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Der Anrufer entpuppte sich als Duke Clarence Washoe aus Chepstow mit den vorläufigen Untersuchungsergebnissen der Haarproben, die sie ihm geschickt hatte. »Sind Sie bereit?«

»Schießen Sie los«, bat sie.

»Unter dem Mikroskop sehen sie sich ähnlich«, begann er.

»Nur ähnlich? Keine Übereinstimmung?«

»Ich kann mit dem Material keinen Abgleich durchführen. Dazu brauchten wir Epidermis, Kortex oder Medulla. Das hier ist kein DANN-Material.«

»Das ist mir bewusst. Also, was können Sie mir sagen?«

»Es sind menschliche Haare. Sie ähneln einander. Sie könnten von derselben Person stammen. Oder von zwei Mitgliedern ein und derselben Familie. Aber mehr als "könnte" lässt sich nicht sagen. Ich kann Ihnen gerne die mikroskopischen Details zukommen lassen, aber wenn Sie weitere Analysen wollen, kostet das Zeit.«

Und Geld, dachte Bea. Er sprach es nicht aus, aber sie wussten es beide.

»Soll ich weitermachen?«, fragte er.

»Das kommt auf den Klemmkeil an. Wie sieht es damit aus?«

»Ein Schnitt. Er ging glatt durch. Es war kein zweiter Versuch erforderlich. Keine identifizierbaren Reißspuren. Das ist mit einer Maschine gemacht worden, nicht mit einem Handwerkzeug. Und die Klinge war relativ neu.«

»Ist das sicher?« Eine Maschine engte das Feld beträchtlich ein. Sie verspürte einen Anflug von Erregung.

»Wollen Sie meine detaillierte Analyse?«

»Eine einfache Analyse reicht.«

»Abgesehen von Reißspuren, die es möglicherweise hinterlässt, drückt ein Handwerkzeug die Ober- und Unterseite des Kabels ein und presst sie zusammen. Eine Maschine macht einen saubereren Schnitt. Dadurch ergeben sich glänzende Schnittkanten.« Er versuche, es für einen Laien verständlich auszudrücken, erklärte er und fragte, ob sie es auch noch in Fachchinesisch hören wolle.

Sergeant Havers betrat das Büro. Bea nickte ihr grüßend zu und hielt Ausschau nach Lynley vergebens. Sie runzelte die Stirn.

»Inspector?«, fragte Washoe nach. »Wollen Sie…«

»Nein, nein, das langt vollkommen«, versicherte sie ihm. »Sparen Sie sich das wissenschaftliche Kauderwelsch für Ihren offiziellen Bericht auf.«

»In Ordnung.«

»Und, Duke Clarence?« Sie schnitt eine Grimasse, als sie den Namen des armen Kerls aussprach.

»Ja, Chef?«

»Danke, dass Sie sich mit den Haaren beeilt haben.«

Sie hörte, dass er sich merklich über ihren Ausdruck von Dankbarkeit freute, als sie sich verabschiedeten. Dann versammelte sie ihr Team um sich oder besser: das, was dafür herhalten musste. Sie suchten nach einer Schneidemaschine, berichtete sie und gab die Details über den Klemmkeil weiter, die Washoe ihr dargelegt hatte. Welche Optionen sie denn hätten, diese Maschine zu finden, fragte sie Constable McNulty.

McNulty war an diesem Morgen besonders geschäftig, vielleicht weil er so stolz darauf war, unnütze Fotos von toten Surfern ausgegraben zu haben. Der ehemalige Luftwaffenlandeplatz sei eine gute Möglichkeit, schlug er vor. In den alten Gebäuden gebe es jede Menge Betriebe, und ein Werkzeugladen sei bestimmt darunter.

Eine Karosseriewerkstatt komme ebenfalls infrage, warf jemand anderes ein.

Oder irgendeine Fabrik, schlug einer vor.

Dann kamen die Ideen Schlag auf Schlag. Metallverarbeitender Betrieb, Gießerei, sogar ein Bildhauer. Wie wäre es mit einem Schmied? Na ja, das war nicht sehr wahrscheinlich.

»Meine Schwiegermutter macht so was mit den Zähnen«, behauptete einer. Gelächter in der Runde.

»Das reicht«, sagte Bea. Mit einem Nicken forderte sie Sergeant Collins auf, die Aufgabenverteilung vorzunehmen: ausschwärmen, die Schneidemaschine finden. Sie kannten die Namen der Verdächtigen. Jeder Einzelne sei in Betracht zu ziehen, ihre Wohnungen ebenso wie die Arbeitsstätten. Und ebenso jeder, der zu Hause oder am Arbeitsplatz für sie tätig gewesen sein könnte.

