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»Der Große Bär mag es nicht, wenn man in seinen Wäldern irgendwelche Schlangen anbetet«, sagte Ilja kühl. »Mach das deinem Weib klar und …« Am Waldrand erschien ein Trupp Reiter. Sein Vater fluchte.

»Wer ist das?« Die Reiter kamen geradewegs auf das Gehöft zu.

»Krieger im Auftrag des Unsterblichen Iwar, unseres geliebten Herrschers. Und bei ihnen ist Alba, der Schiss einer räudigen Gossenkatze. Er ist der Berater der Steuereintreiber unseres Unsterblichen. Er schlägt vor, was benötigt wird, in welcher Form die Steuern einzutreiben sind, wie hoch sie sein sollen. Das sind natürlich nur Vorschläge. Er stiehlt keine Kuh, streckt die Hand in keine Truhe. Das tun nur die Männer des Unsterblichen Iwar. Sie spielen uns vor, dass unser Herrscher die Abgaben eintreibt, die wir Valesia seit unserer letzten Niederlage zu entrichten haben. So wird der Schein gewahrt.

In Wahrheit aber liegen alle Entscheidungen bei Alba. Und auch wenn er sich ganz in Weiß kleidet, hat er eine schwarze Seele. Es macht ihm Spaß, uns zu schikanieren. Seine beiden Söhne sind im Kampf gegen Drus gefallen. Er lässt keine Gelegenheit aus, uns dafür büßen zu lassen. Ich werde mit ihm reden. Du hältst dich von ihm fern, Volodi. Er ist ein übler Geselle.«

Volodi dachte gar nicht daran. »Es gibt eine Menge Leute, die mir auch nachsagen, ein übler Geselle zu sein. Es wird interessant sein, Alba zu begegnen.«

»Ich rede!«, sagte Ilja entschieden. »Du stehst neben mir und hältst dein Maul. Versuch ein wenig zu sein wie dein Bruder Bozidar.«

Ich soll wie ein sabbernder, alter Greis sein, dachte Volodi und schämte sich augenblicklich. Bozidar war nicht schuld daran, dass ihr alter Vater in ihm immer noch seinen Liebling sah.

Ilja ging ihm voran zum Tor in der Palisade. Die Reiter drangen bereits ins Gehöft ein, bevor er sich ihnen in den Weg stellen konnte. Alba wurde von drei Kriegern begleitet, von denen jeder ein Packpferd am Zügel führte. Plünderer, war Volodis erster Gedanke. Solche Männer hatte er ausgeschickt, um seine Truppen auf dem Streifzug zu den geheimen Schmieden Luwiens mit Vorräten aus dem Land zu versorgen. In einem Schildwall würden sie nicht ihren Mann stehen. Sie waren verschlagen, kämpften nur, wenn sie sich stärker fühlten oder ihre Gegner überraschen konnten und waren sehr schnell wieder verschwunden, wenn sie auf ernsthaften Widerstand stießen. Die drei trugen Schuppenpanzer aus Bronze. Ihre Rüstungen waren schlecht gepflegt. Grünspan und Dreck hatten sich zwischen den einzelnen Bronzeplättchen abgelagert. Um Kinder und Greise zu erschrecken, waren sie die Richtigen. Ihn beeindruckten sie nicht.

»Ich grüße dich, Ilja, Fürst von diesem Misthaufen.« Alba hob flüchtig die Hand zum Gruß. Er war einmal ein Krieger gewesen, dessen war sich Volodi sicher. Der alte Mann, der die Steuereintreiber anführte, hielt sich gut im Sattel. An seiner Seite hing ein langes Schwert. Volodi schätzte, dass es eine Eisenklinge war.

»Auch ich grüße dich, Alba, Fürst von gar nichts«, entgegnete sein Vater, und in diesem Augenblick war Volodi zum ersten Mal, seit er heimgekehrt war, stolz auf den Alten.

Alba nahm die Beleidigung mit einem Lächeln. »Wenigstens habe ich genug Hirn, noch nie in meinem Leben den Mann herausgefordert zu haben, der festsetzen wird, wie viel Steuern ich dem Unsterblichen Iwar schulde. War der stolze Augenblick es wert, dass deine Leute im nächsten Frühling hungern werden?« Er machte eine Geste in Richtung der abgeernteten Felder. »Und das, obwohl ihr so fleißig die Ernte eingefahren habt?«

Iljas kleines Gefolge versammelte sich vor dem Tor der Festhalle. Misstrauisch und ängstlich verfolgten sie, was geschah. Auch Quetzalli hatte ihren Platz vor der Hütte verlassen. Sie stellte sich an Volodis Seite und griff nach seinem Arm. Es tat gut, ihre Berührung zu spüren.

