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Bleibt nur noch zu vermelden, daß die Ausführung seines Plans kaum Schwierigkeiten machen dürfte. Das Vertrauen Kapitän Corcorans in seine Popularität ist so groß, daß er in seiner Hauptstadt nicht einmal eine Garnison für notwendig hält. Die ganze Armee steht an der Grenze des Landes, wie sich Eure Lordschaft überzeugen können, wenn Eure Lordschaft geruhen, einen Blick auf beiliegende Karte zu werfen. Es gibt nicht mehr als zweihundert Soldaten in Bhagavapur, und das sind eigentlich mehr Polizisten als Soldaten, die über die verschiedensten Viertel verstreut sind. Der Palast ist für jeden den ganzen Tag geöffnet. Die einzige Wache, die eventuell zu fürchten wäre, sind ein junger Tiger von drei Monaten, ein großer wilder Tiger und die Mutter des kleinen, diese famose Louison, die Colonel Barclay so viel zu schaffen machte. Diese drei Tiere sind mit einem bewundernswerten Instinkt ausgestattet; doch ist es leicht, sie nach dem Essen zu überraschen und einzusperren.

Baber und ich, manchmal getrennt, manchmal zusammen, haben sorgfältig die Palastanlage, Aus- und Eingänge inspiziert und unseren Schlachtplan entworfen. Nach meinem Ermessen dürfte der sogenannte Maharadscha keine Chance haben, dem Anschlag zu entgehen, trotz seiner unbestreitbaren Körperkräfte und sprichwörtlichen Kaltblütigkeit.

Ich habe, wie schon gesagt, Vorsorge getroffen, daß der Name Eurer Lordschaft mit dem Babers in keinerlei Verbindung gebracht werden kann, desgleichen habe ich dafür gesorgt, daß man auch mir im Fall eines Mißlingens eine Beteiligung an dem Komplott nicht zuschreiben kann. Nicht, daß ich nicht bereit wäre, jeden zu exekutieren, den zu exekutieren Euer Lordschaft im Interesse der Regierung Ihrer Majestät, unserer glorreichen Königin Victoria, gefällt; aber in diesem Falle scheint es mir nicht notwendig, unseren Eifer so weit zu treiben. Dank des Himmels werden Baber und die Seinen alles allein erledigen, und ich werde mir als loyaler Engländer nicht die Hände mit einem Mord schmutzig machen müssen, den die öffentliche Meinung zwar verteufeln wird, obwohl er politisch notwendig ist.

Dafür werde ich mich Bhagavapurs im Namen Eurer Lordschaft bemächtigen. Ich werde mir die Verwirrung, die nach dem Mord an Corcoran entstehen wird, zunutze machen und die bevorstehende Ankunft der englischen Armee ankündigen. Ich kenne dieses Volk. Wenn Corcoran tot ist, wird keiner wagen, Widerstand zu leisten; all seine Vorhaben werden mit ihm untergehen. Was die Witwe und den jungen Erben betrifft, so werden sie, wie die Franzosen sagen, ‘im Interesse der Gemeinnützigkeit’ enteignet.

Ich hoffe, daß der nächste Bote den Erfolg unseres Unternehmens nach Kalkutta melden wird, und ich bitte Eure Lordschaft, die Bekundungen meines allergrößten Respekts zu empfangen.

Ihr loyaler, gehorsamer und

untertänigster Diener

George William Doubleface

(alias Scipio Rückert)

PS: Ich darf hoffen, daß Eure Lordschaft sich nicht zu sehr darüber wundert, daß ich den Kredit, den Mylord mir bei Smith, Henderson & Co. eingeräumt haben, auf eine Million Rupien erweitert habe. Eure Lordschaft wird sicher nicht unbekannt sein, daß die Nachforschungen jeder Art, die ich auf seinen Befehl hin durchgeführt habe, sehr teuer sind und daß von allen bekannten Waren der Verrat die teuerste ist, obwohl nicht die seltenste. Außer dem ehrenwerten Mister Baber und seinen Freunden habe ich fünfundzwanzig oder dreißig Hindugewissen kaufen müssen, und obwohl diese bäuerlichen Gewissen nicht ganz so hoch im Kurs stehen wie die christlichen der Herren Abgeordneten, so ist der Tarif doch noch hoch genug. Im übrigen wird Holkars Schatz, von dem der sogenannte Maharadscha nur einen unbedeutenden Teil verbraucht hat, die Kassen Ihrer Majestät wieder füllen.

