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Der Neger erschien auch sofort, und auf eine Aufforderung Quaterquems hin fuhr er fort, die Geschichte aus seiner Sicht zu vollenden. „Ich bin Neger, Sohn von Negern, Großvater war König im Kongo. Vater wurde von Weißen geraubt und ausgepeitscht, alles wegen Baumwolle und Kaffee. Acajou ist guter Neger, geboren in Baton Rouge in Louisiana. War mit dem Leben zufrieden. Pökelfleisch in der Woche, Rippchen am Sonntag. Dreimal im Monat Peitschenhiebe; ich lache über Peitsche, hab guten harten Rücken, harte Haut, Geduld, und tanze jeden Abend bei schönem Wetter.

Mit sechzehn bin ich sehr zufrieden. Hab Nini gesehen. Liebe Nini. Trag den Korb von Nini, den Eimer von Nini, den Besen von Nini. Krieg die Erlaubnis, ein Haus für Nini zu bauen. Tanze ab jetzt allein mit Nini, schlag mich mit meinen Freunden wegen Nini, boxe wegen Nini, hab ein waches Auge auf Nini, bring ihr Zucker und Kaffee, tanze auf Händen, um Nini lachen zu machen. Bete immer zu Gott, damit er mir Nini zur Frau gibt.

Nini aber ist ein Luder. Nini sagt, ich langweile sie. Schäkert mit Sambo, lobt Sambo, läßt sich Geschenke machen von Sambo. Ich bin sehr zornig. Schenke Nini hübsches Kleid, und sie geht weg von Sambo. Frage Nini, ob sie mich heiraten will. Krieg Erlaubnis, Nini zu heiraten. Heirat findet statt. Bin glücklich. Nini ist Frau von Acajou, streichelt Acajou, ist das Glück von Acajou. Ich danke Gott dafür, daß nicht Sambo Acajou ist.

Aber Sambo ist finster, sagt nichts. Denkt vielleicht viel. Bereitet Verrat vor. Denunziert Acajou bei seinem Herrn, der läßt Acajou dreimal in der Woche auspeitschen. Acajous Haut ist gestreift wie ein Zebra. Acajou ist an allem schuld. Lahmes Pferd, Acajou. Jagdhund verschwunden, Acajou. Silber gestohlen, Acajou. Immer und alles Acajou.

Großes Unglück geschieht. Herr von Acajou wird ermordet im Wald gefunden. Wer hat das getan? Sambo beschuldigt Acajou. Acajou ist guter Neger, aber nicht schlau, weiß sich nicht zu verteidigen. Weiße kommen in Trupps, zweihundert, dreihundert zu Pferd, Revolver im Gürtel. Hören Sambo. Glauben Sambo. Rufen Richter Lynch. Packen Acajou, fesseln Arme und Beine, legen Schlinge um seinen Hals, sagen, soll Wahrheit gestehen. Acajou ist guter Neger, nicht bösartig, kann nichts sagen, wird zum Tod verurteilt, hat großen Kummer, weint, bittet zu gutem Gott, denkt an Nini, die kleines Kind von Acajou ernähren muß. Umarmt Nini, sagt ade zu Erde, verflucht schlimmen Sambo, sagt letzten Wunsch und denkt daran, daß er bald hängt und mit den Beinen zappelt.

Plötzlich hört er schreien: Feuer! Feuer! Die Weißen rennen weg. Da fällt der Engel vom guten Gott vom Himmel, Mister Quaterquem, schneidet Strick durch, läßt Acajou in die Gondel klettern und lacht in fünfhundert Fuß Höhe über Richter Lynch. Die Weißen kommen zurück, sehen zerschnittenen Strick, werden wütend, schießen auf Flugmaschine. Acajou lacht aus vollem Hals, ist gerettet. Mister Quaterquem kommt in der Nacht zurück, nimmt Nini und Zozo, das Kind von Nini und Acajou, mit. Acajou küßt die Füße von Mister Quaterquem und sagt, daß er Mister Quaterquem bis ans Ende von Welt folgen wird. Nini folgt Acajou, und Zozo folgt Nini. Mister Quaterquem bringt Acajou, Nini und Zozo zu seiner Insel. Acajou ist sehr zufrieden. Er arbeitet, gräbt die Erde um, striegelt Ponys von Mister Quaterquem. Nini macht die Küche – gute Küche –, Nini ist Feinschmecker. Zozo taucht seine Finger in die Sauce und schmiert sich Backen voll mit Marmelade. Nini ist sehr zufrieden, nennt Zozo kleinen Nascher und bewundert Zozo. Acajou und Nini arbeiten drei, vier Stunden am Tag, nicht mehr. Werden nie ausgepeitscht. Mister Quaterquem nimmt Acajou auf Reisen mit. Acajou bewacht Luftschiff. Würde sein Leben geben für Mister Quaterquem.“

11.