Volodi versuchte, vom Äußeren des Mannes, der gekommen war, um sie auszuplündern, ein Bild seiner Seele zu gewinnen. Alba ritt einen Schimmel. Er trug sein weißes Haar schulterlang und bändigte es mit einem schmalen Silberreif. Er war glatt rasiert, sein schmales Gesicht wurde von hellgrünen Augen beherrscht. Eine leicht gebogene Nase wölbte sich über schmale Lippen, deren Mundwinkel nach unten wiesen, als habe er vor Langem das Lächeln aufgegeben, das im Herzen geboren wurde. Es war ein hartes Gesicht, und Volodi entschied für sich, dass es nicht klug war, diesen Mann zu reizen. Alba wartete nur darauf, einen Anlass zu finden, grausam zu sein.

Nun drehte er sich in seinem Sattel und sah sich um. »Du hast deine Kühe in den Wald schaffen lassen, Ilja. Glaubst du, ich kenne deine Betrügereien nicht? Es ist unendlich ermüdend, tagein, tagaus zu erleben, wie alle kleinen Fürsten dasselbe tun und sich dabei noch für klug halten. Glaubst du, ihr seid klug, Ilja?«

»Wäre es klug, darauf eine Antwort zu geben?«, entgegnete Ilja mit einer Glattzüngigkeit, die Volodi seinem Vater nicht zugetraut hätte.

Alba schmunzelte. »Du wirst mir zehn fette Kühe geben und hundert Scheffel Weizen. Und heb etwas von deinen Schätzen auf. Vor der Wintersonnenwende werde ich noch einmal wiederkommen.« Der Valesier wendete sein Pferd und blickte auf Quetzalli herab.

»Du bist ja reicher, als ich dachte, Ilja. So ein Weib hab ich noch nie gesehen. Ist das eine Konkubine vom Seidenfluss? Du solltest sie besser einkleiden, Ilja. So kommen ihre Reize gar nicht zur Geltung.«

Volodi griff sich über die Schulter, doch er trug kein Schwert.

»Ich werde doch noch ein wenig bleiben, Ilja. Wo hat der Fürst dieses Misthaufens denn sein bestes Bett stehen?«

»Ich kann sie dir nicht überlassen, Alba. Sie ist nicht mein. Sie ist die Gemahlin eines Reisenden.«

Volodi traute seinen Ohren nicht. Was sollte das werden? Ilja bat ihn mit einem flehenden Blick still zu bleiben.

»Eines Reisenden?«, wiederholte der Valesier spöttisch. »Und wo ist der gute Reisende, der sich so weit abseits aller bedeutenden Straßen bewegt, die durch diese verfluchten Wälder führen. Wieder verreist? Erzähl mir nichts, Ilja. Ich weiß um die Torheiten alter Männer, schließlich bin ich selbst einer. Sich ein junges Weib ins Bett zu holen ist nicht so außergewöhnlich. Nur die Wahl, die du getroffen hast, ist bemerkenswert. Was trägt sie denn da? Ist das Gold?« Der Valesier schwang sich aus dem Sattel.

»Bitte, ich beschwöre dich, Alba. Der Reisende ist zur Jagd ausgeritten. Er kann jeden Augenblick zurückkehren. Und er ist kein Mann, der duldet, dass jemand seine Frau behelligt.«

Alba schnippte mit den Fingern, und seine Eskorte saß ab. Einer der Krieger packte Ilja. »Nun hör mir mal gut zu, alter Knabe. Erstens befiehlt euch der Friedensvertrag, den der Unsterbliche Iwar unterschrieben hat, eure Schätze künftig mit uns zu teilen. Ich kann mir hier also nehmen, was ich will.« Er hob die Rechte, auf deren Mittelfinger ein großer Siegelring steckte. »Ich trage das Siegel des Iwar. Ich bin ermächtigt, in seinem Namen den Tribut einzufordern, der meinem Volke zusteht. Und dieses Weib soll Teil dieses Tributes sein. Und zweitens, werter Ilja, halt mich bitte nicht für dumm. Es gibt keinen Reisenden, denn die Frau eines Gastes hätte wohl kaum den Morgen damit verbracht, ein schwarzes Huhn zu rupfen. Glaubst du, ich hätte die Federn auf ihrem Kleid nicht gesehen?«

»Du solltest das nicht tun«, mischte sich nun Volodi ruhig ein. »Nimm unsere Kühe und unser Korn und geh oder …« Zwei Speerspitzen richteten sich auf Volodi. »Oder füttere das Gras für unsere Kühe und unser Korn mit deinem verfaulenden Leichnam unter ihren Wurzeln.«

»Stecht ihn ab und …«

Volodi schnellte vor. Mit der Linken versetzte er dem Valesier einen Haken und griff zugleich mit der Rechten nach dessen Schwertgriff. Als Alba zurücktaumelte, kam die Klinge frei. Volodi stach sie dem nächststehenden Speerträger durch die Innenseite des Oberschenkels, dorthin, wo die großen Adern lagen. Gleichzeitig packte er mit der freien Hand Alba und zog ihn zu sich heran.

Die beiden überlebenden Leibwachen wichen aus Angst, ihren Herrn zu verletzten, zurück. Volodi setzte ihnen nach, stieß Alba nach vorne und stach einem der Krieger das Eisenschwert durch den Hals. Der andere packte sein Pferd bei der Mähne und schwang sich in den Sattel.