Выбрать главу

Eleborn hatte daran nicht den geringsten Zweifel. Gemeinsam verließen sie den Markt der Silberspinner, stiegen durch schmale Gassen tiefer und tiefer, bis sie die ärmlichen Viertel nahe am Fluss erreichten. Hier waren die Häuser selten mehr als zwei Etagen hoch. Hühner liefen auf der Straße umher, und in Bretterverschlägen grunzten Tiere, die ganz sicher keine Schweine waren. Das Straßenpflaster war knöcheltiefem, gelbem Lehm gewichen, aus dem hier und da einige knochenbleiche Kiesel ragten. Die ganze Zeit über sprachen sie kein Wort. Hin und wieder wandte sich die Schöne im Federmantel zu ihm um und schenkte ihm einen Blick. Es war offensichtlich, dass sie dies nicht tat, um sich zu vergewissern, dass er ihr folgte. Es waren Blicke voller Verheißung. Sie begehrte ihn. Eleborn konnte sich nicht erinnern, jemals so angesehen worden zu sein.

Sie hielten vor einem Haus, das sich auf hölzernen Stelzen aus dem Schlamm erhob. Ein übler, modriger Geruch wehte vom Fluss heran. Die Sonne war hinter dem Horizont verschwunden, der in einem eigentümlichen, grünen Licht nachglühte, als versammelten sich dort alle Geister aus den Wäldern zu einem riesigen Heer. Erste, große Regentropfen klatschten in den Matsch der Straße.

Eleborn beeilte sich, dem Mädchen die kurze Leiter hinauf zur Veranda des Hauses zu folgen. An der Hauswand aufgereiht, standen schreiend bunte Töpfe und Schalen. Seine Gastgeberin zog den schweren Wollvorhang vor dem Eingang zur Seite und winkte ihn hinein. Das Haus bestand aus einem einzigen Zimmer. Ein Lager aus zerknüllten Decken beherrschte den Raum. Der Modergeruch des Flusses hatte sich auch innerhalb der vier Wände eingenistet. Das Haus war ärmlich. Eleborn hatte anderes erwartet.

Das Mädchen bedeutete ihm mit einer Geste, auf den zerwühlten Decken Platz zu nehmen. Als er saß, verneigte sie sich mit über der Brust gekreuzten Armen. »Izel«, sagte sie.

Der Elfe verneigte sich ebenfalls, was im Sitzen allerdings weniger würdevoll ausfiel. »Eleborn.«

Sie wiederholte seinen Namen mehrfach und machte dabei ein Gesicht wie jemand, der von einer fremden Speise kostete und sich nicht ganz sicher war, was von ihr zu halten war. Dann trat sie neben das Bett und schob den Docht der Öllampe dort, auf dem ein winziger, gelber Lichtpunkt glomm, höher. Die Flamme blühte auf, und Eleborn sah, wie Izel sich an verschiedenen Schalen zu schaffen machte. Sie entzündete Räucherwerk, und bald verbannte der blassblaue Rauch den Moderduft. Von draußen war nun das Rauschen von Regen zu hören. Kühle kroch durch die Ritzen des Hauses, und an zwei Stellen tröpfelte es von der Decke.

Izel legte ihren Federmantel ab und hängte ihn an einen Haken an der Wand. Mit Hingabe zog sie ihn zurecht, bis er wie ein großer, schillernder Vogelflügel wirkte. Dann kniete sie nieder und begann, sich in einer flachen Schale die Füße zu waschen.

Gebannt verfolgte Eleborn jede ihrer Bewegungen. Die Flamme der Öllampe übergoss Izels Haut mit goldenem Licht. Selbstbewusste Anmut lag in jeder ihrer Gesten. Sie legte das rotseidene Hüfttuch ab, das mehr wert sein musste als die Häuser eines ganzen Straßenzugs in dieser ärmlichen Gegend.

Das grelle, weiße Licht eines Blitzes stach durch die Ritzen der dünnen Bretterwände, als Izel vor das Deckenlager trat. Sie hielt die flache Wasserschale in ihren Händen, kniete vor ihm nieder und zog seine Sandalen aus. Schweigend wusch sie ihm die Füße. Als ihre kräftigen, kundigen Hände seine Schenkel hinaufwanderten, ließ Eleborn sich auf die rauen Decken zurücksinken und genoss, wie sie ihn säuberte und dabei langsam auszog. Kein Fleck seiner Haut blieb unberührt. Als sie ihn zu ihrer Zufriedenheit gewaschen hatte, sagte Izel etwas, das er nicht ganz verstand. Es schien um saubere Männer und Gerüche zu gehen. Sie endete mit den Worten: »Du bist besonders.«

Er hoffte, dass sie nicht erkannte, wie besonders er in Wirklichkeit war.

