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Von allen Seiten schrie man begeistert: „Es lebe der Maharadscha!“

Und man glaubte an den Sieg.

Gegen acht Uhr morgens rückte die Vorhut der Engländer an. Corcoran ritt die Reihen seiner Marathen ab.

„Wenn mir jeder seine Aufgabe gewissenhaft erfüllt“, schärfte er ihnen ein, „garantiere ich, daß wir den Feind schlagen.“

Die Engländer rückten in Schlachtlinie an, doch das Gelände war für sie nicht von Vorteil. Zur Rechten und Linken ihres Aufmarschgebietes erstreckten sich weitläufige Sumpfgebiete. Corcoran, der schon, bevor er das Lager hatte anlegen lassen, das Gelände genau studiert hatte, profitierte nun von seiner Weitsicht; andererseits aber auch davon, daß Barclay einen Tag verloren hatte, als er ihn bei dem Felsen belagerte und nicht die Chance genutzt hatte, als der Maharadscha abwesend war, dessen Lager zu besetzen.

Corcorans Artillerie bestrich die englischen Linien. Er selbst umging an der Spitze seiner sechs Kavallerie- und acht Infanterieregimenter (denn er hatte hinter den Kanonen nur eine schwache Infanteriedeckung zurückgelassen, um entsprechend seinem Plan den Feind vollständig in die Zange nehmen zu können) in aller Stille das Sumpfgelände und fiel dann plötzlich wie ein Wirbelsturm in den Rücken der Engländer.

Zweifellos wird es nicht nötig sein, eine detaillierte Beschreibung der Schlacht zu geben, sie ähnelte in vielem den schon mehrmals auf diesen Seiten beschriebenen Kampfhandlungen. Corcoran, der gut und gerne Alexander, Hannibal oder Cäsar hätte sein können, es aber vorzog, Corcoran zu bleiben, trug einen vollständigen Sieg davon. Während seine Artillerie mit großer Treffsicherheit die englischen Reihen bestrich und dadurch nach jeder Salve die englischen Linien stärker gelichtet wurden, fuhr er mit seiner Kavallerie unter sie wie das Messer in die Butter. Die Marathen, von seinem Beispiel angespornt, leisteten wahrhaft Großes.

Aber das alles war nichts im Vergleich zu Louison.

Während der Schlacht blieb sie wie ein guter Colonel stets an der Seite des Kapitäns; nur wenn die roten Uniformen zu nahe an sie herankamen, schnellte sie wütend davon und stürzte sich auf sie, ohne daß man sie hätte zurückhalten können. In wenigen Augenblicken hatte sie vier oder fünf englische Offiziere außer Gefecht gesetzt. Umsonst versuchte sie Corcoran zurückzurufen. Sie hörte nichts mehr.

Während der Schlacht gab es für Corcoran nur eine kritische Situation zu überstehen.

Die Engländer gewannen, nachdem sie ihre erste Überraschung über den unerwarteten Angriff der Marathen überwunden hatten, nach und nach ihre Kaltblütigkeit wieder. Ohne bei dem ungestümen Angriff Corcorans mit der Reiterei den Kopf zu verlieren, hielt Barclay stand und gab, als er den Maharadscha inmitten des Gewimmels erkannt hatte, Befehl an fünfzig seiner Elitereiter, sich ihm an die Sporen zu heften und alle ihre Kräfte dafür einzusetzen, ihn zu töten. Er selbst setzte sich an ihre Spitze, weil er zu Recht einschätzte, daß der Tod des Maharadschas den Krieg sofort beenden würde.

Es hätte nicht viel gefehlt, und Barclays Rechnung wäre aufgegangen, doch er hatte seine Rechnung ohne Louison gemacht.

Die Tigerin hatte sehr bald gemerkt, daß man versuchte, Corcoran einzukreisen. Mit einem gewaltigen Satz sprang sie mitten in eine Traube von Reitern hinein, durch die der bereits eingekreiste Corcoran mit dem Säbel eine Gasse hieb.

„Eine Million Rupien für den, der den Maharadscha tötet!“ schrie Barclay.

Es waren seine letzten Worte. Kaum hatte er sie ausgesprochen, als ihm Louison an die Kehle sprang.

Der tödlich verletzte Barclay sank auf seinen Sattelknauf. Die Marathen rückten vor und hieben sich durch den Ring der englischen Reiter bis zu ihrem Maharadscha vor. Die englische Armee begann zu wanken.

Eine Stunde später war die Schlacht entschieden, und die mit Säbelhieben auf den Weg nach Bombay getriebenen Engländer dachten an nichts anderes mehr, als ihr nacktes Leben zu retten und Bombay heil zu erreichen.

