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Churchill senkte den Kopf, dann berichtete er weiter.

„Morgen setzen wir uns um zwei Uhr früh in Marsch“, sagte Spalding, als der Leutnant geendet hatte. „Um sechs treffen wir auf den Feind, um sieben ist er geschlagen, und dann werden wir auf der Stelle nach Bhagavapur marschieren, schlichtweg gesagt.“

Zur festgelegten Stunde, noch mitten in der Nacht, marschierte die englische Infanterie ab. Fünfundzwanzig bis dreißig Husaren, die sich und ihre Pferde retten konnten, dienten als Aufklärer. Gegen sechs Uhr morgens stand man der Marathenarmee etwa fünfhundert Schritt gegenüber, deren einer Teil in Schlachtordnung angetreten war, während der andere über das hügelige Gelände verteilt war.

Sir John Spalding, noch immer voller Zutrauen zu seinen taktischen Fähigkeiten, begann den Angriff, indem er einige Kartätschen auf Corcorans Kavallerie abschießen ließ, die sich daraufhin geordnet in den Schutz eines kleinen Gehölzes begab und auf den Befehl zum Angriff wartete. Die Artillerie der Marathen erwiderte das Feuer der Engländer kaum, sondern zog sich wie entmutigt in eine Talsenke zurück. Diese Artillerie, angesichts der übrigen Truppenstärke eher bescheiden zu nennen, schien leicht zu vernichten zu sein, trotz des Gebüschs und der natürlichen Bodenwellen, die ihre Stellung deckten.

„Das ist der Augenblick, wo wir diese Kanaille mit dem Bajonett aufspießen werden!“ brüllte Sir John.

„Nehmen Sie sich in acht!“ schrie der Überläufer Usbeck. „Sie kennen den Maharadscha noch nicht.“

Sir John setzte sein Fernglas ab, betrachtete den Afghanen mit dem Ausdruck unbeschreiblicher Mißbilligung und sagte:

„Es ist ganz und gar nicht meine Gewohnheit, jemanden um Rat zu bitten. Churchill, befehlen Sie den Highlandern, vorzurücken!“

Churchill gehorchte.

Bald erklangen in der Ebene die Töne schottischer Dudelsäcke. Die kernigen Highlander mit den entblößten Knien rückten gemächlich und exakt vor wie bei der Parade und schickten sich an, den Hügel hinanzusteigen, hinter dem das Gros der Marathen wartete.

Eine gespenstische Stille lag über dem Schlachtfeld – abgesehen vom Klang der schottischen Dudelsackbläser. Die Artillerie beider Seiten schwieg; die englische hatte ihren Platz der Infanterie überlassen, und die Marathen ließen sich noch nicht blicken oder waren schon verschwunden. Die englischen Unteroffiziere nahmen sich sogar die Zeit, mit den Ladestöcken ihrer Gewehre die exakte Ausrichtung der einzelnen Reihen zu korrigieren. Die Marathen dagegen, halb versteckt hinter den Büschen und Bodenwellen, erwarteten den Angriff mit einer fast schon beängstigend zu nennenden Kaltblütigkeit.

Schon waren die Highlander nicht mehr als zehn Schritt von dem Graben auf dem Hügel entfernt, als Corcoran seinen Säbel zückte und rief: „Legt an! Feuer!“

Im selben Augenblick erhoben sich tausendfünfhundert Marathen, die bisher platt auf dem Boden gelegen hatten, knieten und schossen auf die Angreifer. Zwei verdeckte Batterien, jede mit zwanzig Kanonen bestückt, eröffneten gleichzeitig auf fünfzig Schritt Entfernung das Feuer auf die Flanke und die hinteren Linien der Highlander.

In fünf Minuten war die Kolonne um mehr als die Hälfte reduziert. Die kleine Anzahl jedoch, die unverletzt geblieben war, drang mit bewundernswerter Furchtlosigkeit bis zum Graben vor, übersprang ihn, kämpfte die wenigen Marathen, die ihn besetzt hielten, nieder, und setzte ihren Marsch auf die Spitze des Hügels fort.

Doch dort erwartete sie ein neuer Feind. Die Artillerie der Marathen, die sich zu Beginn des Kampfes so rasch zurückgezogen hatte, war auf Corcorans Befehl hin wieder in ihre Stellungen zurückgekehrt. Nun wurden die Highlander konzentrisch beschossen, von oben, von den Seiten und von hinten. Von beiden Regimentern blieben alles in allem vielleicht fünfzig Männer übrig, die zwar noch kampffähig waren, aber gezwungen wurden, sich zu ergeben.