»Leg dich auf den Bauch«, bat sie ihn mit einem sinnlichen Lächeln.

Eleborn gehorchte. Izel träufelte ihm Öl auf die Schultern und begann, ihn mit ihren kräftigen Händen zu massieren. Er spürte, wie sich seine verspannten Muskeln lockerten. Das Öl verbreitete einen angenehmen Vanilleduft. Sie beugte sich tiefer. Ihre Brustwarzen berührten seinen Rücken. Nur kurz, dann glitten ihre Hände tiefer, und sie setzte sich auf seine Beine.

Wieder streiften ihn ihre Brüste. Dann legte sie sich auf ihn und bewegte ihren Oberkörper über seinen eingeölten Rücken. Dabei blies sie ihm sanft in die Ohren. Ein Donnerschlag ließ die kleine Hütte erzittern, und wieder war der Raum einen Augenblick in gleißendes Licht getaucht. Der Mantel aus Vogelfedern schien Augen zu haben, die auf Eleborn herabstarrten. Er schloss die Lider und gab sich ganz der sinnlichen Massage hin. Izels Körper war warm. Ihre Hände wanderten immer tiefer. Der Vanilleduft, vermischt mit dem Rauch aus den Räucherschalen, machte Eleborn benommen. Er genoss es, einfach nur still zu liegen, und ließ sich von Izels kundigen Händen zu nie gekannter Wollust führen.

Hunger

Als Eleborn erwachte, regnete es noch immer. Er lauschte dem Rauschen und dem Geräusch einzelner Tropfen, die in Schalen fielen, die Izel im Zimmer verteilt hatte. Das Zapotemädchen war in seinem Arm eingeschlafen. Er betrachtete ihr Gesicht, die harten Linien um ihren Mund und den Skorpion, den sie sich unterhalb ihrer Brüste mit weißer Farbe auf den Bauch gemalt hatte. Durch das Öl und ihr Liebesspiel waren einige der Linien verwischt. Der Skorpion hatte seinen Stachel verloren.

Wie klein der Unterschied zwischen Elfen und Menschenkindern doch war. Sie hatte ihn über Stunden zu ungeahnten Wonnen geführt. Immer wieder hatte sie das Liebesspiel unterbrochen, kurz bevor es einen Höhepunkt erreichte. Es war beinahe schon wie Folter gewesen. Zum Schluss hatte er sie nicht mehr weichen lassen und sie fast mit Gewalt genommen. Wie hatte sie ihn so gut kennen können? So genau zu wissen, was ihm Lust bereitete und wie dem Feuer ein wenig der Hitze zu nehmen war, ohne es je zum Verlöschen zu bringen? Sie sollte sich ihrer Sache nicht zu sicher sein, entschied er. Jetzt würde er sie hinhalten.

Als spürte sie seine Gedanken, schlug Izel plötzlich die Augen auf. Sie räkelte sich, bettete ihren Kopf auf seine Brust und griff ihm mit der Rechten zwischen die Schenkel, um ihn mit sanftem Druck zu massieren. Eleborn strich ihr durch das zerwühlte Haar, und sie belohnte ihn mit einem leisen, gurrenden Laut.

»Muss essen … Kraft Ende«, gestand er mit den wenigen Worten, die er von ihrer Sprache gelernt hatte.

Sie lachte leise und antwortete etwas in der Art, dass sie entscheiden würde, wann er am Ende sei, und dass er unübersehbar noch etwas Kraft habe. Eleborn war versucht, ihr nachzugeben, und ihm wurde bewusst, aus welcher Arroganz sein Plan, Volodi in der Tempelstadt der Zapote zu suchen, geboren war. Er hatte geglaubt, immer die Kontrolle zu behalten. Er war sich sicher gewesen, dass er es sein würde, der mit den Werberinnen der goldhaarigen Männer spielte. Dass er entscheiden würde, wann und wie er in die Tempelstadt treten würde. Und dass es ihm schon gelingen würde, es mit diesen Jaguarmännern aufzunehmen. Schließlich war er ein Drachenelf! Ein tödlicher Schwertmeister, dem kein Menschenkind gewachsen war.

Und nun lag er auf diesem Lager aus kratzigen Decken und war im Begriff, einem jungen Mädchen zu erliegen. Entschlossen schob er Izel zur Seite und richtete sich auf. »Hunger!«, sagte er mit einem Anflug von Panik in der Stimme.

Das Mädchen sah ihn verwundert an. Dann zuckte sie mit den Schultern und erklärte, sie könne ihm ein einfaches Mahl aus Reis und Bohnen bereiten.

Eleborn schüttelte entschieden den Kopf. Er griff nach seiner Hose und schlüpfte hinein. Izel fragte, ob er schon einmal gebratenen Hund gekostet habe.