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Volodi mochte es, sie einfach nur anzuschauen. Sie hatte ihren Stolz wiedergefunden, ging sehr gerade und auf eine Art, die zeigte, dass sie aus einer Familie stammte, die es gewohnt war zu herrschen. Mataan hatte sich als überraschend großzügig erwiesen, als er sie beide für die Rückkehr nach Drusna ausgestattet hatte. Der Fischerfürst hatte Volodi überrascht. Er hatte immer das Gefühl gehabt, dass Mataan für Söldner nichts übrighatte. Er hatte sich in ihm getäuscht.

Quetzalli trug breite goldene Armreife und eine Kette aus goldgefasster Jade. Wie eine Fürstin sah sie aus. Volodi freute sich darauf, wie sie am Hof seines Vaters bestaunt werden würde. Bald würde sie seine Sprache gelernt haben, und er malte sich aus, wie sie faule Mägde mit der Drohung erschreckte, ihnen das Herz herausschneiden zu wollen. Er grinste gut gelaunt.

»Du glücklich?«, fragte Quetzalli leise.

»Glücklich, mit dir hier zu sein. Mein Vater wird ganz schön staunen, wenn er sieht, dass sein jüngster Sohn, von dem er nie mehr als Ärger erwartet hat, mit einer Prinzessin nach Hause kommt.«

»Ich nicht Prinzessin«, sagte sie ernst.

Volodi lächelte breit. »Aber das wissen die anderen ja nicht. Sie werden uns glauben, was immer wir ihnen sagen.«

»Ich nicht Prinzessin«, wiederholte Quetzalli.

»Und wenn du die niederste Dienstmagd wärst, wäre ich immer noch stolz, dass du meine Frau bist. Du bist das Beste, was mir in meinem Leben begegnet ist.«

Quetzalli sah aus, als wolle sie etwas sagen, fand aber nicht die richtigen Worte. Er kannte dieses Gefühl nur zu gut. In Aram war er ein stammelnder Idiot gewesen. Oft hatte er sich unverstanden gefühlt. Volodi nahm Quetzalli fest in die Arme. »Ich kann in deinem Herzen lesen, meine Schöne. Wir werden keine Worte brauchen.«

Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er Quetzalli mit aller Kraft gegen seinen Bronzekürass quetschte. Er lockerte die Umarmung. Sie strahlte ihn an. Volodi grinste verlegen. Er war noch nie so glücklich gewesen.

Auch ihn hatte Mataan zum Abschied reich beschenkt. Er trug einen prächtigen Bronzepanzer, auf dessen Brust der Löwe Arams prangte. Die Augen der Bestie waren aus Bernstein, mit geschlitzten Pupillen aus Onyx. Es war die Rüstung eines Feldherrn. Zwei schmale, goldbeschlagene Schwertgurte aus rotem Leder kreuzten sich über seiner Brust, sodass die Griffe der Waffen über seinen Schultern aufragten. Es waren beides Eisenklingen aus Luwien. Am Gürtel um seine Hüften hing ein schöner Helm mit weißem Rosshaarbusch, und seine Schienbeine wurden von fein gearbeiteten Beinschienen geschützt, die über den Knien in Löwenköpfen mündeten. Sein Bruder würde blass vor Neid werden, wenn er die Rüstung und die Waffen sah.

Er würde ihm eines der beiden Schwerter schenken.

Sie erreichten den Waldrand, und Volodi ließ den Blick über die Felder auf der weiten Lichtung schweifen. Das meiste Korn war schon eingefahren worden. Nur wenige Feldarbeiter waren noch zu sehen. In einiger Entfernung trieb ein junges Mädchen einen Schwarm Gänse über eine Weide und sah neugierig zu ihnen hinüber. Inmitten der Felder, auf einem flachen Hügel, erhob sich das Langhaus seines Vaters, das von einer hölzernen Palisade umringt wurde. Ställe und Gesindehäuser umgaben die Halle, die mit goldenem Stroh gedeckt war. Ganz offensichtlich war das Dach erst in diesem Sommer erneuert worden. Es stand erstaunlich wenig Vieh auf den Weiden nahe beim Herrensitz. Ob es wieder Ärger mit irgendwelchen Räubern gab?

»Das ist mein Zuhause«, erklärte Volodi stolz.

Quetzalli ließ sich Zeit, die weite Lichtung und alles, was sich darauf befand, in sich aufzunehmen. Dann kniete sie nieder, riss ein Grasbüschel aus, roch daran und rieb die schwarze Erde, die von den feinen, weißen Wurzeln hing, zwischen den Fingern. »Land gut«, sagte sie schließlich.

Er mochte ihre direkte Art. »Ja, das Land ist wirklich gut«, sagte er lächelnd. »Hier wachsen Korn und Kinder.«

Jetzt lächelte auch sie.

