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Sofort war Volodi über ihm, setzte einen Fuß auf die Hand, die die Axt hielt, und drückte sie in den weichen Waldboden. Entschlossen, dem Kerl die Kehle durchzuschneiden, beugte er sich vor und blickte in ein bartloses Gesicht. Er hatte einen Jungen niedergestreckt, der höchstens fünfzehn Jahre sein mochte. Aus großen, blauen Augen blickte er unter strähnigem, blondem Haar zu ihm auf.

»Du bist Volodi von Drei Eichen!«, rief der Junge begeistert, statt mit Todesangst, die jeder vernünftige Mensch hätte, wenn ein Krieger ein gezücktes Messer auf seine Kehle richtete.

»Nie von dem Kerl gehört«, murmelte Volodi.

Der Junge lachte. »Doch, du bist es. Der Krieger mit den Eisenwaffen. Der über den Adlern schreitet. Der, der nie eine Schlacht verloren und die Steuereintreiber der verfluchten Valesier niedergemetzelt hat. «

»Legt er auch noch goldene Eier, dieser Volodi?«

Jetzt wirkte der Junge doch ein wenig verunsichert. »Wer bist du?«

»Nur ein Söldner, der genug davon hat, für fremde Herren seine Haut zu riskieren.« Volodi schob das Messer zurück in die Scheide. »Und wer bist du?«

»Ich bin Fedor von Bärenfurt. Anführer des Rebellenheeres, das die verfluchten Valesier aus den Wäldern jagen wird. Ich suche schon viele Tage nach dir!«

Volodi stand auf, hielt dem Jungen die Hand entgegen und half ihm auf die Beine. Fedors Lippe war aufgeplatzt und blutete. »Ein Heerführer bist du also. Ziemlich jung …«

»Willst du damit sagen, ich sei ein Lügner?«

Volodi hob abwehrend die Hände. »Natürlich nicht, ich bin schließlich nicht auf ein Duell mit dir aus.«

Fedor runzelte die Stirn. »Nimmst du mich gerade auf den Arm?«

»Das würde wohl auch auf ein Duell hinauslaufen, nicht wahr?« Volodi schüttelte den Kopf. »Du bist zu hitzköpfig, Junge. Und nein, ich nehme dich nicht auf den Arm.« Er lächelte. »Ich bin ja schließlich nicht deine Amme.«

Fedor hob die Axt. »Du tust es schon wieder!«

»Ich bitte um Verzeihung.« Bei diesen Worten beugte Volodi demütig das Haupt. Als er aus den Augenwinkeln sah, wie der Junge sich entspannte, versetzte er ihm einen Fausthieb in die Magengrube, packte die Axt und drehte sie Fedor aus den kraftlosen Fingern. »Das war …«, japste der Junge, » … gemein.«

»Gemein wäre, dir die Kehle aufzuschlitzen und dich auszuplündern. Die meisten Söldner, die ich kenne, hätten das längst getan. Solche Männer sind nicht sehr duldsam, wenn man ihnen mit einer Axt in der Hand entgegentritt.« Volodi wog die Waffe in der Hand. Der Kopf war aus Bronze gefertigt. Eine Eisenaxt wäre eher geeignet, um Bäume zu fällen. Aber die hier war allemal besser als nichts. »Ich behalte die Axt. Sie ist mein Lohn dafür, dass ich heute ein netter und duldsamer Mann bin und dich am Leben lasse.«

»Das darfst du nicht«, entrüstete sich Fedor. »Das ist …«

»Willst du mich einen Dieb nennen?«, fragte Volodi kühl.

»Ich …« Der Junge rang mit sich. Schließlich schüttelte er den Kopf.

»Kluger Kopf.« Volodi schulterte die Axt und wollte sich auf den Weg machen, seinen Bogen wieder einzusammeln, als hinter ihm erneut die Stimme des Jungen erklang.

»Du bist doch Volodi von Drei Eichen.«

»Ich sagte …« In diesem Moment sah Volodi Quetzalli. Sie stand am anderen Ende der Lichtung, eine Decke über den Schultern, und hielt zwei Lachse hoch. Sie schien den Jungen, der noch halb im Schatten der Tannen stand, nicht bemerkt zu haben, hatte nur ihn gesehen, wie er mit der Axt über der Schulter aus dem Wald stolziert kam.

»Volodi hat eine Barbarenprinzessin aus dem Grasland geheiratet. Du bist es!«

Nun hatte Quetzalli den Fremden entdeckt, sie zögerte kurz, aber als ihr klar wurde, dass auch sie bemerkt worden war, ging sie ihm weiter entgegen. Volodi drehte sich nicht mehr nach Fedor um. Er nahm Quetzalli in den Arm. »Also wieder Fisch«, sagte er lächelnd.

