächst eine List des Bretonen – aus der Pagode gekommen, hatte dann die Pferde der Übriggebliebenen zusammengesucht und war in die Richtung galoppiert, aus der das Gewehrfeuer zu vernehmen war. Mit seinen Leuten hatte er sich in das Kampfgetümmel auf dem linken Flügel gestürzt.

Bald begannen Holkars Soldaten zurückzuweichen, zunächst in fester Ordnung und diszipliniert, doch allmählich immer kopfloser, bis sie Sitas Elefanten erreicht hatten, der, umgeben von Sugrivas Leuten, seinen Weg nach Bhagavapur fortsetzte. Hier wurde der Kampf schrecklich und verlustreich. Die im Dienst der Kompanie stehenden und von John Robarts geführten Sepoys kämpften erbittert, aber auch Holkars Reiterei, deren einzige Hoffnung es war, lebend Bhagavapur zu erreichen, schlug sich mit dem Mute der Verzweiflung.

Durch einen Säbelhieb wurde Holkar von seinem Pferd gestürzt und fiel Scindiah vor die Füße.

Sita schrie laut auf.

Doch der schwergewichtige und kluge Scindiah packte mit seinem Rüssel den armen Holkar vorsichtig um die Taille und ließ ihn sanft in die Sänfte neben seine Tochter gleiten. Dann stemmte er – da er die Gefahr, in der seine Herrin schwebte, wohl erkannte – seinen gewaltigen Leib gegen die Flut der Flüchtenden wie auch der Angreifer. Um ihn tobte der Kampf Mann gegen Mann, er aber stand unerschütterlich wie ein Gott inmitten der Menschlein, packte entweder mit seinem Rüssel einen der Angreifer, der sich zu weit herangewagt hatte oder zerstampfte ihn mit seinen wuchtigen Beinen. Einige wenige Revolverschüsse prallten von ihm ab, ohne ihn zu erschüttern.

Auf der Rückseite des Elefanten schreckte Louisons Anblick auch die Kühnsten ab. Der natürliche Panzer Scindiahs und die spitzen Krallen der Tigerin waren für Holkar und Sita ein sicherer Schutz.

Es war jedoch nur eine Frage der Zeit, bis sie unter dem Druck der Übermacht zusammenbrechen würden. Schon war der tapfere Sugriva, der die Abteilung nach Holkars Verletzung befehligte, gefangengenommen worden, als sein Pferd tödlich getroffen zusammengebrochen war, und da sie auch der verletzte Holkar nicht mehr zur Ordnung rufen konnte, lösten sich die Hindus bald auf.

In diesem Augenblick wurde Corcoran gewahr, daß der rechte Flügel kurz vor der völligen Vernichtung stand, und er eilte ihm, vor allem der unglücklichen Sita, zu Hilfe.

Bis jetzt hatte er an nichts weiter gedacht, als den Rückzug geordnet durchzuführen; als er aber sah, daß Sita in höchster Gefahr schwebte, fühlte er plötzlich eine derartige Wut auf den Feind in sich, daß er mit seiner Truppe zornentbrannt auf den elenden Rao lospreschte und dessen ganze Schar bei diesem wuchtigen Angriff auseinandersprengte. Er selbst hieb Rao mit dem Säbel aus dem Sattel. Unter den Pferden, die über ihn hinweggaloppierten, fand der Verräter den Tod. Dann wollte Corcoran Sugriva befreien, doch John Robarts und die kleine Zahl der Engländer, in deren Gefangenschaft sich dieser befand, bildeten für ihn und seine Reiter ein so kompaktes Hindernis, daß es unmöglich war, ihn herauszuhauen. Die Engländer zogen sich mit ihrer Beute von dem breiten Weg in die Dschungelpfade zurück, und es wäre in höchstem Maße töricht gewesen, ihnen mit dem Rest der Reiterei folgen zu wollen.

Corcoran wendete und ritt mit seinen Männern zu Scindiah, dem Elefanten, der unbeeindruckt von dem Geschrei und Geschieße mit majestätischem Schritt seinen Weg fortgesetzt hatte, als ob er sich auf einer Parade befände. Louison lief neben ihm her, ohne Zweifel weniger majestätisch, denn sie war eben von anderem, fröhlicherem Temperament, aber nicht weniger stolz, zum Ruhme der indischen Waffen über das Empire beigetragen zu haben.

Der Kapitän deckte den Rückzug und befehligte die Nachhut, die allerdings keiner ernsthaften Bedrohung seitens der Engländer mehr ausgesetzt war. Denn je weiter sie sich Bhagavapur näherten, desto mehr fürchtete Colonel Barclay einen Hinterhalt, und aus Angst, in eine Falle zu tappen, ließ er eine Meile vor der Stadt die Verfolgung einstellen.

