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Quaterquem öffnete ein Auge, reckte gähnend die Arme in die Höhe und fragte:

„Was gibt es?“

„Wir reisen ab.“

„Wie! Abreisen! Alle Welt schläft. Acajou schnarcht, und was mich betrifft…“

„Gut, dann werde ich allein abfliegen.“

„Ohne zu frühstücken? Nini würde es dir nie verzeihen.“

„Dann frühstücken wir eben, um Nini nicht zu verärgern; aber denk daran, daß ich am Nachmittag unbedingt in Bhagavapur sein muß. Ich habe ein Gefühl, daß uns eine schreckliche Gefahr bedroht. Schön wäre es, wenn das Frühstück in fünf Minuten bereit ist und die Fregatte in einer Viertelstunde.“ Was tatsächlich gelang.

Nini war sehr erfreut über die Geschenke, die ihr der Maharadscha gemacht hatte (zwei außerordentlich schöne Kaschmirschals, die einstmals der Lieblingsfrau von Tipu Sahib gehört hatten), warf sich in die Arme von Acajou, der brummelnd die Fregatte bestieg, nicht ohne vorher noch Zozo an seine Brust gedrückt zu haben, der sich mit seinen Fäustchen die Augen rieb und schrie, als würde er seinen Vater nie wiedersehen.

20.

Ausführliche Unterhaltung Louisons und Garamagrifs mit dem mächtigen Scindiah

In der Zwischenzeit tat Sita ihr Bestes, um der schönen Alice den Aufenthalt in ihrem Palast so angenehm wie möglich zu machen.

In ihren Tragsesseln, unter Alis Schutz und von einer Schar Berittener begleitet, begaben sie sich zur Jagd oder ritten durch die Gegend. Da Sita glücklicherweise braun war, Alice dagegen blond, da außerdem niemand zugegen war, der sie hätte betrachten können (abgesehen von den Eingeborenen), gab es zwischen ihrer Schönheit keine Rivalität, und so ergänzte die Schönheit der einen die Schönheit der anderen auf das wunderbarste. So entstand zwischen beiden eine innige Freundschaft.

Sugriva, der während der Abwesenheit des Maharadschas mit den Regierungsgeschäften, betraut worden war, nahm sich seiner schwierigen Pflichten gewissenhaft an. Gemäß Corcorans Weisung hatte er alle Zemindars und Deputierten aufgefordert, sich in Bhagavapur einzufinden. Da er glaubte, jeden Tag die Nachricht von einem erneuten Überfall der Engländer zu erhalten, hatte Corcoran sein Marathenparlament einberufen wollen, um von ihm die Unterstützung im Kampf gegen die Engländer zu erhalten.

Offen gesagt rechnete Corcoran nicht allzusehr mit dem Mut seines Parlaments und seiner Soldaten; aber er hielt das Parlament für nützlich, um Verräter einzuschüchtern, denn er erinnerte sich noch gut der Bemerkungen, die er in dem Brief von Doubleface an Lord Henry Braddock gelesen hatte.

Dank Louisons Mithilfe schien er übrigens davon überzeugt, daß der Kampf mit etwa gleichen Mitteln geführt würde. Louison ersetzte eine Armee. Leider war Louison mit Monsieur Garamagrif liiert, dazu kam ein Sohn, der junge Moustache. Die Mutter gewordene Louison hatte andere Lebensinteressen, andere Freunde und andere Feinde als Corcoran. Ein besorgniserregender Umstand.

Zwischen Louison und Garamagrif einerseits und Scindiah andererseits gab es ständig Spannungen. Sie rührten von dem Tag her, an dem Louison mit Garamagrif geflohen war.

Die Abwesenheit des Maharadschas schien den beiden Tigern die Gelegenheit zu bieten, dem Elefanten eins auszuwischen. Garamagrif beschloß, seine Rache auszuführen, während ihr Herr mit seiner Peitsche nicht anwesend war. Louison ihrerseits, verschlagen wie alle Personen ihres Geschlechts, tat nichts, um ihn davon abzuhalten. Was Scindiah anbetraf, der immer überlegte, vorsichtig und reserviert in seinen Aktionen war, nahm wohl wahr, daß seine Gefährten etwas ausheckten, aber er tat, als ob er nichts bemerke, beobachtete sie allerdings insgeheim und bereitete sich darauf vor, ihnen – falls sie ihren Schabernack zu weit treiben sollten – eine Lektion zu erteilen, die ihnen noch lange im Gedächtnis bleiben würde.