»Wer Mann?«

Der Junge war ihm gefolgt, und als er die Frage hörte, verbeugte er sich. »Ich bin Fedor von Bärenfurt, Anführer der Rebellenarmee, die die Valesier vertreiben wird. Wir hoffen darauf, dass auch Volodi sich uns anschließen wird. Mit einem Helden wie ihm können wir nicht verlieren.«

Volodi sah Quetzalli an und rollte mit den Augen. Er hatte zu viele Helden sterben sehen, um auf solche Sprüche etwas zu geben. »Der Junge ist sehr anhänglich«, sagte er entnervt.

»Du essen Fisch?«

Fedor nickte heftig.

»Wir essen, dann reden.«

Volodi kannte Quetzalli gut genug, um nicht zu widersprechen. Fedor holte sein Pferd, und gemeinsam gingen sie zum Lager, wo Quetzalli die Fische vorbereitete, während Volodi sich an den seichten Fluss setzte. Auf dem träge fließenden Wasser trieben goldene Blätter. Er warf mit Kieseln danach, als sich Fedor neben ihm niederließ.

»Schöner Platz hier!«, fing der Junge an.

»Wir können hier nicht den Winter verbringen. Meine Frau kommt aus einem sehr warmen Land«, sagte Volodi und dachte mit Schrecken an die langen Wintermonde. Sie hatten auch nicht genug Vorräte, um diese Zeit zu überstehen. Irgendwo musste er Lebensmittel auftreiben, eine kleine Pfanne, Salz … Es fehlte ihnen an fast allem.

»Ich kenne da eine Jagdhütte. Liegt sehr einsam. Man müsste ein bisschen was am Dach tun, aber dann kann man den Winter dort ganz gut überstehen.«

»Du willst mir also ein Geschäft vorschlagen?« Volodi maß Fedor mit abfälligem Blick. »Wenn ich wirklich dein Held wäre, dann würdest du mir die Hütte einfach so zeigen.«

»Aber wir brauchen dich im Kampf! Ohne dich können wir es nicht schaffen! Ich hab keine Wahl.« Fedor wirkte wirklich bedrückt. »Sonst bin ich nicht so. Zu feilschen ist nicht meine Art.«

»An was für eine Schlacht hattest du denn gedacht?«

Die Augen des Jungen weiteten sich. »Du denkst also doch darüber nach!« Er schlug sich mit der flachen Hand auf den Schenkel. »Ich hab es doch gewusst. Du wirst keine Gelegenheit verstreichen lassen, die verdammten Valesier in den Arsch zu treten. Du kennst doch den Winterstein? Den großen Thingplatz.«

Volodi stöhnte. Natürlich kannte er den Platz, an dem sich die Fürsten der Region zweimal im Jahr versammelten, um Streitigkeiten zwischen den großen Sippen und einzelnen Fürstentümern beizulegen. Inmitten weiter Wiesen erhob sich ein einsamer Kreidefelsen. An seinem Fuß fanden die Versammlungen statt. Volodi hatte auch gehört, was sich jetzt am Fuß des Wintersteins befand.

»Du bist verrückt, Kleiner. Wenn du dich umbringen willst, dann nimm dir doch einfach einen Strick.«

»Essen!«, rief Quetzalli.

Volodi stand auf und ging mit Fedor zu der kleinen Laubhütte, vor der sich ihre Feuerstelle befand. Quezalli nahm einen Fisch vom Feuer und zerteilte ihn auf einem flachen Stein. Dann schlug sie den heißen Fisch in große Ahornblätter ein und reichte ihnen je eine Portion. Holzschalen oder gar Teller hatten sie nicht.

Fedor fing sofort an zu essen. »Köstlich!«, sagte er begeistert und spuckte ein paar Gräten aus. Dann begann er von der Hütte im Wald zu erzählen.

Quetzalli sah Volodi auf eine Art an, die er nur zu gut kannte. Sie hatte eine Entscheidung getroffen. »Du gehen. Zurück vor Schnee!«

»Ich kann doch nicht …«, begann Volodi.

»Ich nicht Mädchen!«, unterbrach sie ihn entschieden und blickte zu Fedor, der ausnahmsweise klug genug war, seinen Mund zu halten. »Volodi gut kämpfen. Du geben gut Haus.«

»Ein sehr gutes Haus! Es ist wirklich …«

»Eine Hütte mit einem undichten Dach«, grollte Volodi. »Dafür allein tu ich gar nichts. Ich bekomme noch so viel an Vorräten, dass sich ein Maultier einen Bruch daran hebt. Zwei Sack voll Korn, ein kleines Salzfass, einen Sack Äpfel, Speck und was mir sonst noch so einfällt.«

Fedor hob beschwichtigend die Hände. »Wir werden genug Beute machen. Das ist überhaupt kein Problem.«

»Ich weiß nicht …« Mit diesem Jungen in den Krieg zu ziehen war keine gute Idee.

»Du gehen!«, beharrte Quetzalli. »Zurück vor Schnee.«