Lord Henry Braddock, der nach der ersten Siegesmeldung Barclays von Bombay herübergekommen war, um selbst über das Schicksal von Holkars Reich zu entscheiden (und sich ebenfalls ein gehöriges Stück von dem riesigen Kuchen abzuschneiden), schätzte, daß es zweifellos jetzt die klügste Politik sei, klein beizugeben, auf die Forderung des Siegers einzugehen und Frieden zu schließen, als den Herrscher der Marathen noch weiter in den britischen Teil Indiens hineinmarschieren zu lassen. Deshalb bat er um eine Unterredung mit dem Maharadscha.

„Soll er in mein Lager kommen“, ließ der Bretone dem englischen Parlamentär ausrichten.

Bei den Friedensbedingungen zeigte er sich nicht unbescheiden, da er sehr wohl die Laxheit der armen Hindus kannte und deshalb kein Vertrauen in die Zukunft hatte. Er gab sich damit zufrieden, den Titel eines Verbündeten Ihrer Majestät, der Königin Victoria von England, Herrscherin über Hindustan, anzunehmen und eine Summe von fünfundzwanzig Millionen Rupien als Entschädigung für die Kriegslasten von den Engländern einzustecken.

Nachdem die beiden Armeen, die eine niedergeschlagen, die andere siegreich, in ihre Quartiere zurückgekehrt waren, hielt er seinen Einzug in Bhagavapur.

29.

Schluß

Ich übergehe die Festlichkeiten und die Dankesbezeigungen für den Maharadscha, die nun folgten, mit Schweigen. Corcoran, der sich keinen Illusionen hingab, war der Machtausübung müde geworden. Um sich herum hatte er nur Verrat und Feigheit gespürt. Er beschloß abzudanken.

„Großer und erhabener Maharadscha“, sagte der treue Sugriva zu ihm, „überlaß uns nicht den Engländern. Man regeneriert in drei oder vier Jahren kein Volk.“

„Mein treuer Freund“, sagte Corcoran, „ich bin nach Indien gekommen, um das Gurukaramta zu suchen, und ich habe es gefunden. Ich suchte keine Frau und kein Vermögen, aber ich habe ebenfalls beides gefunden. Ich habe euch gezeigt, was man tun muß, um frei zu sein. Profitiert von dieser Erfahrung und laßt euch lieber töten, als Stockschläge einzustecken. Ich habe meine Aufgabe erfüllt und will wieder über mich selbst verfügen. Ich werde abdanken und meinen Freund Quaterquem besuchen. Vorher jedoch werde ich den Marathen noch ein Gesetz hinterlassen. Benachrichtige meine Gesetzgebende Versammlung, daß ich ihr morgen eine wichtige Mitteilung zu machen habe.“

Am nächsten Tag betrat er den Sitzungssaal und hielt folgende Rede: „Repräsentanten des Volkes der Marathen!

Ich danke euch für die Treue, die ihr mir stets bewiesen habt. Gemeinsam haben wir den Feind des Vaterlandes bekämpft und besiegt. Es liegt nun an euch, das begonnene Werk zu, vollenden, das Werk eurer Befreiung. Ihr habt die Freiheit erkämpft, lernt sie zu verteidigen.

Ich proklamiere heute die Republik der Konföderation der Marathen und lege die Regierung in eure Hand.

Für drei Monate übertrage ich den Vorsitz der neuen Republik meinem treuen und unverzagten Sugriva. Ist diese Frist verstrichen, werdet ihr euch selbst einen Kanzler wählen. Mögt ihr den würdigsten finden!

Ich reise ab, aber wenn jemals die Unabhängigkeit der marathischen Republik bedroht sein sollte, so laßt es mich wissen. Ich werde wieder zu den Waffen greifen und in euren Reihen kämpfen.

Lebt wohl!“

Bei diesen Worten strömte ihm von allen Seiten Begeisterung zu. Man wollte den Maharadscha zurückhalten, doch sein Entschluß stand fest. Er reiste am selben Tag noch mit seinem Freund Quaterquem ab, der ja gekommen war, um Corcoran und dessen Familie mit seiner Fregatte zu holen.

Louison und Moustache begleiteten ihn. Quaterquem hatte nur drei Seemeilen von seiner eigenen Insel entfernt ein Stück Eiland entdeckt, das er Corcoran schenkte.

Dort lebt Corcoran seit vier Jahren glücklich und zufrieden. Ein Telegraf verbindet die Inseln miteinander, und so können die beiden Freunde, vor ihrem Kaminfeuer sitzend, miteinander schwatzen, ohne sich zu stören. Alice und Sita sehen sich oft. Beide Familien sind inzwischen sehr zahlreich, denn Corcoran hat außer dem kleinen Rama nicht weniger als drei Jungen; unter Alices Obhut gedeihen drei Mädchen. Sie wollen übrigens alle zusammen zwischen dem 15. und 20. Juli 1867 zur Weltausstellung nach Paris kommen.