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Als sie beide allein in dem Gebäude zurückgeblieben waren, hieß Corcoran die Tigerin, ihm in den Sitzungssaal zu folgen. Dort beugte er sich über die Fensterbrüstung, um mit dem Kommissar zu sprechen.

„Herr Kommissar“, rief er hinaus, „ich bin bereit, meine Tigerin friedlich hinauszuführen, wenn man mir verspricht, daß ihr kein Haar gekrümmt wird! Wir werden geradewegs zu meinem Dampfschiff gehen, das auf der Rhone ankert, und ich verspreche Ihnen, Louison in meiner Kabine einzuschließen, so daß sie niemand mehr erschrecken wird.“

„Nein! Nie und nimmer! Tod dem Tiger!“ schrie die Menge, die bei dem Gedanken an eine Tigerjagd schier aus dem Häuschen geriet, vor Begeisterung.

„Verschwinden Sie, Monsieur!“ rief der Kommissar.

Corcoran versuchte es noch einmal, aber nichts konnte den pflichteifrigen Beamten umstimmen.

Also ging der Mann aus Saint-Malo zum Schein auf die Forderung des Kommissars ein. Er beugte sich zu Louison hinab und umarmte sie zärtlich. Man hätte meinen können, er flüstere ihr etwas ins Ohr. „Sind diese Mätzchen bald zu Ende!“ belferte der Offizier.

Corcoran betrachtete ihn mit einem Blick, der nichts Gutes verhieß.

„Ich bin bereit“, sagte er schließlich, „aber ich bitte Sie, schießen Sie nicht, bevor ich durch das Tor gekommen bin. Ich möchte nicht mitansehen müssen, meinen einzigen Freund vor meinen Augen sterben zu sehen.“

Man fand sein Ersuchen vernünftig, und einige Personen begannen sogar, auf das Schicksal Louisons Wetten abzuschließen. Die Tigerin hatte sich hinter der Saaltür ausgestreckt und beobachtete Corcoran, der die Treppe hinunterschritt. Sie zeigte sich nicht, als würde sie die Gefahr ahnen, die sie bedrohte. Draußen herrschte angespannte Erwartung.

Plötzlich jedoch drehte sich Corcoran, der sich schon hinter dem Infanteriebataillon befand, um und rief dreimaclass="underline" „Louison! Louison! Louison!“

Bei diesem Ruf erschien Louison am Fenster und sprang mit einem gewaltigen Satz, noch bevor der Offizier den Befehl zum Feuern hätte geben können, über die Köpfe der Soldaten hinweg und schickte sich an, Corcoran mit großen Sätzen zu folgen.

„Schießt! So schießt doch!“ schrie die erschreckte Menge.

Aber der Offizier gab Befehl, die Waffen zu senken. Um den Tiger zu erlegen, hätte man möglicherweise fünfzig Personen töten oder verletzen können. Man gab sich also damit zufrieden, Corcoran und Louison bis zum Hafen zu folgen, wo sich beide auf das Dampfschiff begaben.

Am nächsten Tag erreichte Kapitän Corcoran Marseille und erwartete dort die Instruktionen der Akademie der Wissenschaften zu Lyon. Die Instruktionen, vom ständigen Sekretär selbst zu Papier gebracht, wären es wert gewesen, der Nachwelt erhalten zu bleiben; ein unglückseliger Zwischenfall verpflichtete jedoch den Kapitän später, sie dem Feuer zu übergeben. Es mag vielleicht die Bemerkung genügen, daß sie dieser überaus gelehrten Akademie, die sie verfaßt, und dem berühmten Reisenden, für den sie bestimmt, würdig waren.

4. Ein aufschlußreicher Briefwechsel

Lord Henry Braddock, Generalgouverneur Indiens, an Colonel Barclay, Resident Seiner Majestät am Hofe Holkars, Fürst der Marathen, in Bhagavapur

„Kalkutta, den 1. Januar 1857

Man hat mich von verschiedenen Seiten informiert, daß sich etwas gegen uns zusammenbraut und man Anzeichen eines möglichen Aufstandes bei den Eingeborenen in Lucknow, Patna, Benares, Delhi, bei den Radschputen und sogar bei den Sikhs festgestellt hat.

Wenn sich bei den Marathen ebenfalls Anzeichen einer Revolte bemerkbar machen sollten, wäre ganz Indien innerhalb von drei Wochen im vollsten Aufruhr. Das muß um jeden Preis verhindert werden.