Am selben Tag, da Corcoran und Quaterquem die Insel etwa gegen vier Uhr morgens auf dem Luftweg wieder verließen, kehrten Alice und Sita von ihrem Spaziergang heim, getragen von dem mächtigen Scindiah, der fest und schwer, sicher und majestätisch einherschritt und sie im großen Innenhof zu Füßen der Freitreppe, die in Holkars Turm führte, absetzte.

Kaum waren sie im Inneren verschwunden, als ein leises Fauchen, das einem Lachen nicht unähnlich war (einem Tigerlachen, und ein Tigerlachen läßt die Löwen weinen!) hinter Scindiahs Rücken ertönte.

Garamagrifs Fauchen mochte etwa folgendes bedeuten: „Louison, schau dir doch mal diesen dicken Koloß an. Hast du schon mal etwas Häßlicheres, Dümmeres und Unproportionierteres gesehen? Alle machen sich über ihn lustig. Man lädt ihm die schwersten Lasten auf den Rücken. Sogar die Esel, die doch wirklich nicht zu den klügsten unter uns Tieren gehören, verweigern manchmal den Gehorsam; aber unser Freund hier, stolz und glücklich, wackelt mit dem Hintern wie ein Marquis, dabei hat er nicht einmal die Anmut einer Hyäne. Igittigitt, was für ein scheußliches Biest.“

Worauf Louison in ihrer Sprache antwortete: „Freund Garamagrif, ich erkenne in diesem wenig schmeichelhaften Bild deinen beißenden und gerechten Geist. Du hast wirklich ein unbestechliches Auge. Dieser arme Scindiah sieht tatsächlich aus, als hätte man ihn mit einer Spitzhacke aus dem Felsen gehauen. Seine Haut ist dreckig wie die einer Kröte, sein Kopf ist schwer, sein Bauch dick wie bei einem dreifachen Millionär, seine Beine sind so kurz, daß man meinen könnte, er habe sie an der Garderobe abgegeben und sich statt seiner natürlichen die eines Hängebauchschweines geliehen. Er wäscht sich nie und ist deshalb schmutziger als ein Pavian. Wer soll wohl so einem armen Elefanten schon seine Zuneigung schenken.“

Scindiah, unbeeindruckt von den spöttischen Bemerkungen, ließ sich zur Erde nieder und lauschte mit unbeweglichem Gesichtsausdruck, die Augen halb geschlossen, auf die Komplimente, die ihm Garamagrif und seine Gattin darbrachten.

„Das schlimmste ist“, fuhr Garamagrif, durch die offensichtliche Ruhe seines Feindes ermuntert, fort, „daß dieser dicke Tölpel nicht nur dumm, häßlich und verfressen ist, sondern obendrein noch feige und schlapp. Sieh ihn dir doch an: Er versteht genau, was wir sagen. Oder merkst du etwa, daß er wie ein Edelmann aus gutem Haus in Zorn gerät, seinen Degen zieht und seine Ehre verteidigt?“

„Vom welchem Degen sprichst du denn, den er ziehen soll?“ fügte Louison hinzu. „Meinst du etwa diese hervorragende Nase, die so lang ist, daß man sie als Brücke über den Ganges benutzen könnte?“

„Kurz und gut, Scindiah ist nichts weiter als ein elender Lump.“

„Ein Feigling“, fügte Louison hinzu. „Und zum Beweis werde ich jetzt über ihn hinwegspringen; ich möchte wetten, daß er nichts dagegen sagt.“

„Bravo! Spring!“ Louison sprang. Scindiah bewegte sich nicht, er tat, als sei er aus Granit.

„Teufel auch!“ rief Garamagrif, „es ist nicht gesagt, daß du es besser machst als ich. Du hast Scindiah seitlich übersprungen, ich werde ihn der Länge nach überspringen.“

Und, indem er seine ganzen Kräfte zusammennahm, sprang er vom Schwanz bis zum Kopf.

Aber diese Idee war weniger glücklich als jene von Louison, denn Scindiah, der wohl sah, wie der Tiger durch die Luft sprang, hob seinen Rüssel mit einer so geschickten und schnellern Bewegung, daß er den Tiger in der Luft zu packen bekam, ihn trotz seiner Krallen und Zähne fest umschlang und scheinbar ohne große Anstrengung bis zur zweiten Etage des Palastes schleuderte.

Bei diesem Anblick fauchte Louison so schrecklich, daß Sita und Alice, die es hörten, vor Schreck ganz blaß wurden. „Trennt sie!“ schrie Sita.

Niemand wagte es, sich ihnen zu nähern.

Allein der kleine Rama, der auf dem Teppich mit seinem Freund Moustache spielte, wollte die Treppe hinabspringen und wieder Frieden stiften, doch Sita hielt ihn zurück.