Dann wandte sie sich an Havers: »Ich hätte Sie gern gesprochen, Sergeant.« Sie führte sie auf den Flur hinaus. »Wo ist denn unser Superintendent heute Morgen?«, fragte sie. »Wollte er mal ausschlafen?«

»Nein. Wir haben zusammen gefrühstückt.« Havers strich mit den Händen über die Seiten ihrer Cordhose. An deren ausgeleiertem Zustand änderte das bedauerlicherweise nichts.

»Ach wirklich? Hoffentlich hat es geschmeckt, und es freut mich zu hören, dass er regelmäßige Mahlzeiten einhält. Also, wo ist er?«

»Er war noch im Hotel, als ich…«

»Sergeant? Ersparen Sie mir das Drumherumgerede. Ich hab so ein Gefühl, falls irgendjemand weiß, wo genau Thomas Lynley sich aufhält und was er tut, dann sind Sie es. Wo steckt er?«

Havers fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, was ihrer Frisur mitnichten zu neuem Schwung verhalf. »Na schön«, sagte sie. »Es ist ziemlich blöd, und ich wette, ihm wär's lieber, Sie wüssten es nicht…«

»Was?«

»Seine Socken waren nass.«

»Wie bitte? Sergeant, wenn das irgendein Scherz sein soll…«

»Keineswegs. Er hat nicht genug zum Anziehen dabei. Er hatte gestern Abend beide Paar Socken gewaschen, aber sie waren noch nicht wieder trocken.« Sie verdrehte die Augen und fügte hinzu: »Was vermutlich daran liegt, dass er nie zuvor in seinem Leben seine Socken selber waschen musste.«

»Und Sie wollen mir weismachen…«

»Dass er im Hotel ist und seine Socken trocknet, genau. Das mache ich Ihnen weis. Er wollte es mit einem Föhn versuchen, und so wie ich ihn kenne, hat er inzwischen vermutlich das Hotel in Brand gesteckt. Wir reden hier über einen Mann, der sich morgens nicht einmal selbst sein Brot toastet, Inspector. Wie gesagt, er hat sie gestern Abend gewaschen, ist aber nicht auf die Idee gekommen, sie auf die Heizung zu legen oder so was in der Art. Er hat sie einfach irgendwo liegen gelassen. Und was sein übriges Zeug betrifft…«

Bea hob eine Hand. »Genug Information, glauben Sie mir! Was immer er mit seinen Boxershorts angestellt hat, ist eine Sache zwischen ihm und dem lieben Gott. Wann dürfen wir ihn erwarten?«

Havers biss sich auf die Innenseite der Unterlippe, was auf Unbehagen hinzudeuten schien. Es gab offenbar doch noch etwas, was sie verheimlichte.

»Was ist denn nun schon wieder?«, fragte Bea, als einer der Beamten, der schon zu seinem Einsatz unterwegs gewesen war, ihr einen Kurierumschlag heraufbrachte. Das sei gerade gekommen, eröffnete der Constable ihr. Zwei Jungs hätten stundenlang mit der entsprechenden Software daran gebastelt. Bea öffnete den Umschlag. Der Inhalt bestand aus sechs losen Seiten. Während sie sie in Augenschein nahm, fragte sie erneut: »Wo ist er, Sergeant, und wann kommt er her?«

»Dr. Trahair«, sagte Havers.

»Was soll mit ihr sein?«

»Sie war auf dem Parkplatz, als ich losfuhr. Ich schätze, sie hat auf ihn gewartet.«

»Ach, wirklich?« Bea sah von den Papieren auf. »Das ist doch mal eine interessante Wendung.« Sie reichte Havers die Blätter. »Sehen Sie sich das an!«

»Was ist das?«

»Die Altersprogression des Fotos, das Lynley mitgebracht hat. Sie werden sie interessant finden.«

Daidre Trahair blieb zögernd vor seiner Tür stehen. Sie hörte das Heulen des Haartrockners von innen. Sergeant Havers hatte also die Wahrheit gesagt. Es war ihr nicht so vorgekommen. Als Daidre die Beamtin auf dem Parkplatz des Salthouse Inn angesprochen und nach Thomas Lynley gefragt hatte, war ihr deren Behauptung, er müsse oben noch seine Socken trocknen, wie eine lahme Ausrede erschienen. Andererseits hatte Sergeant Havers keinen Grund, eine wie auch immer geartete Aktivität für Lynley zu erfinden, um die Tatsache zu verschleiern, dass dieser wieder einmal einen Tag damit zubrachte, in den Bruchstücken von Daidres Vergangenheit zu wühlen. Denn inzwischen kam es Daidre so vor, als hätte er genau das getan: ihre Vergangenheit durchwühlt, soweit das ohne ihre Mithilfe möglich war.

Sie klopfte vernehmlich. Der Haartrockner wurde ausgeschaltet, dann öffnete sich die Tür. »Tut mir leid, Barbara. Ich fürchte, sie sind immer noch nicht…« Dann unterbrach er sich. »Hallo«, begrüßte er Daidre lächelnd. »Sie sind aber früh unterwegs.«