Sie werden sofort nach Erhalt vorliegenden Schreibens Vorsorge treffen, unter irgendeinem Vorwand Holkars Streitkräfte zu entwaffnen und seine Kanonen, seine Gewehre, seine Munition, vor allem aber sein Vermögen in unsere Hände zu überführen. Dadurch wird er außerstande sein, englischen Interessen zu schaden. Sein Vermögen wird in dem Falle ein Faustpfand für uns sein, wenn er trotz gewisser Vorsichtsmaßnahmen einen Verzweiflungsschlag gegen uns planen sollte. Darüber hinaus sind die Schubladen der Kompanie leer, und ein finanzieller Zuschuß käme gerade recht.

Sollte er sich weigern, so wäre das der Beweis für umstürzlerische Pläne, in diesem Fall kann er nicht auf Pardon hoffen. Sie werden sofort die Befehlsgewalt über das dreizehnte, fünfzehnte und einunddreißigste europäische Infanterieregiment übernehmen, das Ihnen Sir William Maxwell, Gouverneur von Bombay, zusammen mit vier oder fünf Regimentern eingeborener Kavallerie und Sepoyinfanterie zur Verfügung stellen wird. Sie werden notfalls Bhagavapur belagern und einige Bedingungen, um die Sie Holkar bittet, ohne großes Aufheben erfüllen.

Das beste wäre, wenn er im Kampf fiele wie Tipu Sahib, denn die Ostindische Kompanie hat zu viele dieser widerspenstigen Vasallen auf dem Hals, und wir wären die Sorge los, diesen Leuten, die uns darüber hinaus bis in alle Ewigkeit verdammen werden, noch eine Pension zu zahlen.

Im übrigen verlasse ich mich auf Ihre Diskretion, aber beeilen Sie sich, denn man fürchtet einen Tumult, und in diesem Fall wäre es besser, den Aufständischen (falls es zu einem Aufstand kommen sollte) vorher ihre Führer und ihre Waffen zu nehmen!

Braddock, Generalgouverneur“

Colonel Barclay, englischer Resident in Bhagavapur, an Fürst Holkar

„Bhagavapur, den 18. Januar 1857

Der Unterzeichner macht es sich zur Pflicht, Seine Hoheit, Fürst Holkar, zu benachrichtigen, daß ihm zu Ohren gekommen ist, obengenannter Fürst habe seinem Premierminister fünfzig (50) Stockschläge verabfolgen lassen, ohne daß dem Unterzeichner eine Aktion seitens des Premierministers bekannt geworden wäre, die eine solche Behandlung rechtfertigte.

Der Unterzeichner muß Seine Hoheit desgleichen davon in Kenntnis setzen, daß des Nachts mehrmals schwer beladene Fuhrwerke in die Festung von Bhagavapur gebracht wurden und daß aufgrund mehrerer Indizien, die weiter zu erläutern der Unterzeichner nicht für notwendig erachtet, Grund zu der Annahme besteht, es handle sich bei besagtem Material um Waffen, Nahrungsmittel und Munition, was unserem Vertrag zuwiderläuft und nur zu allzu gerechtfertigter Sorge der ehrenwerten und allmächtigen Ostindischen Kompanie führen wird.

In Konsequenz dieser Vorfälle und nachdem er diesbezügliche Befehle des Generalgouverneurs erhalten hat, will der Unterzeichner diesmal sein Ohr vor vielleicht allzu gutmeinenden Informanten noch einmal verschließen und sich, um Fürst Holkar eine günstige Gelegenheit zu bieten, sich zu rechtfertigen, für heute damit bescheiden, Seine Hoheit aufzufordern, sämtliche Waffen einschließlich Kanonen und Gewehre und sein gesamtes persönliches Vermögen dem Unterzeichner zu überantworten, der alles nach Kalkutta schicken wird, woselbst es solange im Gewahrsam des Generalgouverneurs bleibt, bis die Unschuld obengenannten Fürsten, an der der Unterzeichner persönlich keinen Zweifel hegt, bewiesen sein wird.

Möge seine Hoheit bis in alle Ewigkeit den wohlwollenden Schutz der sehr ehrenwerten und allmächtigen Ostindischen Kompanie erfahren.

Colonel Barclay“

Fürst Holkar an Colonel Barclay, sogenannter englischer Resident, daselbst

„Der Unterzeichner rechnet es sich als Ehrenpflicht an, Colonel Barclay aufzufordern, unverzüglich Bhagavapur zu verlassen, wenn er nicht auf Befehl des Unterzeichners einen Kopf kürzer gemacht werden möchte.

Holkar“