Währenddessen mußte Sir John Spalding tatenlos mit ansehen, wie seine Eliteinfanterie zusammengeschossen wurde; der Geschoßhagel jedoch, der vom Hügel und dem Fuß des Hügels über die Ebene strich, machte jede Hilfe unmöglich. Spalding mußte sogar selbst daran denken, sich zurückzuziehen, da er von Corcoran bedroht wurde.

Der Maharadscha rechnete damit, daß die Schlacht im Zentrum gewonnen sei. Deshalb gab er der Kavallerie Befehl, sich auf die Flanke der englischen Infanterie zu werfen und sämtliche Verbindungslinien abzuschneiden. Der gebrochene Spalding ließ zum Rückzug blasen, und die Marathen begrüßten dieses Signal mit Freudengeschrei.

Es war zum erstenmal, daß eine indische Armee – wenn auch von einem Franzosen befehligt – eine gleich starke englische Armee fliehen sah. Deshalb kannte auch die Begeisterung der Soldaten keine Grenzen.

„Er ist Wischnu“, so redeten sie untereinander. „Er ist der göttliche Schiwa. Er ist Rama selbst, der sich wiederbelebt hat, um sein Volk gegen diese weißhäutigen Barbaren mit den roten Bärten zu verteidigen.“

Corcoran nahm sich nicht die Zeit, seinen Lobpreisungen zuzuhören. Er war in Eile gewesen, um Spalding niederzuringen. Dessen Truppen durften sich auf keinen Fall wieder erholen. Deshalb gab er seiner Kavallerie den Befehl, den Feind zu verfolgen und ihm keine Verschnaufpause zu gönnen. Sie sollte die Engländer überholen und ihnen alle möglichen Hindernisse in den Weg legen, damit sie den Narbada nicht erreichten. Er selbst wollte Spalding mit der Infanterie und der leichten Artillerie folgen und ihn daran hindern, die englischen Schiffe, die auf dem Narbada warteten, zu erreichen.

Doch derjenige, der vor dem Tod flieht, hat mehr Chancen als der, der ihm diesen Tod geben will; denn der eine denkt immer nur daran, sich zu retten, während der andere nicht ständig daran denkt, ihn zu verfolgen.

Und ebendies geschah auch in diesem Fall. Die Reiterei der Marathen gönnte ihren Pferden während der Nacht eine Ruhepause, während die Engländer ebendiese Nacht in Richtung auf den Narbada weitermarschierten, wo sie bekanntlich die englische Flottille erwartete.

Corcoran, durch die Notwendigkeit, alles anzuordnen und die Ausführung möglichst auch noch selbst zu überwachen, mitunter zu Verzögerungen gezwungen, begann erst am frühen Morgen mit der Verfolgung des Feindes.

Es war vergebene Mühe. Spalding hatte bereits die Flottille erreicht, und die Einschiffung begann in dem Moment, als der Maharadscha das Ufer erklomm und sofort das Feuer eröffnete. Die Engländer retteten nichts weiter als ihre Haut, sie ließen am Ufer eine gewaltige Kriegsbeute zurück, fast alle Verwundeten und alle Verräter, die sich ihnen einige Tage früher angeschlossen hatten, unter ihnen der Afghane Usbeck. Der Rest segelte den Narbada hinab, ihr tödlich verwundeter General blieb auf dem Schlachtfeld zurück. Eine Haubitzenkugel hatte ihm den Kopf abgerissen, als er im Begriff stand, als letzter seiner Männer auf das Schiff überzusetzen. „Armer Kerl“, sagte Corcoran, als er den Leichnam betrachtete. „Er war weder ein Cäsar noch ein Hannibal. Vielleicht ist es am besten so, daß er fiel, denn es gibt nichts Schlimmeres, als die Schlacht zu verlieren und zu überleben.“

Dann ließ er sich die englischen Gefangenen vorführen. Er behandelte sie großzügig. Nachdem sie ihre Waffen und ihre Ausrüstung abgegeben hatten, konnten sie nach Bombay zurückkehren. Was allerdings die Verräter anbetraf, die ihn im Stich gelassen hatten, so kannte er ihnen gegenüber keine Gnade.

„Warum hast du mich verraten?“ fragte er Usbeck.

„Gnade, großer und erhabener Maharadscha, Gnade!“ schrie der Afghane.

„Man soll ihn erschießen!“ befahl Corcoran.

Und auf dieselbe Weise verfuhr er mit neun anderen Zemindars, die dem Beispiel Usbecks gefolgt waren.