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Die Palastdiener zitterten an allen Gliedern und schlossen vorsichtshalber die Tore des Palastes.

Garamagrif, von Scindiahs Rüssel bis in die zweite Etage des Schlosses geschleudert, hoffte darauf, wieder Boden unter den Füßen zu haben und sich dann auf Scindiah stürzen zu können, doch das erlaubte ihm der Elefant nicht.

Kaum war der Tiger in Reichweite seines Rüssels zurückgesegelt, packte er ihn erneut und warf ihn ein zweites Mal in die Luft; dann, indem er sich mit dem Rücken an die Palastmauer schmiegte, damit ihn Louison nicht hinterrücks anspringen konnte, fuhr er weiterhin fort, mit dem Tiger zu jonglieren, dessen wütendes Brüllen das Herz sensibler Geister erschrecken und die Ohren unbeteiligter Zuschauer peinigen konnte.

Louison blieb indes nicht inaktiv, sondern versuchte den Feind zu umgehen.

Aber Scindiah verlor sie nicht aus den Augen und achtete sorgsam auf den Schutz seiner Flanke; einen Angriff von hinten befürchtete er nicht; dank der Mauer, an die er sich gelehnt hatte, glaubte er von dort unangreifbar zu sein.

Während Louison ihren Schlachtplan ausheckte, verdoppelte sich Garamagrifs Gebrüll. Schließlich entschied sie sich, setzte zum Sprung an, schien Scindiah von links angreifen zu wollen, änderte blitzschnell die Richtung, sprang auf Scindiahs Hals und verbiß sich in seinem Ohr.

Jetzt war es an Scindiah, vor Schmerz aufzubrüllen. Er ließ von Garamagrif ab und versuchte Louison zu packen, doch Louison hielt fest, und Garamagrif, der sich nun endlich aus der umschlingenden Macht des Rüssels befreien konnte, packte – obwohl von den zahlreichen Stürzen noch etwas benommen – das andere Ohr und verbiß sich darin.

Scindiah war rasend vor Zorn und Schmerz, das Blut lief ihm in die Augen und machte ihn blind; das fürchterliche Brüllen der beiden dröhnte in seinen Ohren. Er verlor die Kontrolle über seine Aktionen und raste auf gut Glück in den Park. Es war ein schrecklicher Anblick. Da es ihm nicht gelang, mit dem Rüssel die beiden Tiger zu packen, und er auch nicht mehr wußte, wie er sich wehren konnte, tat er instinktiv das einzig Richtige: Er warf sich zu Boden und versuchte die beiden Tiger unter sich zu begraben.

Louison, viel zu geschickt und wendig, als daß sie sich auf diese Weise überrollen ließe, gab ihre Beute frei, und Garamagrif, obwohl viel blutgieriger, fühlte seine Knochen bei jeder Bewegung des Elefanten krachen und ließ ebenfalls los.

Es folgte jedoch nur eine kurze Verschnaufpause.

Jeder hatte ja neues Unrecht zu rächen und wollte unbedingt den letzten Schlag führen.

Scindiah nahm ihren Posten an der Mauer wieder ein; aber da tauchte ein neuer Feind auf, der ihre traurige Lage noch verschlechterte.

Das war das Tigerlein Moustache, der aus dem Fenster der ersten Etage dem Kampf zugeschaut hatte und – bis jetzt von Rama mit großer Mühe zurückgehalten – nun den Augenblick für gekommen glaubte, seinem Vater und seiner Mutter beizustehen.

Als Scindiah einen Moment innehielt und sich mit dem Rüssel das Blut abzuwischen versuchte, das aus seinen Ohren floß, sprang Moustache von hinten auf den Elefanten und versuchte, seine Krallen und Zähne in den dickhäutigen Panzer, der seinen Feind schützte, zu graben.

Dieser Versuch machte den Elefanten derart wütend, daß er den kleinen Moustache mit dem Rüssel packte – was nicht weiter schwierig war, denn Moustache war zwar mutig, jedoch völlig unerfahren – und im Begriff war, ihn derart wuchtig gegen die Mauer zu schmettern, daß dem Kleinen alle Knochen im Leibe zerbrochen wären, wenn nicht die stets aufmerksame Louison zur Stelle gewesen wäre, ihren Sprößling im Sprung aufgefangen und so vor einem schlimmen Schicksal bewahrt hätte.

Und wieder begann der verbissene Kampf, doch zeigte Louison, die mehr damit beschäftigt war, den Angriffsdrang des jungen Moustache zu zügeln, weniger Kampflust.

Scindiah war randvoll vor Zorn.