Es ist sogar möglich – aber das ist nur eine Vermutung, deren Wert Eure Lordschaft selbst einschätzen möge –, daß die Regierung Ihrer Majestät nicht verpflichtet sein wird, alle ihre gegenüber Baber gemachten Versprechungen einzuhalten, denn es ist sehr wahrscheinlich, daß sich der überraschte Corcoran verteidigen und dabei einige der Angreifer – und warum nicht Baber selbst – töten wird (was sowohl die Schuld wie den Gläubiger gleichzeitig verschwinden läßt); oder daß das Volk durch die Ermordung seines geliebten Oberhauptes so aufgebracht ist, daß es zu den Waffen greift und sich auf die Mörder stürzt. Letzteres vor allem, wenn die Witwe des sogenannten Maharadschas ihren Gatten überlebt und ihn rächen will. In diesem Fall wäre die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens noch ergiebiger, denn dann könnte keiner dieser Gentlemen seinen Anteil verlangen, und die englische Regierung würde nicht einmal zwanzigtausend Rupien Verlust haben, der von mir für die Anzahlung ausgegeben wurde. Es könnte sogar möglich sein, daß Sita den Ministern des verblichenen Maharadschas mißtraut und mich in Unkenntnis der zwischen mir und Baber bestehenden Beziehungen bittet, den Tod des Maharadschas an seinen Mördern zu rächen. In diesem Falle würde ich mich verpflichtet fühlen, die Mörder zu verfolgen und gnadenlos gegen sie vorgehen. Je länger ich darüber nachdenke, um so mehr scheint mir diese letzte Lösung die glücklichste zu sein.

PSS: Just in dem Augenblick, da ich diesen langen Bericht beendet habe, erhebt sich in Bhagavapur ein großer Lärm. Ich stecke den Kopf zum Fenster hinaus, um zu sehen, worum es geht. Anfangs dachte ich, Baber hätte im Übereifer schon mit seinem Vorhaben begonnen. Das ist ein Irrtum. Das ganze Volk starrt nach oben, hebt die Arme zum Himmel und stößt Schreie aus wie beim Anblick eines übernatürlichen Wesens. Ich schaue ebenfalls nach oben und erblicke ein Luftschiff von merkwürdiger Form, das langsam im Park des sogenannten Maharadschas niedersinkt. Man wirft den Anker. Ich bin zu weit entfernt, als daß ich etwas Genaueres erkennen könnte; aber das Volk strömt durch die Gassen und schreit, daß die strahlende Gestalt Indras, Gott des Feuers, vom Himmel herabgestiegen sei, um seinen Bruder Wischnu, der sich in Bhagavapur in der Person Corcorans inkarniert habe, zu besuchen. Ich werde mir dieses Wunder jetzt aus der Nähe anschauen und erkunden, wer dieser Luftschiffer ist, der die Rolle des allmächtigen Indra spielt. Auf jeden Fall ist das ein Ereignis, das das Ansehen des sogenannten Maharadschas noch vergrößern wird.“

7.

Wie Yves Quaterquem aus Saint-Malo Scindiah vorgestellt wurde

Scipio Rückert hatte sich nicht geirrt. Es war wirklich ein Luftschiff, das sich wie ein Raubvogel auf Bhagavapur herabließ und einen öffentlichen Aufruhr verursachte. In Sekundenschnelle wälzte sich das ganze Volk – von Respekt, Bewunderung und Neugier getrieben – nach dem Park des Maharadschas, um aus nächster Nähe dieses einzigartige und erstaunliche Wesen zu betrachten.

Aber in dem Augenblick, da die ersten in den Park strömen wollten, erschien Louison, die sich über den großen Auflauf gewundert hatte, und stellte sich den Hindus entgegen, als wolle sie sie nach dem Grund ihrer Hektik fragen. So schnell, wie sie gekommen waren, so schnell nahmen sie bei ihrem Anblick Reißaus, strömten in die Nebenstraßen, kletterten auf Bäume, weil für sie die Tigerin schrecklicher war als ihre Neugier. Das gab der Palastwache Gelegenheit Corcoran zu benachrichtigen.

Dieser hielt gerade in aller Ruhe seinen Mittagsschlaf. Schlaftrunken erschien er auf der Palastterrasse und rieb sich die Augen. Er sah etwas herabschweben, das einem kleinen, leichten, aber sehr stabilen Haus ähnelte, andererseits aber auch wieder einem Adler mit mächtigen Schwingen. Im Inneren des Luftschiffes sah er eine außergewöhnlich schöne Frau, die nach der letzten Pariser Mode gekleidet war. Ein junger Mann mit fröhlichem Gesicht hielt sie an der Hand, und in diesem jungen Mann erkannte Corcoran zu seiner größten Überraschung seinen Cousin und Freund Yves Quaterquem aus Saint-Malo, den berühmten Wissenschaftler und korrespondierendes Mitglied des Institut de France.