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»Das Eisen hätte dem Schimmel nicht gepasst«, lautete die kurze Erklärung. Tungdil betätigte den Blasebalg, dessen Fauchen in seinen Ohren wie das Atmen eines uralten Giganten klang. Die frische Luft verlieh den glühenden Kohlen feuriges Leben. »Gleich.«

Der Schmied wiederholte die Prozedur und passte den eisernen Schuh an den Huf an. Als das Horn verbrannte, verschwand Tungdil in einer stinkenden, gelbweißen Wolke. Rasch kühlte er das Eisen in einem Eimer mit Wasser ab, trieb die Nägel in die vorgesehenen Löcher und setzte den Hinterlauf vorsichtig zu Boden. Er beeilte sich, von dem breiten, starken Pferd weg zu kommen, dessen Größe ihn mit Misstrauen erfüllte.

Eiden lachte und streichelte das Tier. »Na, das hat der Kurze wieder gut hinbekommen, was?!«, sagte er zu dem Schimmel. »Komm, aber pass auf, dass du nicht über ihn stolperst.« Die beiden verschwanden aus der Schmiede, um so schnell wie möglich auf den Acker zu kommen.

Der Zwerg streckte sich und schüttelte die muskulösen Arme aus, während er zur Esse ging. Die Gehässigkeiten des Knechts prallten an ihm ab. Er war sowohl verletzenden als auch nett gemeinten Spott gewohnt; der gehörte zu seinem Los, als einziger Zwerg unter den Menschen zu leben, wohl dazu.

Angehörige seines Volkes sah man im Geborgenen Land so selten wie ein Goldstück am Wegesrand, und der Ruf der wenigen fahrenden Zwerge, die sich unterwegs als Schmiede und Werkzeugmacher verdingten, war nicht der beste. Sie galten als Sonderlinge und äußerst verschlossen, und wie er gehört hatte, war ihnen nur an Münzen und guten Preisen gelegen.

Dennoch würde ich gern einem begegnen, dachte er. Sein Blick wanderte durch die aufgeräumte Werkstatt und über die zahlreichen Zangen und Hämmer, die geordnet in ihren Halterungen ruhten. Er könnte mir gewiss vieles über die fünf Zwergenstämme erzählen. Tungdil liebte das Halbdunkel der Schmiede, weil es die Schönheit der glimmenden Kohlen hervorhob.

Wieder betätigte er den Blasebalg; der Luftstoß fachte die Flammen an und jagte Funken in den Schornstein. Ein breites Grinsen huschte über sein Gesicht. Der Zwerg stellte sich vor, dass rot leuchtende Punkte zum Schlot hinaus tanzten und bis zu den Sternen stiegen, um selbst Teil der Gestirne zu werden. Genauso viel Freude bereitete es ihm, den Hammer auf dem roten Eisen auf und ab springen zu lassen. Ob sie anders schmieden, als ich es tue?

»Warum ist es in deiner Schmiede immer so dunkel?« Wie aus dem Nichts war Sunja aufgetaucht, die achtjährige Tochter der Magd Frala, ein aufgewecktes Kind, dem das Äußere Tungdils herzlich gleichgültig war.

Der Zwerg grinste, sodass sich sein freundliches Gesicht in Falten legte. Er wunderte sich, wie schnell die Menschenkinder wuchsen. Es würde nicht mehr lange dauern, und sie wäre so groß wie er. »Katzen und kleine Kinder, man hört sie nie kommen.« Er warf ein Stück Eisen in die Esse. »Komm, wir lassen es glühen, und ich erkläre es dir.«

Voller Begeisterung half das blonde Mädchen, den Blasebalg zu drücken, und Tungdil ließ sie wie immer glauben, dass sie es ganz allein schaffe, die Luft aus den prallen Lederbacken zu pressen. Bald glomm das Metall.

»Siehst du?« Er fasste es mit der Zange und legte es auf den Amboss. »Es hat natürlich einen Grund, weshalb bei mir Zwielicht herrscht. Nur so kann ein Schmied erkennen, ob der Stahl die richtige Temperatur erreicht hat. Warte ich zu lange, verbrennt mir das Eisen, und nehme ich es zu früh aus seinem Bett aus feurigen Kohlen, lässt es sich nicht schmieden oder bricht.« Tungdil freute sich, als er das ernsthafte Nicken der Kleinen sah, die ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten war.

»Du bist ein Meisterschmied, sagt Mutter.«

Der Zwerg lachte. »Nein, das nicht. Aber ich kann mein Handwerk ganz gut.« Er zwinkerte ihr zu, und sie lachte fröhlich zurück.

Dabei hatte ihm niemand die Handgriffe gezeigt. Er hatte dem alten Schmied Lot-Ionans bei seiner Arbeit zugeschaut, mehr war für den Zwerg nicht notwendig gewesen. Immer, wenn der Mann nicht am Amboss gestanden hatte, hatte Tungdil die Gelegenheit genutzt und geübt. Es hatte nicht lange gedauert, und er hatte die einfachen Dinge beherrscht. Jetzt, nach dem Ablauf von mehr als dreißig Zyklen, traute er sich jede Schmiedearbeit zu.