Im Innenhof lag eine gewaltige Eisenstange, die dazu diente, das äußere Tor des Palastes zu verriegeln. Scindiah dachte für einen Moment nicht mehr an seine sichere Deckung, stürmte auf die Eisenstange los, packte sie mit dem Rüssel, schwang sie über dem Kopf und ließ sie mit voller Wucht auf Garamagrif herabsausen. Der versuchte zwar dem für ihn unzweifelhaft tödlichen Hieb noch zu entgehen, doch ganz schaffte er es nicht. Die Eisenstange traf seinen Schwanz und trennte ihn fast vollständig vom Körper des Tigers. Dieser schöne gelbschwarze Schwanz, auf den er so stolz gewesen war, hing nun wie ein schlaffes Seilende an einem dünnen Restchen Haut. Louison ließ ein wildes Fauchen hören und wollte sich erneut auf Scindiah stürzen.

In diesem Augenblick, da der Haß der beiden feindlichen Parteien anscheinend nur im Blut des jeweiligen Feindes erstickt werden konnte, stießen Sita und Alice, die die Kämpfenden von der Terrasse herab mit schreckgeweiteten Augen betrachtet hatten, einen Freudenschrei aus. „Da sind sie! Da sind sie!“

Ihre Worte waren noch nicht verklungen, und schon senkte sich die Fregatte mit großer Genauigkeit in den Innenhof. Corcoran sprang aus der Gondel, packte seine Peitsche und ließ sie auf Garamagrifs Rücken herabsausen, dem es trotz seiner wahnsinnigen Schmerzen gelungen war, sich schon wieder in Scindiahs Ohr zu verbeißen.

Garamagrif ließ augenblicklich seinen Gegner los und betrachtete Corcoran mit einem wütenden Blick, als wolle er ihn sofort verschlingen, wobei er ein nichts Gutes bedeutendes Fauchen hören ließ.

Doch der Maharadscha blickte ihn derart durchdringend an, daß Garamagrif den Schwanz eingekniffen hätte, wenn er noch im Besitz desselben gewesen wäre. So duckte er sich nur an die Erde und rollte sich erschöpft, schweißnaß, blutverschmiert zu Füßen des Kapitäns auf dem Boden.

Dieser suchte Louison, und wenn er sie sofort entdeckt hätte, wäre auch ihr eine Unterhaltung mit der Peitsche nicht erspart geblieben; aber sie hatte das Glück, daß sie Corcoran landen sah. Daraufhin hatte sie sich sofort mit sanftem Blick heuchlerisch auf den Boden geschmiegt.

Corcoran warf ihr einen strengen Blick zu. „So also mißbrauchst du mein Vertrauen! Ich überlaß dir den Schutz über mein Reich, meine Frau, meinen Sohn, meine Schätze, alles, was mir lieb und teuer ist in der Welt, und der erste Gebrauch, den du von deiner Freiheit machst, ist, Scindiah anzufallen.“

Louison, die sich über den nur allzu berechtigten Vorwurf schämte, senkte den Blick.

„Sie hat mit dir Streit gesucht, mein armer Scindiah, nicht wahr?“ fragte er den Elefanten.

Scindiah wackelte bejahend mit seinem Rüssel.

„Beruhige dich, großer Freund, ich werde dir Gerechtigkeit widerfahren lassen… Wie hat denn der Streit angefangen?“

Hier machte der Elefant mit seinem Rüssel verschiedene Bewegungen, um anzudeuten, daß man sich über ihn lustig gemacht habe und daß er sich das als Elefant nicht gefallen zu lassen brauchte.

„Es ist gut“, sagte Corcoran. „Garamagrif wird zwei Tage im Keller verbringen. Und du, Louison, wirst fünf Tage eingesperrt.“

Garamagrif versuchte zuerst, sich dem zu widersetzen, aber der Anblick der Peitsche brachte ihn bald zur Vernunft, und man führte ihn unverzüglich wie einen Kriegsgefangenen in die Kellergewölbe des Palastes.

Nachdem er diese doch immerhin wichtige Affäre friedlich beigelegt hatte, begab sich der Maharadscha in die erste Etage des Palastes und berichtete der schönen Sita und ihrer Freundin, was sich auf der Reise alles zugetragen hatte.

Als er seinen Bericht beendet hatte, meldete man ihm die Ankunft Sugrivas. Dieser war sehr erregt.

„Maharadscha“, sagte er, „ein großes Unglück ist über uns hereingebrochen!“

„Was habe ich dir gesagt?“ meinte Corcoran, an seinen Freund Quaterquem gewandt. „Meine Vorahnung von heute morgen.“