Er brauchte Infanterie, vor allem jedoch Artillerie, um eine regelrechte Belagerung beginnen zu können. Die Festung war übrigens nicht sehr stark. Die Mauern stammten aus der Zeit, als Holkars Vorfahren, Fürsten der Marathenkonföderation, der tartarischen Reiterei Tamerlans getrotzt hatten. Seit dieser Zeit hatte man zwar einige Gräben mehr ausgehoben, das Mauerwerk an brüchigen Stellen wieder instand gesetzt, die alten Türme mit Kanonen bestückt, doch einer ernsthaften Belagerung durch moderne Artillerie würde die Stadt kaum standhalten können.

Sei es, wie es sei, Holkar war fest entschlossen, die Festung gegen die Engländer zu verteidigen, und Corcoran, voller französischen Vertrauens in sein Genie, versprach, den Belagerungsring zu durchbrechen. Eine erste Maßnahme war, seine Brigg Sturmsohn den Narbada heraufsegeln zu lassen. Er versteckte sie in einem Flußarm, um sie nicht den Engländern in die Hände fallen zu lassen. Je nach Bedarf konnte er jetzt auf ihr von einem Ufer zum anderen setzen.

16. Wie der tapfere Berar unzufrieden mit den Zärtlichkeiten der neunschwänzigen Katze war

Am nächsten Tag stießen Infanterie und Artillerie zu Colonel Barclay, der sofort versuchte, die Stadt im Handstreich zu nehmen, denn er rechnete damit, sich wegen der brüchigen Mauern der Festung nicht auf eine sorgfältige Belagerung vorbereiten zu müssen. Einige Kanonenschüsse würden nach seiner Meinung genügen, um eine ausreichend große Bresche in die Mauern zu schießen, durch die die Infanterie nach Bhagavapur hätte eindringen können.

Doch er hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht, er hatte nicht mit der Kühnheit und Geschicklichkeit des Kapitäns gerechnet. Dieser nämlich hatte in einem Artillerieduell, das etwa zwei Stunden gedauert hatte, ungefähr zwei Dutzend englische Kanonen zerstört und einen Teil des Munitionslagers in Brand geschossen. Die Explosion hatte zweihundert Engländern und Sepoys das Leben gekostet. Barclay hatte daraufhin bald eingesehen, daß er sich auf eine regelrechte Belagerung einrichten mußte.

Er ließ eine Sappe ausheben. Doch die Sepoys waren keine Pioniere, zwar wendig, aber für Schanzarbeiten nicht kräftig genug. Und die Europäer waren durch das heiße Klima so geschwächt und halb krank, daß sie kaum von Nutzen waren. Darüber hinaus hatten sie die ständigen Ausfälle Corcorans nervös gemacht.

Dieser hatte dank seiner Brigg, deren Tiefgang unerheblich war, eine Bewegungsfreiheit zu Wasser, die es ihm mit Hilfe seiner zwölf Matrosen erlaubte, auch von der Wasserseite her die Engländer unter Beschuß zu nehmen. Er trotzte dem Gegner, belästigte ihn mit einer Schwadron Reiter oder kam mit einigen Infanteriekompanien den Narbada herabgesegelt und griff sie im Rücken an, so daß Colonel Barclay schon befürchtete, die Belagerung wegen Mangel an Nahrung und Munition aufgeben zu müssen.

Doch Corcorans Mut und Aktivität konnten letztlich gegen die Disziplin und Hartnäckigkeit der Engländer nicht das notwendige Übergewicht erzielen, um sie zur Umkehr zu zwingen. Nach vierzehntägiger Belagerung zweifelte der Kapitän nicht mehr am Ausgang des Unternehmens und am Schicksal Bhagavapurs. Schon begann man in den Straßen den letzten Ansturm vorauszusehen und munkelte von Kapitulation. Wenn Corcoran nicht in der Stadt war, schienen Holkars Soldaten bereit zu rebellieren und die Stadt dem Colonel auszuliefern.

Eines Abends hatten die Engländer schließlich ihre Sappe fertiggestellt und die Kanonen in Stellung gebracht. Sie begannen die Stadt von der Flußseite her mit solch einem konzentrierten Artilleriefeuer zu belegen, daß die Festungsmauer an einer Stelle einstürzte und eine breite Bresche entstand, durch die die Angreifer eindringen konnten. Zwar schickte Corcoran rasch ein zuverlässiges Regiment an die Stelle, um eventuelle Angriffe der Engländer zu vereiteln, doch hätten sie gegen einen konzentrierten Angriff der Engländer kaum etwas ausrichten können. Zum Glück war die Nacht hereingebrochen, und es schien unwahrscheinlich, daß die Engländer jetzt noch angreifen würden. Holkar, noch von seiner Verletzung gezeichnet, hielt im Beisein Sitas mit Corcoran Rat.