Tungdil und Sunja betrachteten in sich versunken das wechselvolle Farbenspiel. Orange, gelb, rot, weiß, blau … Die Kohlenbrocken glühten, knackten und knisterten.

Er wollte sie gerade fragen, was es zum Mittag gäbe, als die Umrisse eines Menschen im hellen Eingang zu sehen waren.

»Tungdil, komm in die Küche. Wir brauchen dich«, rief ihn Jolosin, ein Famuli der vierten Stufe, befehlend.

»Geht das ein bisschen freundlicher?«, antwortete er und sagte zu Sunja: »Du fasst nichts an, versprich es.« Schnell steckte er einen kleinen Gegenstand ein, den er geschmiedet hatte, ehe er dem angehenden Zauberer durch die Gänge des unterirdischen Gewölbes folgte, in welchem die Schule des Geduldigen beherbergt war.

Etwa zweihundert junge und ältere ausgewählte Menschen lernten unter der Aufsicht von Lot-Ionan, worauf es bei der Kunst des Zauberns ankam. Mit der flüchtigen, launischen Magie hatte Tungdil nichts am Hut; sein Reich war die Schmiede, in der er sich nach Herzenslust austobte. Er bevorzugte die Handarbeit sowie ab und zu ein gutes Buch. Der Magus hatte ihn fürs Lesen begeistert.

Jolosins aufwändig gearbeitete dunkelblaue Robe schwang hin und her, und die gepflegten Haare wippten leicht, was Tungdil zum Grinsen brachte. So was von eitel. Sie bogen in den großen Raum ein, in dem es nach leckerem Essen roch. Über zwei großen Kochstellen hingen Kessel, in denen es brodelte und blubberte.

Tungdil wusste sofort, weshalb ihn der junge Mann herbeibefahl. Eine Kette, mit der die Behälter über einen Flaschenzug bewegt wurden, hatte sich aus ihrer Halterung gelöst, und der dazugehörige Kessel saß auf der Feuerstelle auf.

Für eine Frau war die Last zu schwer, und jetzt traute sich keiner von den Magusschülern, die sich sogar beim Küchendienst für etwas Besseres als andere hielten, etwas zu unternehmen. Man könnte sich ja die Finger verbrennen oder gar schmutzig machen – was man den Händen eines Schmieds aber durchaus zumutete.

Die Köchin, eine stattliche Menschenfrau mit zu vielen Pfunden auf den Hüften, eilte aufgeregt durch den Raum. »Schnell, sonst verbrennt mir mein Gulasch!«, drängte sie und nestelte an dem Haarnetz herum, das in Gefahr war abzurutschen.

»Das wäre schade. Ich habe nämlich Hunger.« Ohne zu zögern stapfte der Zwerg an den Kamin, prüfte die Kette kurz, ob sie nicht zu heiß geworden war, und umfasste die rußigen Glieder. Seine Muskeln waren mit den Jahren am Amboss gewachsen, selbst der schwerste Hammer hatte mit der Zeit für ihn sein Gewicht verloren. Einen Kessel über einen Flaschenzug anzuheben bedeutete da nur eine geringe Schwierigkeit.

»Halt das«, verlangte er von Jolosin und reichte ihm die dreckige Kette, »ich muss die Halterung reparieren.«

Der junge Mann zögerte. »Ist es nicht zu schwer?«, meinte er vorsichtig.

»Nein. Und falls doch, dann zaubere es dir einfach leichter, wenn du so gut bist, wie du immer tust«, empfahl ihm Tungdil feixend, drückte ihm die Kette in die Hand und ließ los.

Der Famulus fluchte und stemmte sich mit aller Macht gegen das Gewicht des Kessels. »Sie ist heiß«, jammerte er.

»Wage es, mein Gulasch zu ruinieren, Bursche«, drohte ihm die Köchin düster und gab es auf, gegen die dunkelbraunen Haare zu kämpfen, die ihr nun mitten ins dickliche Gesicht hingen. »Halt fest, oder nicht einmal der Magus wird dich vor meinem Nudelholz retten können!« Ihre stattlichen Unterarme zuckten.

Tungdil fand die Ursache, warum sich die Arretierung gelöst hatte, zögerte die Reparatur aber ein wenig hinaus, um dem Famulus wegen seiner Überheblichkeit, niedere Arbeiten nicht verrichten zu wollen, eins auszuwischen.

»Oh, das sieht gar nicht gut aus«, sagte er laut und gab sich Mühe, besorgt zu klingen. Frala, die schwarzhaarige Magd mit den hübschen grünen Augen, durchschaute sein Spiel und kicherte, während sie die Kartoffeln schälte.