Volodi sah, dass man beim Herrenhaus auf sie aufmerksam geworden war. Am Durchgang der Palisade sammelte sich ein kleines Trüppchen von Feldarbeitern und Gesinde. Es mussten wirklich unruhige Zeiten sein. So misstrauisch waren die Leute seines Vaters nicht gewesen, als er gegangen war.

Mit kräftigen Schritten ging Volodi den Männern und Frauen entgegen. Seine Verletzung durch den Pfeil war gut verheilt und bereitete ihm kaum noch Schmerzen. Quetzalli hielt sich leicht hinter ihm. Ihr war nicht entgangen, dass etwas nicht stimmte.

»Wer bist du?«, rief ein kleiner, schwarzhaariger Kerl, der die Gruppe anführte. Volodi erinnerte sich noch gut an ihn. Es war Vadim, der Wagenlenker seines Vaters.

»Na, Vadim, prügelt dich immer noch dein Weib, wenn sie schlechte Laune hat? Hast du so viele Schläge auf den Kopf bekommen, dass du den Sohn deines Herrn nicht mehr erkennst, wenn er vor dir steht?«

Vadim hatte eine große, streitsüchtige Frau geheiratet und war seitdem abwechselnd verspottet oder bedauert worden. Sie hatte das Sagen in seinem Leben, aber sie schien die Richtige für ihn zu sein, denn er hatte nie rebelliert. Nicht einmal, wenn er ab und an mit einem blauen Auge zum Dienst bei seinem Vater erschienen war.

»Du bist Volodi?« Der kleine Mann musterte ihn ungläubig. »Deine Haut ist so dunkel. Du bist auch größer als der Sohn unseres Herrn.«

»Vielleicht bist du ja kleiner geworden, Vadim. Hast du vergessen, du musstest zu mir aufblicken, seit ich dreizehn bin.« Er wandte sich an den bulligen Schildträger seines Vaters, der hinter Vadim stand. »Was ist mit dir, Grisha? Erkennst du mich auch nicht? Was macht dein Bein? Im Frühling, als ich gegangen bin, hatte dich ein Eber auf der Jagd erwischt, und du hast gehinkt wie ein Greis. Und du, Mila? Sind deine Zwillinge groß geworden? Als wir uns zum letzten Mal gesehen haben, hast du dich beschwert, wie sie dich beißen, wenn sie an deinen Brüsten liegen.«

»Er ist es wirklich«, rief Grisha mit seinem tiefen Bass. Er schob den Wagenlenker Vadim zur Seite und schlang seine mächtigen Arme um Volodi. »Junge …« Er schniefte. »Gut, dass du wieder da bist. Wir hatten schwere Zeiten.«

Jetzt traten auch die anderen näher, klopften ihm auf die Schulter und bestaunten seine Rüstung und seine Waffen. »Bist ein reicher Mann geworden«, murmelte Grisha. »Hattest einen großzügigen Soldherrn, was?«

»Ich bin der Hauptmann der Leibwache des Unsterblichen Aaron«, erklärte Volodi stolz. »In der Schlacht auf der Hochebene von Kush habe ich dreihundert Streitwagen angeführt. Ich war auch in Nangog und bin mit einem Schiff über den Himmel geflogen.«

»Schön, dass du reich geworden bist. Einen Helden hätten wir hier auch gut gebrauchen können«, schimpfte Vadim.

»Genau, einen Helden.« Volodi lachte. Vadim hatte sich nicht geändert. Vor seinem Weib kuschte er, aber bei jedem anderen hatte er ein freches Mundwerk. »Zwei Helden in einem Langhaus sind einer zu viel.« Er sah sich um. »Wo steckt Bozidar?«

Alle verstummten, ja, sie wichen plötzlich seinem Blick aus.

»Was ist los?«

»Du hast es nicht gehört?«, begann Vadim.

»Was lauft ihr da zusammen wie ein Haufen Hühner? Habt ihr keine Arbeit mehr?«

Die harte, alte Stimme hätte Volodi unter Tausenden erkannt. Seine ganze Kindheit hatte sie ihm Angst gemacht. Selbst jetzt jagte ihr Klang ihm einen Schauer über den Rücken. Es war sein Vater – Ilja, der Herrscher über diese Lichtung und über die Wälder in Umkreis eines Tagesritts. Er war ein harter Mann, der nie einen Hehl daraus gemacht hatte, dass sein Herz nur seinem Erstgeborenen Bozidar gehörte. Was immer Volodi auch geleistet hatte, an seinen Bruder hatte er nie herangereicht. Für seinen Vater war er nicht mehr wert gewesen als der Dreck unter den Fingernägeln.