Zwei Spitzbuben

Nach diesem treuherzig vorgetragenen Bericht, der mehr als einmal die Anwesenden zum Lachen brachte, zogen sich Alice und Sita in ihre Gemächer zurück. Corcoran hatte den schönsten Teil von Holkars Palast für seinen Freund vorbereiten lassen. Als sich auch Quaterquem erhob, um seine Gattin zu begleiten, hielt ihn der Maharadscha am Arm zurück und sagte: „Bleib noch einen Moment, ich brauche deinen Rat. Nimm dir eine Zigarre und hör mir zu.“

Dann erzählte er ihm, was an diesem Tag passiert war, und zeigte ihm den Brief von Doubleface an Lord Henry Braddock.

„Was würdest du an meiner Stelle tun?“ fragte er.

„Wenn ich an deiner Stelle wäre“, antwortete sein Freund, „würde ich dem Glück entsagen, die Menschen regieren zu wollen; ich würde die fünfzehn Millionen Rupien – das ist doch die Summe, die dir dein verstorbener Schwiegervater vermacht hat – gegen Francs wechseln und auf einer Bank gut verzinsen lassen; ich würde fünf- oder Sechshunderttausend Rupien als Taschengeld behalten; dann würde ich meinen Freund Quaterquem bitten, mir die Hälfte seiner Insel und drei Plätze in seinem Luftschiff abzutreten, einen für Sita, einen für mich selbst und einen für den kleinen Rama; ich würde mich in würdigen und bewegten Worten von meinen loyalen und treuen Untertanen verabschieden, schließlich würde ich vor meiner Abreise die Republik ausrufen, um den Engländern ein Kuckucksei ins Nest zu legen.“

„Das würde ich tun, wenn ich Quaterquem wäre, aber ich bin Corcoran.“

„Ja, ich weiß, du bist ein Corcoran und ein dickschädliger Bretone dazu, und du hast dir in den Kopf gesetzt, den Engländern die Tour zu vermasseln. Ich verstehe diese Idee, oh, ich verstehe sie nur zu gut…, aber wenn du sie dir schon in den Kopf gesetzt hast, warum bittest du mich dann um einen Vorschlag?“

„Hast du jemals die Geschichte Alexanders des Großen gelesen?“ fragte ihn Corcoran.

„Ein Eroberer, von dem alle Historiker sprechen, den alle Dummköpfe und großen Räuber bewundern und der wie ein Leuchtturm durch die Finsternis der Antike strahlt.“

„Und Dschingis-Chan und Tamerlan?“

„Zwei kühne Gesellen, die mehr Köpfe haben rollen lassen, als ein Bischof in dreitausend Jahren hätte segnen können, und die sich dadurch unsterblichen Ruhm erworben haben.“

„So ist es. Aber ich, Corcoran, gebürtig aus Saint-Malo, Nationalität Franzose, Beruf Seemann, zufällig an die Küste von Malabar verschlagen und, ich weiß nicht wie, Herrscher über zwölf Millionen Menschen, ich will Alexander, Dschingis-Chan und Tamerlan nicht nur gleichen, sondern sie übertreffen; ich will, daß man von meinem Säbel genauso spricht wie von ihren Krummschwertern; ich will hundert Millionen Indern die Freiheit bringen, und wenn es mich das Leben kostet, ich werde glücklich sein, ruhmreich zu enden, indes so viele Menschen vor Hunger sterben, am Fieber, am Elend, an der Cholera, der Gicht, an Geschwüren.

Und um gleich damit anzufangen: Was soll ich mit Mister George William Doubleface machen, der mir im Auftrag der englischen Regierung nachspioniert und mich durch seinen würdigen Freund Baber ermorden lassen will?“

„Vor allem muß man sie miteinander konfrontieren, und wenn die Gegenüberstellung zum Schuldbeweis führt, nun wohl, lieber Freund, der Galgen ist, wie du weißt, nicht wegen seines schönen Anblicks gemacht!“

„Du hast recht.“ Corcoran schlug auf einen Gong.

„Ali, sag Sugriva, er möge die Gefangenen hereinführen.“

Ali gehorchte. Doubleface und Baber betraten nacheinander den Saal, die Hände auf dem Rücken zusammengebunden und von zwölf Soldaten gefolgt. Doubleface wahrte seine unbewegliche Haltung; Baber, der viel untertäniger wirkte, schien dennoch damit zu rechnen, sein Leben zu verlieren.

„Doubleface“, sagte der Maharadscha, „Sie kennen das Schicksal, das Sie erwartet?“

„Ich weiß, daß ich in Ihrer Hand bin“, erwiderte der Engländer.

„Sie kennen dieses Schreiben?“

„Wozu leugnen? Der Brief ist von mir.“

„Ich denke, Sie wissen, wie Verräter, Spione und Mörder bestraft werden?“